Zur Kenntnis nahestehender Personen von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit
BGH v. 6.3.2025 - IX ZR 209/23
Der Sachverhalt:
Unter dem Gesichtspunkt der Gläubigeranfechtung begehren die Klägerinnen mit ihrer am 22.12.2021 anhängig gemachten Klage von den Beklagten die Duldung der Zwangsvollstreckung in deren jeweilige Miteigentumsanteile an zwei Hausgrundstücken in Baden-Baden. Hilfsweise verlangen sie Wertersatz.
Die Klägerinnen sind Inhaber fälliger Forderungen gegen die Schuldnerin, die Mutter der Beklagten zu 1) und Schwiegermutter des Beklagten zu 2) (Schuldnerin), die durch vollstreckbare Schuldtitel tituliert sind. Die Forderungen beruhen auf Bürgschaften, welche die Schuldnerin als Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH zweier Gesellschaften zur Sicherung von Forderungen aus Leasinggeschäften bis Anfang 2009 übernahm. Die Gesellschaften stellten zunächst die Begleichung der besicherten Forderungen und sodann ihre Geschäftstätigkeit ein. Die (Haupt-)Forderung der Klägerin zu 1) gegen die Schuldnerin beträgt rd. 1,76 Mio. €, die der Klägerin zu 2) beläuft sich auf rd. 670.000 €.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 31.10.2016 veräußerte die Schuldnerin ein in der R. straße in Baden-Baden belegenes und an Dritte vermietetes Hausgrundstück an die Beklagten zu jeweils hälftigem Miteigentum. Im Grundbuch eingetragen waren Grundschulden über insgesamt 700.000 DM und 120.000 € sowie eine Zwangssicherungshypothek i.H.v. 35.000 €, die nach dem Kaufvertrag auf Kosten der Schuldnerin zu löschen waren. Der Kaufpreis betrug 650.000 € bei lastenfreiem Erwerb. Die Beklagten wurden am 28.3.2017 als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 29.6.2017 veräußerte die Schuldnerin ein in der Re. straße in Baden-Baden belegenes, mit einem selbst genutzten Wohnhaus bebautes Grundstück an die Beklagte zu 1). Im Grundbuch eingetragen waren zwei Grundschulden über rd. 360.000 € und 250.000 €, die nach dem Kaufvertrag auf Kosten der Schuldnerin zu löschen waren. Der Kaufpreis betrug 600.000 € bei lastenfreiem Erwerb. Am 20.7.2017 wurde eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beklagten zu 1) eingetragen. Am 28.7.2017 übertrug die Beklagte zu 1) einen hälftigen Miteigentumsanteil an den Beklagten zu 2) gegen Übernahme der hälftigen (neuen) dinglichen Belastung und als ehebedingte Zuwendung. Der Eigentumsübergang auf die Beklagten (mit Zwischenerwerb der Beklagten zu 1) wurde am 9.3.2018 im Grundbuch eingetragen.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerinnen hob der BGH die Entscheidung des OLG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.
Die Gründe:
Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet zunächst die Begründung, mit der das OLG den Vermutungstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG als nicht erfüllt angesehen hat. Dieser setzt voraus, dass der Anfechtungsgegner um die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die benachteiligende Wirkung der Rechtshandlung wusste. Dem Anfechtungsgegner, der die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners nicht näher kennt, fehlt regelmäßig das Wissen für die zur Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderlichen Prognose. Ihm fehlen in der Regel auch die zur Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit anhand eines Liquiditätsstatus erforderlichen Kenntnisse. Auch wenn der Anfechtungsgegner - wie hier - eine nahestehende Person i.S.d. § 138 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist, obliegt es der nach § 286 ZPO freien Beweiswürdigung durch den Tatrichter, ob dieser Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit hat und welches Gewicht dabei der Stellung als nahestehender Person i.S.d. § 138 Abs. 1 Nr. 2 InsO zukommt.
Fehlt es an Kenntnissen im vorstehenden Sinne, vermag nur die vom Anfechtungsgegner erkannte Zahlungseinstellung des Schuldners (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) den Vermutungstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG auszufüllen. Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Entscheidend ist die am Beweismaß des § 286 ZPO zu messende, in umfassender und widerspruchsfreier Würdigung des Prozessstoffs zu gewinnende Überzeugung, der Schuldner könne aus Mangel an liquiden Zahlungsmitteln nicht zahlen. Diesen Grundsätzen genügt das angefochtene Urteil nicht.
Mit der vom OLG gegebenen Begründung kann auch der Vollbeweis einer Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht verneint werden. Das OLG hat wesentliche Indizien für eine Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes mit rechtsfehlerhafter Begründung als nicht gegeben angesehen. Die Beklagten waren hier dazu gehalten, näher zu der behaupteten Zahlung der Kaufpreise vorzutragen. Nicht gehalten waren sie dazu, die Zahlungen auch zu belegen. Die Klägerinnen haben - indem sie eine Bezahlung des Kaufpreises bestritten haben - behauptet, dass die Beklagten die in den Kaufverträgen vereinbarten Kaufpreise tatsächlich nicht gezahlt hätten. Sie haben damit der Sache nach eine unentgeltliche Leistung behauptet, die insbesondere unter dem Gesichtspunkt eines zum Schein vorgeschobenen Verkehrsgeschäfts für die subjektiven Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 3 Abs. 1 AnfG sprechen würde.
Für die (Insolvenz-)Anfechtung nach § 134 InsO wird eine sekundäre Darlegungslast des Anfechtungsgegners im Blick auf die Erbringung einer Gegenleistung für möglich gehalten. Die Informationsmöglichkeiten des Gläubigers, der nach dem Anfechtungsgesetz vorgeht, sind ungleich schlechter als die des Insolvenzverwalters. Der Verwalter verfügt regelmäßig über Geschäftsunterlagen des Schuldners und kann von diesem Auskunft und Mitwirkung verlangen (§ 97 InsO). Der anfechtende Gläubiger kann im Rahmen von Vollstreckungsversuchen gegen den Schuldner an Informationen gelangen. Andere Informationsmöglichkeiten hat er regelmäßig nicht. Unter Berücksichtigung dessen, kommt eine sekundäre Darlegungslast des Anfechtungsgegners im Blick auf die (Un-)Entgeltlichkeit des angefochtenen Erwerbsvorgangs auch im Rahmen der Gläubigeranfechtung in Betracht. Im Streitfall sind die Voraussetzungen für eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu der von ihnen behaupteten Bezahlung der Kaufpreise erfüllt.
Greifbare Anhaltspunkte für eine auch als Indiz für den Benachteiligungsvorsatz erhebliche verschleierte Schenkung liegen vor, wenn die äußeren Umstände eine (teilweise) Unentgeltlichkeit nach der Lebenserfahrung als möglich erscheinen lassen. Das kommt bei der Übertragung von Vermögensgegenständen an nahestehende Personen in der wirtschaftlichen Krise des (späteren) Schuldners in Betracht. Im Streitfall sind solche Anhaltspunkte gegeben. Die Schuldnerin befand sich im Vermögensverfall und veräußerte Grundeigentum nicht auf dem freien Markt, sondern an ihre Tochter und deren Ehemann. Das spricht dafür, dass nicht eine möglichst wirtschaftliche Verwertung des Grundeigentums das Handeln der Schuldnerin bestimmte, sondern der Verbleib der Hausgrundstücke in der Familie. Dieses Ziel ließ sich auch durch eine unentgeltliche Übertragung des Eigentums erreichen. Gleichzeitig war jegliches Vermögen in der Hand der Schuldnerin der Gefahr eines Gläubigerzugriffs ausgesetzt. In einer solchen Lage bestehen nach der Lebenserfahrung greifbare Anhaltspunkte für eine Unentgeltlichkeit.
Dem steht, wenn es sich wie hier um Geschäfte unter Verwandten handelt, nicht entgegen, dass nach der Urkundenlage ein Entgelt geschuldet ist. Gerade bei Verträgen zwischen nahestehenden Personen besteht die Gefahr, dass sie bloße Scheingeschäfte darstellen, um Gegenstände vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen. Vorliegend kommt hinzu, dass die Schuldnerin 2021 in einem anderen Rechtsstreit erklärt hat, über kein nennenswertes Vermögen mehr zu verfügen. Das zieht eine entgeltliche Veräußerung der Hausgrundstücke wenige Jahre zuvor zusätzlich in Zweifel.
Mehr zum Thema:
Kommentierung | AnfG
§ 3 Vorsätzliche Benachteiligung
Kayser/Thole in Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 11. Aufl. 2023
Kommentierung | InsO
§ 138 Nahestehende Personen
Thole in Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 11. Aufl. 2023
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Unter dem Gesichtspunkt der Gläubigeranfechtung begehren die Klägerinnen mit ihrer am 22.12.2021 anhängig gemachten Klage von den Beklagten die Duldung der Zwangsvollstreckung in deren jeweilige Miteigentumsanteile an zwei Hausgrundstücken in Baden-Baden. Hilfsweise verlangen sie Wertersatz.
Die Klägerinnen sind Inhaber fälliger Forderungen gegen die Schuldnerin, die Mutter der Beklagten zu 1) und Schwiegermutter des Beklagten zu 2) (Schuldnerin), die durch vollstreckbare Schuldtitel tituliert sind. Die Forderungen beruhen auf Bürgschaften, welche die Schuldnerin als Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH zweier Gesellschaften zur Sicherung von Forderungen aus Leasinggeschäften bis Anfang 2009 übernahm. Die Gesellschaften stellten zunächst die Begleichung der besicherten Forderungen und sodann ihre Geschäftstätigkeit ein. Die (Haupt-)Forderung der Klägerin zu 1) gegen die Schuldnerin beträgt rd. 1,76 Mio. €, die der Klägerin zu 2) beläuft sich auf rd. 670.000 €.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 31.10.2016 veräußerte die Schuldnerin ein in der R. straße in Baden-Baden belegenes und an Dritte vermietetes Hausgrundstück an die Beklagten zu jeweils hälftigem Miteigentum. Im Grundbuch eingetragen waren Grundschulden über insgesamt 700.000 DM und 120.000 € sowie eine Zwangssicherungshypothek i.H.v. 35.000 €, die nach dem Kaufvertrag auf Kosten der Schuldnerin zu löschen waren. Der Kaufpreis betrug 650.000 € bei lastenfreiem Erwerb. Die Beklagten wurden am 28.3.2017 als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 29.6.2017 veräußerte die Schuldnerin ein in der Re. straße in Baden-Baden belegenes, mit einem selbst genutzten Wohnhaus bebautes Grundstück an die Beklagte zu 1). Im Grundbuch eingetragen waren zwei Grundschulden über rd. 360.000 € und 250.000 €, die nach dem Kaufvertrag auf Kosten der Schuldnerin zu löschen waren. Der Kaufpreis betrug 600.000 € bei lastenfreiem Erwerb. Am 20.7.2017 wurde eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beklagten zu 1) eingetragen. Am 28.7.2017 übertrug die Beklagte zu 1) einen hälftigen Miteigentumsanteil an den Beklagten zu 2) gegen Übernahme der hälftigen (neuen) dinglichen Belastung und als ehebedingte Zuwendung. Der Eigentumsübergang auf die Beklagten (mit Zwischenerwerb der Beklagten zu 1) wurde am 9.3.2018 im Grundbuch eingetragen.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerinnen hob der BGH die Entscheidung des OLG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.
Die Gründe:
Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet zunächst die Begründung, mit der das OLG den Vermutungstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG als nicht erfüllt angesehen hat. Dieser setzt voraus, dass der Anfechtungsgegner um die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die benachteiligende Wirkung der Rechtshandlung wusste. Dem Anfechtungsgegner, der die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners nicht näher kennt, fehlt regelmäßig das Wissen für die zur Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderlichen Prognose. Ihm fehlen in der Regel auch die zur Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit anhand eines Liquiditätsstatus erforderlichen Kenntnisse. Auch wenn der Anfechtungsgegner - wie hier - eine nahestehende Person i.S.d. § 138 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist, obliegt es der nach § 286 ZPO freien Beweiswürdigung durch den Tatrichter, ob dieser Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit hat und welches Gewicht dabei der Stellung als nahestehender Person i.S.d. § 138 Abs. 1 Nr. 2 InsO zukommt.
Fehlt es an Kenntnissen im vorstehenden Sinne, vermag nur die vom Anfechtungsgegner erkannte Zahlungseinstellung des Schuldners (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) den Vermutungstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG auszufüllen. Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Entscheidend ist die am Beweismaß des § 286 ZPO zu messende, in umfassender und widerspruchsfreier Würdigung des Prozessstoffs zu gewinnende Überzeugung, der Schuldner könne aus Mangel an liquiden Zahlungsmitteln nicht zahlen. Diesen Grundsätzen genügt das angefochtene Urteil nicht.
Mit der vom OLG gegebenen Begründung kann auch der Vollbeweis einer Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht verneint werden. Das OLG hat wesentliche Indizien für eine Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes mit rechtsfehlerhafter Begründung als nicht gegeben angesehen. Die Beklagten waren hier dazu gehalten, näher zu der behaupteten Zahlung der Kaufpreise vorzutragen. Nicht gehalten waren sie dazu, die Zahlungen auch zu belegen. Die Klägerinnen haben - indem sie eine Bezahlung des Kaufpreises bestritten haben - behauptet, dass die Beklagten die in den Kaufverträgen vereinbarten Kaufpreise tatsächlich nicht gezahlt hätten. Sie haben damit der Sache nach eine unentgeltliche Leistung behauptet, die insbesondere unter dem Gesichtspunkt eines zum Schein vorgeschobenen Verkehrsgeschäfts für die subjektiven Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 3 Abs. 1 AnfG sprechen würde.
Für die (Insolvenz-)Anfechtung nach § 134 InsO wird eine sekundäre Darlegungslast des Anfechtungsgegners im Blick auf die Erbringung einer Gegenleistung für möglich gehalten. Die Informationsmöglichkeiten des Gläubigers, der nach dem Anfechtungsgesetz vorgeht, sind ungleich schlechter als die des Insolvenzverwalters. Der Verwalter verfügt regelmäßig über Geschäftsunterlagen des Schuldners und kann von diesem Auskunft und Mitwirkung verlangen (§ 97 InsO). Der anfechtende Gläubiger kann im Rahmen von Vollstreckungsversuchen gegen den Schuldner an Informationen gelangen. Andere Informationsmöglichkeiten hat er regelmäßig nicht. Unter Berücksichtigung dessen, kommt eine sekundäre Darlegungslast des Anfechtungsgegners im Blick auf die (Un-)Entgeltlichkeit des angefochtenen Erwerbsvorgangs auch im Rahmen der Gläubigeranfechtung in Betracht. Im Streitfall sind die Voraussetzungen für eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu der von ihnen behaupteten Bezahlung der Kaufpreise erfüllt.
Greifbare Anhaltspunkte für eine auch als Indiz für den Benachteiligungsvorsatz erhebliche verschleierte Schenkung liegen vor, wenn die äußeren Umstände eine (teilweise) Unentgeltlichkeit nach der Lebenserfahrung als möglich erscheinen lassen. Das kommt bei der Übertragung von Vermögensgegenständen an nahestehende Personen in der wirtschaftlichen Krise des (späteren) Schuldners in Betracht. Im Streitfall sind solche Anhaltspunkte gegeben. Die Schuldnerin befand sich im Vermögensverfall und veräußerte Grundeigentum nicht auf dem freien Markt, sondern an ihre Tochter und deren Ehemann. Das spricht dafür, dass nicht eine möglichst wirtschaftliche Verwertung des Grundeigentums das Handeln der Schuldnerin bestimmte, sondern der Verbleib der Hausgrundstücke in der Familie. Dieses Ziel ließ sich auch durch eine unentgeltliche Übertragung des Eigentums erreichen. Gleichzeitig war jegliches Vermögen in der Hand der Schuldnerin der Gefahr eines Gläubigerzugriffs ausgesetzt. In einer solchen Lage bestehen nach der Lebenserfahrung greifbare Anhaltspunkte für eine Unentgeltlichkeit.
Dem steht, wenn es sich wie hier um Geschäfte unter Verwandten handelt, nicht entgegen, dass nach der Urkundenlage ein Entgelt geschuldet ist. Gerade bei Verträgen zwischen nahestehenden Personen besteht die Gefahr, dass sie bloße Scheingeschäfte darstellen, um Gegenstände vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen. Vorliegend kommt hinzu, dass die Schuldnerin 2021 in einem anderen Rechtsstreit erklärt hat, über kein nennenswertes Vermögen mehr zu verfügen. Das zieht eine entgeltliche Veräußerung der Hausgrundstücke wenige Jahre zuvor zusätzlich in Zweifel.
Kommentierung | AnfG
§ 3 Vorsätzliche Benachteiligung
Kayser/Thole in Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 11. Aufl. 2023
Kommentierung | InsO
§ 138 Nahestehende Personen
Thole in Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 11. Aufl. 2023
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