28.06.2011

Zur Regulierung der Entgelte für die Durchleitung von Elektrizität durch fremde Stromnetze im Hinblick auf die Anreizregulierungsverordnung

Der BGH hat sich in zwei Beschlüssen mit der Regulierung der Entgelte für die Durchleitung von Elektrizität durch fremde Stromnetze auseinandergesetzt. Wesentliche Fragen der Anreizregulierungsverordnung vom 29.10.2007 (ARegV), die auch Gegenstand weiterer bereits anhängiger Gerichtsverfahren sind, wurden dabei geklärt.

BGH 28.6.2011, EnVR 34/10 u.a.
Der Sachverhalt:
Die vorliegend entschiedenen Verfahren betreffen Meinungsverschiedenheiten zwischen der Bundesnetzagentur und den Betreibern von Energieversorgungsnetzen darüber, wie einzelne Vorschriften der ARegV über die Bestimmung der Erlösobergrenzen auszulegen sind.

Den rechtlichen Hintergrund der Verfahren bilden die Regelungen der §§ 20 ff. EnWG. Danach müssen die Netzbetreiber grundsätzlich jedermann Netzzugang gewähren, können hierfür aber ein Entgelt verlangen, dessen Höhe der Regulierung durch die Bundesnetzagentur oder die nach Landesrecht zuständigen Behörden unterliegt. Ab dem 1.1.2009 werden diese Entgelte im Wege der Anreizregulierung bestimmt.

Dies bedeutet, dass die Regulierungsbehörden nicht mehr ein bestimmtes Entgelt genehmigen, sondern den Netzbetreibern nur noch eine Obergrenze für die Gesamterlöse vorgeben. Wenn es den Netzbetreibern gelingt, ihre Kosten über die behördlichen Vorgaben hinaus zu reduzieren, dürfen sie daraus resultierende Gewinne behalten. Für die Netzbetreiber ergeben sich daraus Anreize zur Senkung der Kosten.

Der BGH hat die Berechnungen der Bundesnetzagentur - entsprechend der Rechtsauffassung der Vorinstanz - nur teilweise gebilligt und ihr im Übrigen aufgegeben, über die Anträge der Netzbetreiber in einigen Punkten neu zu entscheiden.

Die Gründe:
Die Bundesnetzagentur hat den pauschalierten Investitionszuschlag nach § 25 ARegV zutreffend mit jährlich 1 Prozent berechnet; dem Begehren der Netzbetreiber, diesen Zuschlag von Jahr zu Jahr ansteigen zu lassen (1 Prozent für das erste Jahr, 2 Prozent für das zweite Jahr usw.), war nicht zu entsprechen. Zutreffend wurde auch die Höhe des Zinssatzes für Fremdkapital angesetzt.

In anderen Punkten konnten sich dagegen die Netzbetreiber durchsetzen. Insbes. ist bei der Bestimmung des Ausgangsniveaus, für das gem. § 6 Abs. 2 ARegV das Ergebnis der Kostenprüfung der letzten Entgeltgenehmigung heranzuziehen ist, die in der Zwischenzeit ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zu berücksichtigen, die einzelne Bestimmungen über die Kostenprüfung anders ausgelegt hat als die Regulierungsbehörden. Entsprechendes gilt bei der Berechnung des pauschalierten Investitionszuschlags nach § 25 ARegV.

Einer Neuberechnung bedarf auch die Anpassung an die allgemeine Geldentwertung (Inflation). Hierbei darf es zwar berücksichtigt werden, wenn die Einstandspreise für Netzbetreiber eine andere Entwicklung nehmen als die Verbraucherpreise. Die nach § 9 Abs. 1 ARegV zusätzlich vorgesehene Berücksichtigung eines netzwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritts findet hingegen in der Verordnungsermächtigung des § 21a EnWG keine gesetzliche Grundlage und ist daher unzulässig. Des Weiteren ist der Erweiterungsfaktor entsprechend § 10 ARegV bereits im ersten Jahr der Regulierungsperiode zu berücksichtigen.

Die Vorinstanz hat schließlich auch - entgegen der Ansicht der Bundesnetzagentur - zu Recht entschieden, dass die Netzbetreiber im Rahmen der Härtefallregelung des § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 ARegV einen Anspruch auf Anpassung der Erlösobergrenzen haben können, wenn ihre Kosten nach dem für die Kostenprüfung maßgeblichen Jahr 2006 in unerwartetem Ausmaß gestiegen sind.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 114 vom 28.6.2011
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