28.05.2013

Zur Anpassung von Genussscheinbedingungen nach Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages

Enthalten Genussscheinbedingungen keine Regelung für den Fall, dass das emittierende Unternehmen als abhängige Gesellschaft einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abschließt, so sind sie entsprechend anzupassen. Die Vertragsanpassung hat u.a. so auszusehen, dass auf die Genussscheine - unabhängig von der künftigen Ertragslage der emittierenden Gesellschaft - die vollen ursprünglich vorgesehenen Ausschüttungen erbracht werden müssen.

BGH 28.5.2013, II ZR 2/12 u.a.
Der Sachverhalt:
In dem ersten Fall hatte die R. Hypothekenbank AG im Jahr 2000 Genussscheine zu einem Gesamtnennbetrag i.H.v. 200 Mio. € in einer Stückelung zu je 1.000 € begeben. Die Klägerin ist Eigentümerin von 22 dieser Genussscheine.

Die Genussscheine hatten eine Laufzeit bis Ende 2012. In den Genussscheinbedingungen heißt es u.a.:

  • Die Genussscheininhaber erhalten eine dem Gewinnanteil der Aktionäre der R. vorgehende jährliche Ausschüttung aus dem Bilanzgewinn.
  • Reicht der Bilanzgewinn zur Ausschüttung nicht aus, so vermindert sich diese.
  • Die Genussscheininhaber nehmen am laufenden Verlust (Jahresfehlbetrag) in voller Höhe teil.

Im Jahr 2002 verschmolz die R. Hypothekenbank AG mit einer anderen Gesellschaft zur Beklagten. Diese schloss mit der C. I. Holding GmbH einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der am 4.9.2007 im Handelsregister eingetragen wurde. In dem Beschluss ist ein Ausgleich zugunsten der außenstehenden Aktionäre der Beklagten von 1,01 € und eine Abfindung von 24,32 € je Aktie vorgesehen. Im Geschäftsjahr 2009 erzielte die Beklagte einen fiktiven, ohne Berücksichtigung des Verlustausgleichsanspruchs aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag errechneten Jahresfehlbetrag i.H.v. 169,7 Mio. €. Deshalb weigerte sie sich, auf die Genussscheine Zahlungen zu leisten. Außerdem kürzte sie die Rückzahlungsansprüche der Genussscheininhaber entsprechend.

In dem zweiten Fall ging es um Genussscheine, die von der Hypothekenbank in E. AG begeben worden waren. Die Bank verschmolz zum 1.8.2008 mit der Beklagten. Auch dort stellte sich die Frage, ob die Genussscheinbedingungen nach der Verschmelzung angesichts des von der Beklagten abgeschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages angepasst werden müssen.

Die Klägerinnen beantragten jeweils, die Beklagte für das Geschäftsjahr 2009 zur Zahlung eines nach der von ihnen vertretenen Berechnungsweise ermittelten Betrages zu verurteilen und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, künftig die Genussscheine unabhängig von der Ertragslage der Beklagten zu bedienen und sie bei Fälligkeit zum Nennwert zurückzuzahlen. Das LG wies die Klagen im Wesentlichen ab; das OLG gab ihnen statt. Die Revisionen der Beklagten blieben vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Enthalten die Genussscheinbedingungen keine Regelung für den Fall des Abschlusses eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages, so sind sie entsprechend anzupassen. Die Vertragsanpassung hat konkret so auszusehen, dass auf die Genussscheine - unabhängig von der künftigen Ertragslage der emittierenden Gesellschaft - die vollen ursprünglich vorgesehenen Ausschüttungen erbracht werden müssen. Die Rückzahlungsansprüche dürfen nicht herabgesetzt werden, sofern die Prognose hinsichtlich der Ertragsentwicklung der Gesellschaft bei Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages entsprechend positiv war. Davon war im vorliegenden Fall nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 92 vom 28.5.2013
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