26.08.2011

Zum Missbrauchsverfahren der Landeskartellbehörde gegenüber privaten Wasserversorgern

Die Rahmenbedingungen für eine kartellrechtliche Bewertung von Wasserversorgern stellen sich nach dem Willen des Gesetzgebers grundlegend anders dar als bei Elektrizität und Gas. Zwar ist eine Kosten- und Kalkulationskontrolle der Kartellbehörde nicht grundsätzlich verwehrt. Liegt allerdings eine ersichtlich vollständige Übersicht über die Tarife der privaten Wasserversorger vor, so ist jenem - wenngleich monopolistisch strukturierten - Vergleichsmarkt im Rahmen der Missbrauchsbewertung Geltung zu verschaffen.

OLG Stuttgart 25.8.2011, 201 Kart 2/11
Sachverhalt:
Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (ehemals Wirtschaftsministerium) Baden-Württemberg hatte im Februar 2011 als Landeskartellbehörde das Wasserversorgungsunternehmen Energie Calw GmbH in einem sog. Missbrauchsverfahren nach §§ 19, 32 ff GWB dazu verpflichtet, für die Zeit vom 1.1.2008 bis 31.12.2009 bei allen Tarif-Wasserkunden bei der Berechnung der Wasserentgelte einen Nettopreis von nicht mehr als 1,82 € je Kubikmeter anzulegen. Im Fall bereits erfolgter Endabrechnung sollte bis zum 31.5.2011 allen Wasserkunden die Differenz erstattet werden. Dabei hatte die Kartellbehörde nicht die von § 19 Abs. 4 Nr.2 GWB für eine Preismissbrauchskontrolle vorrangig gebotene Untersuchung und Darstellung nach dem sog. Vergleichsmarktkonzept ("Als-Ob-Wettbewerb") vorgenommen, sondern stattdessen eine Kosten- und Kalkulationskontrolle nach eigenen Kalkulationsmaßstäben angewandt.

Das OLG Stuttgart hob die Verfügung allerdings wieder auf. Allerdings wurde die Rechtsbeschwerde zum BGH zur Klärung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Kartellbehörde zugelassen.

Gründe:
Allein die Prüfmethodik der Landeskartellbehörde konnte schon im Ansatz nicht gebilligt werden.

Die Rahmenbedingungen für eine kartellrechtliche Bewertung stellen sich nach dem Willen des Gesetzgebers grundlegend anders dar als bei Elektrizität und Gas. Zwar ist eine Kosten- und Kalkulationskontrolle der Kartellbehörde nicht grundsätzlich verwehrt. Liegt allerdings - wie hier - eine ersichtlich vollständige Übersicht über die Tarife der privaten Wasserversorger vor, so ist jenem - wenngleich monopolistisch strukturierten - Vergleichsmarkt im Rahmen der Missbrauchsbewertung Geltung zu verschaffen.

Da die Verfügung schon wegen des von der Landeskartellbehörde gewählten Kontrollinstrumentariums aufzuheben war, musste nicht abschließend zur Missbräuchlichkeit der von der Energie Calw GmbH geforderten Wasserentgelte Stellung genommen werden. Allerdings lag es auf der Hand, dass die Landeskartellbehörde eine Missbrauchskontrolle üben durfte und diese insbesondere bei der Energie Calw GmbH angezeigt erschien, da diese im Feld der ausschließlich monopolisierten Wasserversorger zu den absolut teuersten gehörte. In einem späteren Erfassungszeitraum war sie sogar der teuerste Anbieter. Insofern ist es auch nicht fernliegend, dass eine Kontrolle mit einem billigenswerten Ansatz zu einem ähnlichen Ergebnis wie dem führen wird, das in der angegriffenen, aber aufzuhebenden Verfügung niedergelegt ist.

Jeder Verfahrensbeteiligte trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

OLG Stuttgart PM v. 26.8.2011
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