Zulässiger Bericht über "Chinas Diasporapolitik" - Unterlassungsansprüche abgewiesen
OLG Frankfurt a.M. v. 18.11.2025 - 16 W 52/25
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller ist ein in Deutschland lebender gebürtiger Chinese. Er hatte Ende der 2010-er Jahre für ein hohes kommunales Amt kandidiert. Mit seinem Eilantrag wendet er sich gegen seine namentliche Erwähnung sowie gegen einzelne Äußerungen in einem Bericht der Antragsgegnerin, einer Stiftung mit wissenschaftlichem Auftrag, aus dem Jahr 2022 über Chinas Diasporapolitik unter Xi Jinping.
Das LG hatte den Eilantrag zurückgewiesen. Auch vor dem zuständigen 16. Zivilsenat des OLG hatte der Antragsteller keinen Erfolg.
Die Gründe:
Dem Antragsteller steht weder ein Anspruch auf Unterlassung der identifizierenden Berichterstattung über ihn noch auf Unterlassung der konkret angegriffenen Äußerungen zu.
Die vom Antragsteller aufgegriffenen Äußerungen stellen keine unwahren Tatsachenbehauptungen dar. Ohne Erfolg wendet er sich u.a. dagegen, als "Mitglied" der politischen Konsultationskonferenz des chinesischen Volkes dargestellt zu werden. Er ist zwar nicht ein auf fünf Jahre fest gewähltes Mitglied, hat aber an der Konferenz als besonders eingeladener Auslandsdelegierter teilgenommen. Auch offizielle chinesische Portale in deutscher Sprache verwenden für eingeladene Persönlichkeiten aus dem Ausland den Begriff "Mitglied". Mit der von der wörtlichen Bedeutung abweichenden Übersetzung ist damit keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Antragstellers verbunden.
Auf die Formulierung, er habe dort einen "Antrag" eingebracht, in dem er um Unterstützung bat, damit mehr chinastämmige Menschen im Ausland politisch aktiv werden könnten, ist nicht unwahr. Soweit er keinen "förmlichen Antrag" gestellt hat, findet sich in der Originalquelle wörtlich die Formulierung "Vorschlag" oder "Empfehlung". Die Bezeichnung als "Antrag" wird dem Kontext indes besser gerecht und ist auch nicht verzerrend.
Ohne Erfolg wendet er sich auch gegen die Wiedergabe seiner Äußerung, es sei die gemeinsame Verantwortung aller Landsleute im Ausland, Chinas Politik zu "propagieren". Dass die deutsche Übersetzung des chinesischen Verbes mit "propagieren" nicht möglich sei, behauptet auch der Antragsteller nicht. Er verweist nur darauf, dass das Verb hier eher mit "erzählen, darstellen, erklären, kommunizieren" zu übersetzen sei. Der Antragsgegner hat demgegenüber jedoch unbestritten ausgeführt, dass in der chinesischen Sprache kein eigenständiger Begriff für "Propaganda" existiert. Dieser Begriff ist aber zentraler Ausdruck des marxistisch-leninistischen politischen Lexikons. Es bedeutet einen staatlichen gesteuerten Kommunikationsprozess zur Vermittlung politischer Ideologie, Werte und Ziele. Ausgehend hiervon ist davon auszugehen, dass der Begriff vom Antragsteller in diesem Sinne gemeint gewesen und die hier angegriffene Formulierung damit jedenfalls nicht sinnentstellend ist.
Der Antragsteller kann sich schließlich auch nicht gegen seine namentliche Nennung wenden. Bei der Abwägung zwischen dem Anonymitätsinteresse als Privatperson einerseits und der von der Antragsgegnerin mit ihrer Publikation wahrgenommenen Wissenschaftsfreiheit erlangt Bedeutung, dass die hier angegriffenen Aussagen nicht unwahr sind. Es handelt sich auch nicht um eine Verdachtsberichterstattung.
Zutreffend ist allerdings, dass durch die Berichterstattung auf den Antragsteller ein negatives Bild geworfen wird. Es wird der Eindruck erweckt, er könne ein Werkzeug oder zumindest ein bewusst Geförderter der chinesischen Regierung sein. Dem steht jedoch ein überwiegendes öffentliches Berichterstattungsinteresse gegenüber. An einer möglichen Einflussnahme der chinesischen Regierung auf das Bild Chinas in Deutschland besteht ein hohes politisches Interesse der Öffentlichkeit. Dies schließt auch die Benennung des Antragstellers ein. Dabei ist auch zu würdigen, dass er eine durchaus bekannte und in der Öffentlichkeit stehende Person ist.
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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 67 vom 25.11.2025
Der Antragsteller ist ein in Deutschland lebender gebürtiger Chinese. Er hatte Ende der 2010-er Jahre für ein hohes kommunales Amt kandidiert. Mit seinem Eilantrag wendet er sich gegen seine namentliche Erwähnung sowie gegen einzelne Äußerungen in einem Bericht der Antragsgegnerin, einer Stiftung mit wissenschaftlichem Auftrag, aus dem Jahr 2022 über Chinas Diasporapolitik unter Xi Jinping.
Das LG hatte den Eilantrag zurückgewiesen. Auch vor dem zuständigen 16. Zivilsenat des OLG hatte der Antragsteller keinen Erfolg.
Die Gründe:
Dem Antragsteller steht weder ein Anspruch auf Unterlassung der identifizierenden Berichterstattung über ihn noch auf Unterlassung der konkret angegriffenen Äußerungen zu.
Die vom Antragsteller aufgegriffenen Äußerungen stellen keine unwahren Tatsachenbehauptungen dar. Ohne Erfolg wendet er sich u.a. dagegen, als "Mitglied" der politischen Konsultationskonferenz des chinesischen Volkes dargestellt zu werden. Er ist zwar nicht ein auf fünf Jahre fest gewähltes Mitglied, hat aber an der Konferenz als besonders eingeladener Auslandsdelegierter teilgenommen. Auch offizielle chinesische Portale in deutscher Sprache verwenden für eingeladene Persönlichkeiten aus dem Ausland den Begriff "Mitglied". Mit der von der wörtlichen Bedeutung abweichenden Übersetzung ist damit keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Antragstellers verbunden.
Auf die Formulierung, er habe dort einen "Antrag" eingebracht, in dem er um Unterstützung bat, damit mehr chinastämmige Menschen im Ausland politisch aktiv werden könnten, ist nicht unwahr. Soweit er keinen "förmlichen Antrag" gestellt hat, findet sich in der Originalquelle wörtlich die Formulierung "Vorschlag" oder "Empfehlung". Die Bezeichnung als "Antrag" wird dem Kontext indes besser gerecht und ist auch nicht verzerrend.
Ohne Erfolg wendet er sich auch gegen die Wiedergabe seiner Äußerung, es sei die gemeinsame Verantwortung aller Landsleute im Ausland, Chinas Politik zu "propagieren". Dass die deutsche Übersetzung des chinesischen Verbes mit "propagieren" nicht möglich sei, behauptet auch der Antragsteller nicht. Er verweist nur darauf, dass das Verb hier eher mit "erzählen, darstellen, erklären, kommunizieren" zu übersetzen sei. Der Antragsgegner hat demgegenüber jedoch unbestritten ausgeführt, dass in der chinesischen Sprache kein eigenständiger Begriff für "Propaganda" existiert. Dieser Begriff ist aber zentraler Ausdruck des marxistisch-leninistischen politischen Lexikons. Es bedeutet einen staatlichen gesteuerten Kommunikationsprozess zur Vermittlung politischer Ideologie, Werte und Ziele. Ausgehend hiervon ist davon auszugehen, dass der Begriff vom Antragsteller in diesem Sinne gemeint gewesen und die hier angegriffene Formulierung damit jedenfalls nicht sinnentstellend ist.
Der Antragsteller kann sich schließlich auch nicht gegen seine namentliche Nennung wenden. Bei der Abwägung zwischen dem Anonymitätsinteresse als Privatperson einerseits und der von der Antragsgegnerin mit ihrer Publikation wahrgenommenen Wissenschaftsfreiheit erlangt Bedeutung, dass die hier angegriffenen Aussagen nicht unwahr sind. Es handelt sich auch nicht um eine Verdachtsberichterstattung.
Zutreffend ist allerdings, dass durch die Berichterstattung auf den Antragsteller ein negatives Bild geworfen wird. Es wird der Eindruck erweckt, er könne ein Werkzeug oder zumindest ein bewusst Geförderter der chinesischen Regierung sein. Dem steht jedoch ein überwiegendes öffentliches Berichterstattungsinteresse gegenüber. An einer möglichen Einflussnahme der chinesischen Regierung auf das Bild Chinas in Deutschland besteht ein hohes politisches Interesse der Öffentlichkeit. Dies schließt auch die Benennung des Antragstellers ein. Dabei ist auch zu würdigen, dass er eine durchaus bekannte und in der Öffentlichkeit stehende Person ist.
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