14.06.2013

Zur Rechtswidrigkeit des Darlehens Italiens an Alitalia und über die Genehmigung des Verkaufs der Aktiva dieser Luftverkehrsgesellschaft

Der EuGH bestätigt die Entscheidungen der Kommission über die Rechtswidrigkeit des Darlehens des italienischen Staates an Alitalia und über die Genehmigung des Verkaufs der Aktiva dieser Luftverkehrsgesellschaft. Das gegen ein entsprechendes Urteil des EuG gerichtete Rechtsmittel blieb erfolglos.

EuGH 13.6.2013, C-287/12
Der Sachverhalt:
Im Jahr 2008 gewährte der italienische Staat der Luftverkehrsgesellschaft Alitalia ein Darlehen i.H.v. 300 Mio. € und räumte ihr die Möglichkeit ein, den Darlehensbetrag ihrem Eigenkapital zuzuführen. Nachdem Alitalia ihre Zahlungen eingestellt hatte, wurde sie dem Verfahren der außerordentlichen Insolvenzverwaltung unterstellt und eine Bank als unabhängiger Sachverständiger benannt, um zu überprüfen, ob die Preise für den Verkauf ihrer Aktiva mit den Marktpreisen in Einklang standen. Das von der Compagnia Aerea Italiana (CAI) auf den entsprechenden Aufruf zur Interessenbekundung hin abgegebene Angebot für den Aufkauf bestimmter Vermögensgegenstände von Alitalia wurde der EU-Kommission von den italienischen Behörden übermittelt.

Die Kommission leitete hinsichtlich der Maßnahmen über die Darlehensgewährung und die Möglichkeit, den Darlehensbetrag dem Eigenkapital zuzuführen, ein förmliches Prüfverfahren ein. Mit einer ersten Entscheidung stellte sie fest, dass das Darlehen eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare rechtswidrige Beihilfe darstelle, und ordnete die Rückforderung dieser Beihilfe von Alitalia an. In einer zweiten Entscheidung vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Maßnahme des Verkaufs der Aktiva von Alitalia nicht die Gewährung staatlicher Beihilfen an die Erwerber impliziere, sofern die von den italienischen Behörden eingegangenen Verpflichtungen, nach denen der Verkauf zu Marktpreisen erfolgen müsse, in vollem Umfang erfüllt würden.

Im Übrigen bestätigte die Kommission, dass auch das Verfahren der außerordentlichen Insolvenzverwaltung, dem Alitalia unterstellt worden war, nicht zur Gewährung einer Beihilfe zugunsten der Erwerber führe. Sie gelangte zu der Schlussfolgerung, dass das von Italien durchgeführte Verfahren keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen Alitalia und den Erwerbern von deren Aktiva impliziere und dass der Verkauf keine Umgehung der Verpflichtung zur Rückforderung der Beihilfe bewirke.

Das EuG wies die Klage von Ryanair ab und bestätigte damit die Entscheidungen der Kommission, mit denen das Darlehen Italiens an Alitalia für rechtswidrig erklärt und der Verkauf von deren Aktiva genehmigt wurde. Das hiergegen gerichtete Rechtsmittel von Ryanair hatte vor dem EuGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Hinsichtlich des Antrag auf Nichtigerklärung der zweiten Entscheidung, hat das EuG die Kommission zu Recht für befugt gehalten, eine Entscheidung zu erlassen, mit der sie feststellt, dass keine staatliche Beihilfe vorliegt, und zugleich die von Italien eingegangenen Verpflichtungen zur Kenntnis nimmt. Es handelt sich um eine "Entscheidung, die zur Klarstellung bestimmter Punkte die vom Mitgliedstaat im Stadium der Anmeldung der streitigen Maßnahme freiwillig eingegangenen Verhaltenspflichten berücksichtigt", so dass diese Verpflichtungen Bestandteil der angemeldeten Maßnahme sind.

Das EuG hat der Kommission zu Recht nicht vorgeworfen, eine unvollständige Prüfung hinsichtlich der Ermäßigung von Belastungen und hinsichtlich der anderen Vergünstigungen, die CAI nach den italienischen Rechtsvorschriften gewährt worden sein sollen, vorgenommen zu haben, da diese Maßnahmen für die Beantwortung der Frage, ob dem Erwerber der Aktiva der Alitalia-Gruppe möglicherweise ein Vorteil gewährt wurde, nicht relevant waren.

Ryanair hat sich nicht gegen die Feststellung des Gerichts gewandt, dass bei der Bewertung der Angebote durch den unabhängigen Sachverständigen das Preiskriterium der ausschlaggebende Maßstab gewesen sei (Kriterium der Fortführung des Dienstes zweitrangig). Ebenso wenig hat Ryanair die Feststellung beanstandet, dass die Verpflichtung der Fortführung des Dienstes nicht unbedingt bedeute, dass den Wirtschaftsteilnehmer, dessen Angebot berücksichtigt werde, eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung treffe. Jedenfalls hat Ryanair nicht bewiesen, dass die Notwendigkeit der Sicherstellung einer mittelfristigen Fortsetzung des Luftverkehrsdienstes zu einer Senkung des Preises der Aktiva der Alitalia-Gruppe unter den Marktpreis geführt hätte.

Zur Frage, welches Unternehmen zur Rückzahlung der Beihilfe verpflichtet ist, ist festzustellen, dass das EuG mit der Feststellung, dass CAI nicht der wirtschaftliche Nachfolger von Alitalia gewesen sei, die ihm vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht hat: Das Übernahmeangebot von CAI bezog sich nämlich nur auf bestimmte Vermögensgegenstände im Zusammenhang mit der Fluggastbeförderung und auf die entsprechenden Zeitnischen. Es betraf also nicht alle Zeitnischen, die von Alitalia für die Fluggastbeförderung verwendet wurden, und nur die Hälfte der 180 Flugzeuge dieser Luftverkehrsgesellschaft.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 66 vom 30.5.2013
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