15.12.2014

Zur arglistigen Täuschung einer Bank hinsichtlich der Möglichkeiten einer vorzeitigen Beendigung des Darlehensvertrags

Erweckt eine Bank bei einem Kunden den Irrtum, dass er sich nicht einseitig, sondern nur mit ihrer Zustimmung aus dem Darlehensvertrag lösen kann, so kann dies eine arglistige Täuschung darstellen. Eine so beim Kunden eingeholte Unterschrift unter der Vereinbarung einer überhöhten Vorfälligkeitsentschädigung kann angefochten werden.

AG München 10.9.2014, 262 C 15455/13
Der Sachverhalt:
Das klagende Ehepaar schloss bei der beklagten Bank 2008 einen Darlehensvertrag über 105.000 € zur Finanzierung einer Immobilie. Das Darlehen hatte eine Zinsbindung bis Anfang 2019. Die Kläger kündigten den Darlehensvertrag vorzeitig im Jahr 2010, da es die Immobilie wegen ihres Umzugs verkaufen wollte. Unter dem 18.10.2010 schrieb die Beklagte an die Kläger:
"Mit der von Ihnen gewünschten außerplanmäßigen Rückzahlung sind wir grundsätzlich einverstanden, soweit uns der dadurch entstehende Schaden ersetzt wird. Den Schaden haben wir entsprechend den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung ermittelt und in der beigefügten Rückzahlungsaufstellung ausgewiesen. Bitte senden Sie uns innerhalb von 10 Tagen ab Datum dieses Schreibens eine vollständig unterzeichnete Ausfertigung der ebenfalls beigefügten Vereinbarung zurück."

Diesem Schreiben war beigefügt die Vereinbarung über die Rückzahlung vom 18.10.2010, die die Kläger unterschrieben zurücksandten. Darin wird u.a. vereinbart, dass für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung die Wiederanlagerenditen vom 6.10.2010 maßgebend sein sollen, wenn der Rückzahlungsbetrag bis 29.12.2010 bei der Beklagten eingeht. Die Beklagte berechnete rd. 16.500 € Vorfälligkeitsgebühren und 200 € Bearbeitungsgebühren. Am 3.12.2010 zahlten die Kläger Darlehen samt Vorfälligkeitsentschädigung, weiterer Kosten und Zinsen i.H.v. rd. 120.000 € zurück. Die Beklagte berechnete vereinbarungsgemäß die Vorfälligkeitsentschädigung mit dem Zinsniveau am 6.10.2010 und nicht mit den Renditen am Tag der tatsächlichen Rückzahlung (3.12.2010), an dem das Zinsniveau höher war.

Aufgrund einer Information der Verbraucherzentrale Bremen sind die Kläger der Ansicht, dass sie rd. 4.700 € zu viel bezahlt hätten. Die Differenz errechne sich insbesondere daraus, dass üblicherweise für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung der Tag der tatsächlichen Rückzahlung maßgeblich sei. Die Vereinbarung vom 18.10.2010, die die Beklagte den Klägern zur Unterschrift vorgelegt habe, lege jedoch als Berechnungszeitpunkt für die Vorfälligkeitsentschädigung den 6.10.2010 fest. Die Kläger fochten daraufhin die Vereinbarung über die Rückzahlung vom 18.10.2010 an und verlangten die zu viel bezahlten 4.700 € von der Beklagten zurück. Diese weigerte sich, den Betrag zurückzuzahlen. Die Vereinbarung sei wirksam und es bestünden keine Anfechtungsgründe.

Das AG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung von 4.700 €. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Vereinbarung vom 18.10.2010 ist wirksam wegen arglistiger Täuschung der Kläger durch die Beklagte angefochten worden.

Die Beklagte hat die Kläger durch ihr Verhalten arglistig getäuscht. Denn in dem Schreiben vom 18.10.2010 hat die Beklagte den Klägern mitgeteilt, dass sie nur dann mit der vorzeitigen Vertragsauflösung einverstanden sei, wenn die Kläger die Vereinbarung mit der Vorfälligkeitsentschädigung unterschreiben. Dieses Schreiben hat dazu geführt, dass die Kläger irrtümlich davon ausgingen, dass sie sich nicht einseitig, sondern nur mit Zustimmung der Beklagten von dem Vertrag lösen konnten.

Nach der tatsächlichen Rechts- und Gesetzeslage hätten sich die Kläger jedoch auch einseitig vom Vertrag lösen können (§ 490 Abs. 2 BGB). Daher stellt dieses Verhalten der Beklagten eine Täuschung i.S.v. § 123 BGB dar. Die in der juristischen Fachliteratur kontrovers diskutierte Frage, ob die Beklagte aufgrund ihrer besonderen Sachkunde und des bestehenden Vertragsverhältnisses sogar gehalten gewesen wäre, das Ehepaar ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass im Fall des Verkaufs der Immobilie der Darlehensvertrag einseitig gekündigt werden kann, war für vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich.

AG München PM Nr. 55 vom 12.12.2014
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