08.07.2016

Zum Widerrufsrecht von Verbrauchern bei im Fernabsatz geschlossenen Immobilien-Maklerverträgen

Ein per E-Mail oder telefonisch geschlossener Grundstücksmaklervertrag ist ein Fernabsatzgeschäft i.S.v. § 312b BGB in der bis zum 12.6.2014 geltenden Fassung. Ein solcher Vertrag kann daher vom Maklerkunden innerhalb der gesetzlichen Fristen widerrufen werden.

BGH 7.7.2016, I ZR 30/15 u.a.
Der Sachverhalt:

+++ I ZR 30/15 +++
In diesem Verfahren wird der Beklagte auf Zahlung einer Maklerprovision in Anspruch genommen. Die Immobilienmaklerin bewarb im April 2013 in einem Internetportal ein Hausgrundstück. Der Beklagte bekundete per E-Mail sein Interesse an dem Objekt. Die Immobilienmaklerin übersandte ihm darauf ein Exposé als PDF-Datei, in dem eine vom Käufer zu zahlende Maklerprovision von 6,25 Prozent des Kaufpreises ausgewiesen war. Eine Widerrufsbelehrung enthielten weder die Internetanzeige noch das Exposé.

Der Beklagte bestätigte telefonisch den Eingang des Exposés und bat um einen Besichtigungstermin. Einige Wochen nach der Besichtigung erwarb er das Grundstück zu einem Kaufpreis von 240.000 €. Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zahlung einer Maklerprovision i.H.v. 15.000 €. Der Beklagte wiederrief den Maklervertrag im Laufe des Rechtsstreits.

LG und OLG gaben der Zahlungsklage statt. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Klage ab.

+++ I ZR 68/15 +++
Hier bewarb die Klägerin, eine Immobilienmaklerin, im Jahr 2013 im Internet ein Grundstück. Auf die Anfrage des Beklagten übersandte sie ihm per E-Mail ein Exposé, in dem eine vom Käufer zu zahlende Maklerprovision von 3,57 Prozent des Kaufpreises ausgewiesen war. Eine Widerrufsbelehrung fand sich in dem Exposé nicht. Der Beklagte bestätigte per E-Mail den Eingang des Exposés und vereinbarte mit der Klägerin einen Besichtigungstermin. In der Folgezeit erwarb er das Grundstück zu einem Kaufpreis von 650.000 €. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung einer Maklerprovision i.H.v. 23.205 €. Im Laufe des Rechtsstreits wiederrief der Beklagte den Maklervertrag.

Das LG gab der Klage antragsgemäß statt; das OLG wies sie ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Nach § 312d Abs. 1 S. 1 BGB a.F. steht einem Verbraucher bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB a.F. zu. Nach § 312b Abs. 1 S. 1 BGB a.F. sind Fernabsatzverträge Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Die Maklerverträge in den Streitfällen sind demzufolge Fernabsatzverträge über die Erbringung von Dienstleistungen i.S.v. § 312b Abs. 1 S. 1 BGB a.F., bei denen ein Widerrufsrecht besteht.

Die jeweiligen Beklagten konnten die Maklerverträge noch im Prozess widerrufen, weil sie nicht über ihr Widerrufsrecht belehrt worden waren. Nach der Übergangsregelung in Art. 229 § 32 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB erlischt das Widerrufsrecht bei vor dem 13.6.2014 im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Dienstleistungsverträgen bei fehlender Belehrung mit Ablauf des 27.6.2015. Der Widerruf ist in beiden Verfahren vor diesem Datum erklärt worden.

Das Widerrufsrecht der jeweiligen Beklagten war zum Zeitpunkt der Widerrufserklärungen auch noch nicht gem. § 312d Abs. 3 BGB a.F. erloschen. Das Erlöschen des Widerrufsrechts nach dieser Bestimmung setzt voraus, dass bei einer Dienstleistung der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt worden ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausgeübt hat. Diese Voraussetzungen lagen in beiden Fällen nicht vor, weil die jeweiligen Beklagten die Provision vor der Ausübung des Widerrufsrechts nicht bezahlt hatten.

Den Maklern steht in beiden Fällen wegen der erbachten Maklerleistungen kein Anspruch auf Wertersatz zu. Nach § 312e Abs. 2 BGB a.F. hat der Verbraucher bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten, wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und wenn er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt. In beiden Fällen hatte es an einer entsprechenden Belehrung der Maklerkunden gefehlt.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 114 vom 7.7.2016
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