18.08.2014

Zum Ort der Übernahme bei Rückgriff auf einen Unterfrachtführer

Die Zuständigkeitsregelungen des Art. 31 Abs. 1 CMR kommen auch dann zur Anwendung, wenn ein (weiterer) Unterfrachtführer als bloße Hilfsperson des Hauptfrachtführers von dessen Auftraggeber oder vom Rechtsnachfolger des Auftraggebers wegen Verlusts oder Beschädigung des Transportgutes aus Delikt auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Als Ort der Übernahme i.S.d. Art. 31 Abs. 1 S. 1b CMR ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht der Ort der Übernahme des Gutes durch den Unterfrachtführer, sondern der Abgangsort der gesamten Beförderung anzusehen.

BGH 13.3.2014, I ZR 36/13
Der Sachverhalt:
Die M-AG aus Essen hatte das in Köln ansässige Speditionsunternehmen D. im April 2008 zu festen Kosten mit dem Transport von Notebooks von Ennigerloh/Deutschland nach Großbritannien beauftragt. D. gab den Auftrag an das niederländische Frachtunternehmen W. weiter. Dieses holte einen Teil des Gutes in Ennigerloh ab und brachte es zu ihrem in den Niederlanden gelegenen Lager. Mit der Weiterbeförderung nach Großbritannien beauftragte W. die Beklagte, ein in den Niederlanden ansässiges Transportunternehmen.

Bei der Entladung des Gutes in Großbritannien sollen nach der Darstellung der Klägerin 120 Notebooks gefehlt haben. W. war deshalb vor dem LG Münster im Wege eines Rückgriffs von dem Verkehrshaftungsversicherer D. erfolgreich auf Schadensersatz i.H.v. 66.415 € in Anspruch genommen worden. Der Beklagten wurde in diesem Rechtsstreit von W. der Streit verkündet.

Die Klägerin behauptete, als Verkehrshaftungsversicherer von W. zum Ausgleich der titulierten Forderung insgesamt 76.185 € gezahlt zu haben. Nach niederländischem Recht finde ein Übergang des Schadensersatzanspruchs auf den Haftpflichtversicherer statt. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich daraus, dass das abhanden gekommene Gut ursprünglich in Deutschland übernommen worden sei. Die Beklagte machte hingegen geltend, es sei systemfremd, für Streitigkeiten aus einem Transportvertrag zwischen zwei niederländischen Parteien mit einem Übernahmeort des Gutes in den Niederlanden und einem Ablieferungsort in Großbritannien die Zuständigkeit deutscher Gerichte anzunehmen.

Das LG hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte durch Zwischenurteil bejaht; das OLG hat sie verneint und die Klage als unzulässig abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Die internationale Zuständigkeit des von der Klägerin angerufenen LG Münster ergab sich nicht aus Art. 31 Abs. 1 S. 1b CMR.

Danach kann der Kläger wegen aller Streitigkeiten aus einer der CMR unterliegenden Beförderung die Gerichte eines Staates anrufen, auf dessen Gebiet der Ort der Übernahme des Gutes oder der für die Ablieferung vorgesehene Ort liegt. Die Zuständigkeitsregelung gem. Art. 31 Abs. 1 S. 1b CMR gilt sowohl für vertragliche als auch für außervertragliche Ansprüche, etwa aus Delikt, sofern sie mit der Güterbeförderung in einem sachlichen Zusammenhang stehen.

Nach BGH-Rechtsprechung kommen die Zuständigkeitsregelungen des Art. 31 Abs. 1 CMR grundsätzlich auch dann zur Anwendung, wenn ein (weiterer) Unterfrachtführer als bloße Hilfsperson (Art. 3 CMR) des Hauptfrachtführers von dessen Auftraggeber oder vom Rechtsnachfolger des Auftraggebers wegen Verlusts oder Beschädigung des Transportgutes aus Delikt auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Maßgeblich ist dann der Gesamtbeförderungsvertrag, da dieser die Grundlage für die vom Auftraggeber oder seinem Rechtsnachfolger geltend gemachten Ersatzansprüche bildet.

Als Ort der Übernahme i.S.d. Art. 31 Abs. 1 S. 1b CMR ist in einem solchen Fall in der Regel nicht der Ort der Übernahme des Gutes durch den Unterfrachtführer, sondern der Abgangsort der gesamten Beförderung anzusehen. Die im vorliegenden Fall gegebene Gestaltung war nicht mit derjenigen vergleichbar, über die der Senat in der Revisionssache I ZR 70/06 mit Urteil vom 20.11.2008 entschieden hatte. Der vorliegende Fall unterschied sich in einem maßgeblichen Punkt von der dort zugrundeliegenden Fallkonstellation.

In jenem Fall war der beklagte Unterfrachtführer als Hilfsperson (Art. 3 CMR) des Hauptfrachtführers von dem Rechtsnachfolger, einem Transportversicherer, des Ursprungsversenders wegen Beschädigung von Transportgut aus Delikt auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden. Grundlage für die direkte Inanspruchnahme des Unterfrachtführers durch den Auftraggeber des Hauptfrachtführers oder dessen Rechtsnachfolger war der Gesamtbeförderungsvertrag, den der Ursprungsversender mit dem Hauptfrachtführer geschlossen hat, und nicht das Vertragsverhältnis zwischen dem Haupt/Unterfrachtführer und einem (weiteren) Unterfrachtführer.

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