28.06.2017

Zur Aufzeichnungspflicht für gewerblich in Verkehr gebrachtes Nachbausaatgut

Die in § 27 Abs. 1 Nr. 2 SaatG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 SaatAufzV geregelte Aufzeichnungspflicht für gewerblich in Verkehr gebrachtes, abgefülltes oder für andere bearbeitetes Saatgut stellt eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG a.F. und § 3a UWG dar. Der Aufzeichnungspflicht nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 SaatG i.V.m. § 1 Abs. 1 SaatAufzV unterliegt auch Nachbausaatgut i.S.d. § 10a Abs. 2 SortG.

BGH 27.4.2017, I ZR 215/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin nimmt nach ihrer Satzung die wirtschaftlichen Interessen ihrer Gesellschafter wahr, die Sortenschutzinhaber sind und bundesweit Saatgut u.a. von Weizen- und Gerstenarten vertreiben. Die Beklagte befasst sich mit der entgeltlichen Aufbereitung von Saatgut, das Landwirte erzeugt haben (sog. Lohnaufbereitung).

Die Beklagte nimmt für sich in Anspruch, für solches Nachbausaatgut nicht nach den Bestimmungen der SaatAufzV zu Aufzeichnungen über die Sortenbezeichnung verpflichtet zu sein. Ein sortenspezifisches Auskunftsverlangen der Klägerin beantwortete sie mit Schreiben von Juli 2013 dahin, zu den angefragten Fällen hätten Sortenbezeichnungen der Landwirte nicht vorgelegen.

Die Klägerin beanstandete dies als einen nach § 4 Nr. 11 UWG a.F. wettbewerbswidrigen Verstoß gegen § 1 SaatAufzV und mahnte die Beklagte vorgerichtlich ab. Mit ihrer Klage begehrt sie insbesondere Unterlassung.

Das LG gab der Klage statt; das OLG wies sie ab. Auf die der Klägerin hob der BGH Berufungsurteil auf und wies die Berufung gegen die landgerichtliche Entscheidung zurück.

Die Gründe:
Die Beurteilung des OLG, mangels Verstoßes gegen § 4 Nr. 11 UWG a.F. (§ 3a UWG n.F.) sei die Beklagte der Klägerin gegenüber nicht gem. § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 UWG zur Unterlassung verpflichtet, hält hingegen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Zu Recht hat das OLG angenommen, dass die Beklagte gegen § 1 Abs. 1 Nr. 6 SaatAufzV verstoßen hat, indem sie Saatgut für Landwirte gewerbsmäßig aufbereitet hat, ohne über alle Eingänge und Ausgänge von Saatgut systematische Aufzeichnungen vorzunehmen, denen die jeweilige Sortenbezeichnung zu entnehmen ist. Mit zutreffender Begründung hat das OLG insoweit angenommen, dass auch im Wege des Nachbaus gewonnenes Saatgut der Aufzeichnungspflicht gem. § 27 Abs. 1 Nr. 2 SaatG i.V.m. § 1 Abs. 1 SaatAufzV unterliegt. Dass § 2 Abs. 1 SaatG Nachbausaatgut nicht als eigene Kategorie definiert, entbindet mit Blick auf die Aufzeichnungspflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 SaatAufzV lediglich von der Angabe einer Saatgutkategorie, lässt die Aufzeichnungspflicht im Übrigen - etwa hinsichtlich der Sortenangabe - aber unberührt.

Weiterhin zu Recht hat das OLG angenommen, dass der Saatgutverarbeiter zumutbare Anstrengungen unternehmen muss, um vom einliefernden Landwirt die zur Erfüllung der Aufzeichnungspflicht nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 SaatG i.V.m. § 1 Abs. 1 SaatAufzV erforderlichen Informationen zu erhalten. Macht der Landwirt bei der Einlieferung des Saatguts keine Angaben, obliegt dem Saatgutbearbeiter danach eine Erkundigungspflicht. Könnte sich der Saatgutbearbeiter darauf berufen, der das Saatgut anliefernde Landwirt habe keine Angaben zur Sorte gemacht, ohne dass der Saatgutaufbereiter zumutbare Anstrengungen unternommen hätte, solche Angaben zu erlangen, liefe die Aufzeichnungspflicht leer. Vorliegend hat die Beklagte nicht geltend gemacht, ihrer Erkundigungspflicht genügt zu haben.

Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des OLG, § 27 Abs. 1 Nr. 2 SaatG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 SaatAufzV enthalte keine Marktverhaltensregel i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG a.F. und § 3a UWG. Das OLG hat angenommen, § 1 Abs. 1 Nr. 6 SaatAufzV besitze keine wettbewerbsbezogene Schutzfunktion zugunsten der Marktteilnehmer, sondern diene der Erleichterung der behördlichen Überwachung der Verwendung von Saatgut. Die Zielsetzung des SaatG bestehe allein darin, die Qualität des Saatguts von Nutzpflanzen der landeskulturell wichtigen Arten sicherzustellen und zu heben. Hingegen sei das Interesse des Sortenschutzinhabers, Kenntnis über Art und Umfang des Nachbaus zu erlangen, nicht geschützt. § 27 Abs. 1 Nr. 2 SaatG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 SaatAufzV beinhalteninsoweit eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG a.F. und § 3a UWG.

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