06.01.2014

Zur Bedeutung der beratenden Bank im Rahmen der Zweckmäßigkeitserwägung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO

In Fällen, in denen ein Rechtsstreit, bei dem Ansprüche im Zusammenhang mit unzureichenden öffentlichen Kapitalmarktinformationen geltend gemacht werden, nach § 696 Abs. 1 S. 4 ZPO durch Abgabe der Akten an das Prozessgericht nach dem 1.11.2012 anhängig wurde, ist hinsichtlich der Zuständigkeit § 32 b ZPO in der seit dem 1.11.2012 geltenden neuen Fassung anwendbar. Wird der Anbieter nicht mitverklagt, kommt grundsätzlich dem Sitz der beratenden Bank größeres Gewicht zu, als dem Sitz der allein aufgrund ihrer Verknüpfung zur Zielgesellschaft in Anspruch genommenen Bank.

OLG Frankfurt a.M. 13.11.2013, 11 SV 100/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte Ende 1994 eine Beteiligung an einem Fonds i.H.v. 300.000 DM zuzüglich 5 % Agio gezeichnet. Vorausgegangen war eine Beratung des Klägers durch einen Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) in deren Büroräumen. Die Beklagte zu 2) ist Rechtsnachfolgerin der A-Bank, die Initiatorin und Gründungskommanditisten des Fonds war und zudem als Treuhänderin des Fonds fungierte.

Der Kläger behauptete, durch den Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) unzureichend über die mit der Anlage verbundenen Risiken aufgeklärt worden zu sein und reichte beim LG Frankfurt a.M. gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Klage auf Schadensersatz ein. Nach Widerspruch wurden die Akten mit Verfügung vom 15.11.2012 an das LG Frankfurt a.M. abgegeben und gingen dort am 23.11.2012 ein.

Die Beklagte zu 1) regte an, das LG München II als gemeinsam zuständiges Gericht zu bestimmen. Dort befinde sich nicht nur ihr allgemeiner Gerichtsstand, sondern habe auch das hier maßgebliche Beratungsgespräch stattgefunden. Der Beklagte zu 2) regte demgegenüber an, das LG Frankfurt a.M. als gemeinsam zuständiges Gericht zu bestimmen. Vor diesem Gericht seien bereits zahlreiche Parallelverfahren im Zusammenhang mit geschlossenen Immobilienfonds der Bank anhängig, so dass Gründe der Zweckmäßigkeit dafür sprächen.

Das OLG Frankfurt a.M. bestimmte das LG München II als gemeinsam zuständiges Gericht.

Die Gründe:
Auf den nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zulässigen Antrag war von dem nach § 36 Abs. 2 ZPO dazu berufenen Senat das LG München II als das gemeinsam zuständige Gericht zu bestimmen.

Nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erfolgt auf Antrag eine Gerichtsstandsbestimmung, wenn - wie hier - mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist. Für die Prüfung der Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist vom Vortrag des Klägers auszugehen. Eine Prüfung der Zulässigkeit oder Schlüssigkeit der Klage findet im Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung nicht statt.

Unter den in Betracht kommenden Gerichten erfolgt die Auswahl nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Prozesswirtschaftlichkeit, wobei im Regelfall nur ein solches Gericht bestimmt werden kann, bei dem einer der in Anspruch genommenen Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Vorschläge oder Anträge auf Bestimmung eines konkret benannten Gerichts sind als Anregungen aufzufassen. Die Zweckmäßigkeit sprach im vorliegenden Fall für das LG München II, denn der Hauptschwerpunkt des Rechtsstreits liegt auf dem Vorwurf einer (vermeintlichen) Pflichtverletzung aus einem Anlagevermittlungs- bzw. Beratungsvertrag. Demgegenüber könnte sich eine Haftung der Beklagten zu 2) lediglich aus ihrer Stellung als Gründungs- und Treuhandkommanditistin der Anlagegesellschaft ergeben.

Im vorliegenden Fall war § 32 b ZPO in der seit dem 1.11.2012 geltenden neuen Fassung anwendbar. Das Gesetz selbst enthält zwar keine Übergangsvorschriften. Der Senat hielt es jedoch für sachgerecht, u.a. im Hinblick auf vergleichbare Gesetzesänderungen auf den Zeitpunkt der Anhängigkeit abzustellen. Diese trat mit Eingang der Akten beim LG Frankfurt a.M. am 23.11.2012 und damit nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 32 b ZPO ein.

Ausweislich der Gesetzesbegründung für die Neufassung des § 32 b ZPO ist das Gewicht des Sitzes der beratenden Bank nunmehr grundsätzlich höher zu bewerten als das Gewicht der allein aufgrund ihrer Verknüpfung mit der Zielgesellschaft in Anspruch genommenen Bank, sofern die Zielgesellschaft - wie hier - selbst nicht auch Partei des Rechtsstreits ist. Es erscheint nicht sinnvoll, auch in Fällen, in denen die Zielgesellschaft nicht mitverklagt wird, eine ausschließliche Zuständigkeit am Ort der Zielgesellschaft vorzusehen, sofern keiner der Beteiligten dort auch einen Gerichtsstand aufweist.

Linkhinweis:

Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank
Zurück