08.08.2011

Zur Teilnahme von Personen in Privatinsolvenz und von Empfängern von ALG II an Sportwetten

Aus den Marktverhaltensregeln des Glücksspielstaatsvertrags ergibt sich ein sofortiges Spielverbot ohne die im Ausführungsgesetz NRW zum Glücksspielstaatsvertrag vorgesehene Anhörung des Spielers und Überprüfung der bekannt gewordenen Umstände nicht. Es kann überdies nicht verlangt werden, die genannten Personen unmittelbar - ohne Einhaltung des vorgesehenen Prüfungsverfahrens - in die Sperrkartei aufzunehmen.

OLG Köln 5.8.2011, 6 U 80/11
Der Sachverhalt:
Antragstellerin in dem einstweiligen Verfügungsverfahren ist eine in Malta ansässige Gesellschaft, die in Deutschland Glücksspiele vor allem über das Internet anbietet. Antragsgegnerin ist die Lotteriegesellschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, die Westdeutsche Lotterie GmbH und Co. KG.

Die Antragstellerin stützt ihren Unterlassungsantrag auf den Erwerb von Wettscheinen der Sportwette Oddset durch mehrere Testpersonen in Annahmestellen der Antragsgegnerin in Köln, Hürth und Wesseling. Sie macht geltend, seitens der Antragsgegnerin sei gegen Marktverhaltensregeln des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) verstoßen worden, indem in verschiedenen Annahmestellen u.a. einer Person in Privatinsolvenz sowie einem Empfänger von Arbeitslosengeld II (auch Hartz IV genannt) mit einem Spieleinsatz vom 50,50 € die Teilnahme an Sportwetten ermöglicht worden sei.

Den Mitarbeitern in der Annahmestelle sei aufgrund eines Gesprächs in der Annahmestelle bekannt gewesen, dass der Erwerber der Wettscheine sich - in einem Fall - in Privatinsolvenz befunden habe und daher überschuldet sei und - in dem anderen Fall - Arbeitslosengeld II beziehe und über kein Vermögen verfüge.

Das LG gab dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung statt, und gab der Antragsgegnerin auf, es zu unterlassen, den Spielern in den genannten Konstellationen die Teilnahme an Sportwetten zu ermöglichen. Auf die Berufung der Antragsgegnerin änderte das OLG das Urteil des LG ab und wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Ein Rechtsmittel gegen das Urteil ist nicht gegeben. Die Antragstellerin kann die geltend gemachten Ansprüche in einem Hauptsacheverfahren weiter verfolgen.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nach § 4 Nr. 11 UWG, § 8 Abs. 2 GlüStV sind nicht glaubhaft gemacht.

Aus den Regelungen in §§ 8 Abs. 2, 21 Abs. 3 GlüStV ergibt sich ein sofortiges Spielverbot - wie von der Antragstellerin geltend gemacht - ohne die in § 12 Abs. 3 des Ausführungsgesetzes NRW zum Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV AG NRW) vorgesehene Anhörung des Spielers und Überprüfung der bekannt gewordenen Umstände nicht. Es kann überdies nicht verlangt werden, die genannten Personen unmittelbar - ohne Einhaltung des in § 12 Abs. 3 GlüStV AG NRW vorgesehenen Prüfungsverfahrens - in die Sperrkartei aufzunehmen.

Darüber hinaus bestehen Bedenken, ob die Antragstellerin die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, dass den Mitarbeitern der Annahmestellen aufgrund Wahrnehmung bekannt geworden ist, dass die (Test-)Personen überschuldet sind oder als Empfänger von Arbeitslosengeld II unverhältnismäßige Spieleinsätze riskieren, ausreichend glaubhaft gemacht hat.

OLG Köln PM vom 5.8.2011
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