08.07.2014

Zur Darlegung von Mängeln eines Werks hinsichtlich der Lieferung und Installation von Software

Der Besteller eines Werks, das die Lieferung und Installation von Software zum Gegenstand hat, genügt seiner Darlegungslast, wenn er Mangelerscheinungen, die er der fehlerhaften Leistung des Unternehmers zuordnet, genau bezeichnet. Zu den Ursachen der Mangelerscheinung muss der Besteller nicht vortragen.

BGH 5.6.2014, VII ZR 276/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht ihrer Leasinggeberin die Rückabwicklung eines auf die Installation von Software und deren Integration in die Arbeitsabläufe der Klägerin gerichteten Vertrages mit der Beklagten. Die Klägerin handelt mit Möbeln und Möbelzubehör. Sie bietet ihre Waren auch über verschiedene Online-Shops an. Die Beklagte ist ein EDV-Handels- und Softwareentwicklungsunternehmen, welches sich auf den Einbau und die kundenspezifische Anpassung des Warenwirtschaftssystems "B." spezialisiert hat. Die Parteien einigten sich im Juni 2008 über das "Installation- & Einrichtungsvolumen 'First Step' ". Damit verpflichtete sich die Beklagte, gegen Zahlung von rd. 22.000 € ihre "B." zu installieren und einzurichten, insbes. eine Anbindung ihrer Software an von der Klägerin genutzte Online-Shops herbeizuführen.

Zur Finanzierung des Vertrages bediente sich die Klägerin eines Leasingunternehmens, das Vertragspartner der Beklagten wurde, die Leistungen der Beklagten der Klägerin zur Nutzung überließ und später - alle Rechte aus dem Vertrag auf die Klägerin übertrug. Die Beklagte lieferte ihre Software am 8.8.2008 an die Klägerin und erstellte am 11.8.2008 die an die Leasinggeberin adressierte Rechnung. Die Klägerin teilte der Leasinggeberin unter dem 8.8.2008 mit, sie habe die Leistungen der Beklagten "fabrikneu, vollständig, ordnungsgemäß, funktionsfähig und der Beschreibung im Vertrag gemäß, sowie allen getroffenen Vereinbarungen entsprechend übernommen". Zu diesem Zeitpunkt war die von der Beklagten gelieferte Software nicht bzw. nicht vollständig funktionstüchtig, was den Parteien bekannt war. Unter dem 14.8.2008 übersandte die Leasinggeberin der Beklagten einen Scheck über die Rechnungssumme, den die Beklagte einlöste.

In der Folgezeit stritten die Parteien darüber, ob die Beklagte ihren Pflichten vollständig nachgekommen war, insbes. die Schnittstellen zu den Online-Portalen funktionierten. Mit Schreiben vom 7.8.2009 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Vertrag. Mit ihrer Klage nahm die Klägerin die Beklagte auf Rückabwicklung des Vertrages, d.h. auf Zahlung von rd. 26.000 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe der implementierten Software in Anspruch genommen.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des OLG zurück.

Die Gründe:
Die Auffassung des OLG, die Klägerin habe einen Mangel nicht hinreichend vorgetragen, ist von Rechtsfehlern beeinflusst.

Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrages war die Anpassung der Software der Beklagten an die Bedürfnisse der Klägerin und die Schaffung von Schnittstellen zu den Online-Shops. Das OLG hat die Anforderungen an die schlüssige Darlegung eines Mangels nach Abnahme der Werkleistung überspannt. Der Besteller genügt seiner Darlegungslast, wenn er Mangelerscheinungen, die er der fehlerhaften Leistung des Unternehmers zuordnet, genau bezeichnet. Zu den Ursachen der Mangelerscheinung muss der Besteller nicht vortragen. Ob die Ursachen der Mangelerscheinung tatsächlich in einer vertragswidrigen Beschaffenheit der Leistung des Unternehmers zu suchen sind, ist Gegenstand des Beweises und nicht des Sachvortrags.

Diesen Anforderungen entspricht der Sachvortrag der Klägerin. Sie hat von Beginn an vorgetragen, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Schnittstellen zu den Online-Portalen herzustellen und diese Schnittstellen hätten nicht funktioniert, d.h. ein automatischer Datenaustausch habe nicht stattgefunden. Das von der Beklagten installierte System sei durchgehend nicht funktionsfähig gewesen. Wenn das OLG auf dieser Grundlage ausführt, die Klägerin habe bereits nicht dargelegt, was Inhalt des ursprünglichen Vertrages gewesen sei, ist das nicht nachvollziehbar. Soweit das OLG Vermutungen darüber anstellt, ob der Vortrag der Klägerin zu Eingriffen in das installierte System zutreffend ist, vermischt es in unzulässiger Weise die Darlegungs- und Beweisebene.

Für die neue Verhandlung und Entscheidung ist darauf hinzuweisen, dass die Auffassung des OLG, mit der vorbehaltlosen Zahlung der Rechnung i.V.m. der Übernahmeerklärung der Klägerin vom 8.8.2008 habe die Leasinggeberin das Werk der Beklagten abgenommen, von Rechtsfehlern beeinflusst ist. Nach den bisherigen Feststellungen kann weder von einer ausdrücklichen noch von einer konkludenten Abnahme des Werkes der Beklagten ausgegangen werden. Zum Zeitpunkt der Übernahmeerklärung war das Werk nicht bzw. nicht vollständig funktionstüchtig, weil insbes. Schnittstellen zu den Onlineportalen noch funktionsfähig hergestellt werden mussten. Die Übernahmeerklärung hatte allein den Zweck, die körperliche Übergabe der Software im einwandfreien Zustand zu dokumentieren.

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