Zur Beseitigung von Mängeln am Speicher einer Photovoltaikanlage
OLG Stuttgart v. 28.10.2025 - 6 U 33/25
Der Sachverhalt:
Die Kläger erwarben im Frühjahr 2022 von der Beklagten zu 2) eine Photovoltaikanlage und einen Speicher S. mit NCA-Batteriezellen, der von der Beklagten zu 1) hergestellt wurde. Der Kaufpreis für den Speicher betrug rd. 10.000 € brutto. Die Anlage wurde von der Beklagten zu 2) montiert und am 13.5.2022 in Betrieb genommen. Mit der Beklagten zu 1) als Herstellerin des Speichers kam nach Installation und Registrierung des Systems ein selbständiger Garantievertrag zustande.
In den Jahren 2022 und 2023 gerieten Speichersysteme der Beklagten zu 1) in Brand. Die Beklagte zu 1) reagierte auf die Brandfälle, indem sie die Ladekapazität und Ladegeschwindigkeit baugleicher Speicher im Wege der Fernwartung zunächst vorübergehend, später auf Dauer reduzierte. Auch der streitgegenständliche Speicher ist davon betroffen. Die Kläger behaupten, die Speichermodule seien bereits bei Übergabe defekt gewesen und deshalb mangelhaft.
Die Kläger verlangen von der Beklagten zu 2) Beseitigung der Mängel des Speichers. Die Beklagte zu 1) nehmen sie aufgrund des Garantievertrages und wegen Eingriffs in ihr Eigentum in Anspruch und verlangen von ihr, die garantievertraglich zugesicherte Nennspeicherkapazität wiederherzustellen, die Brandgefahr sowie die softwaregesteuerte Abschaltung zu beseitigen und den Speicher wieder in Betrieb zu nehmen. Zudem begehren die Kläger die Feststellung, dass die Beklagte zu 1) bis zum 14.5.2032 oder bis zum Erreichen von 12.000 Vollzyklen verpflichtet sei, auch in künftigen Fällen der ganzen oder teilweisen Einschränkung der vertraglich zugesicherten Nennspeicherkapazität des Akkumulators die zugesicherte Nennspeicherkapazität des Speichers durch erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen wiederherzustellen und in Betrieb zu nehmen. Schließlich verlangen sie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.
Das LG wies die Klage ab. Die nur gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Berufung der Kläger hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Das auf Instandsetzung des Speichers gerichtete Begehren der Kläger kann auch nicht unter Hinweis auf eine drohende Verletzung ihres übrigen Eigentums aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 BGB hergeleitet werden.
Aus der gesetzlichen Pflicht des Herstellers, von einem fehlerhaften Produkt ausgehende Gefahren für die in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter so effektiv wie möglich und zumutbar auszuschalten, kann nicht die Verpflichtung abgeleitet werden, dem Erwerber ein fehlerfreies, in jeder Hinsicht gebrauchstaugliches Produkt zur Verfügung zu stellen und dadurch dessen Äquivalenzinteresse zu befriedigen. Darauf ist der Berufungsantrag zu 1) der Kläger aber gerichtet.
Soweit die Kläger meinen, die Leistungsreduzierung des Speichers im Wege der Fernwartung stelle einen Eingriff in ihr Eigentum dar, der nach § 1004 BGB zu beseitigen sei, verlangen die Kläger die Wiederherstellung der ursprünglichen Kapazität und Ladegeschwindigkeit nicht isoliert, sondern nur nach Instandsetzung des Speichers. Eine Beendigung der Fernwartungsmaßnahmen ohne Beseitigung der Brandgefahr, die nach ihrer Behauptung von dem Speicher bei unbeschränktem Betrieb ausgehe, entspricht nicht dem Zustand, der nach der Klage hergestellt werden soll. Auf die Instandsetzung, durch die diese Gefahr erst beseitigt wäre, haben die Kläger aber nach § 1004 BGB keinen Anspruch. Zu den Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gem. § 826 BGB fehlt der erforderliche Sachvortrag, insbesondere zum subjektiven Tatbestand,.
Den Feststellungsantrag gem. dem Berufungsantrag zu 2) hat das LG zu Recht als unzulässig abgewiesen. Nach § 256 Abs. 1 ZPO feststellungsfähig sind grundsätzlich nur gegenwärtige Rechtsverhältnisse. Das setzt Beziehungen zwischen den Parteien voraus, die schon zur Zeit der Klageerhebung die Grundlage bestimmter Ansprüche bilden. Nicht ausreichend ist dagegen ein Rechtsverhältnis, das noch nicht besteht, sondern erst in Zukunft unter Voraussetzungen, deren Eintritt noch völlig offen ist, entstehen kann. Zwar stellt der Garantievertrag zwischen den Parteien zweifellos ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis dar. Dessen Bestand ist zwischen den Parteien aber nicht im Streit. Die Kläger wollen vielmehr die Feststellung erreichen, dass die Beklagte zu 1) auch in künftigen Fällen einer Einschränkung der vertraglich zugesicherten Kapazität des Speichers verpflichtet sei, die zugesicherte Nennspeicherkapazität durch erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen wiederherzustellen und in Betrieb zu nehmen. Damit machen sie künftige Ansprüche zum Gegenstand ihrer Klage, deren Entstehungsvoraussetzungen nach Grund und Inhalt noch völlig offen sind.
Ein Anspruch der Kläger auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten besteht ebenfalls nicht. Auch in diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob den Klägern ein Anspruch aus dem Garantievertrag mit der Beklagten zu 1) zusteht. Ein Garantiefall unterstellt, könnte sich ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gem. § 280 BGB nur unter den Voraussetzungen des Schuldnerverzugs nach § 286 BGB ergeben. Es ist aber nicht dargetan und unter Beweis gestellt, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Erfüllung des Garantievertrages in Verzug befand, als die Kläger ihre Prozessbevollmächtigten beauftragten.
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Landesrecht BW
Die Kläger erwarben im Frühjahr 2022 von der Beklagten zu 2) eine Photovoltaikanlage und einen Speicher S. mit NCA-Batteriezellen, der von der Beklagten zu 1) hergestellt wurde. Der Kaufpreis für den Speicher betrug rd. 10.000 € brutto. Die Anlage wurde von der Beklagten zu 2) montiert und am 13.5.2022 in Betrieb genommen. Mit der Beklagten zu 1) als Herstellerin des Speichers kam nach Installation und Registrierung des Systems ein selbständiger Garantievertrag zustande.
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