03.01.2014

Zur Urheberrechtsverletzung bei Verlinkung fremder Inhalte und Bereithalten dieser Informationen in einem eigenen Download-Center

Es stellt eine eigene urheberrechtliche Nutzungshandlung dar, wenn der Betreiber einer Internetseite für deren Nutzer einen Terminkalender bereithält und ihnen über einen Link Einladungsschreiben Dritter zugänglich macht, die er in einem eigenen Download-Center abgelegt hat. Fremde Informationen i.S.v. § 10 TDG sind ausschließlich durch den Nutzer eines Teledienstes eingegebene Informationen, von denen der Anbieter des Dienstes keine Kenntnis hat und über die er auch keine Kontrolle besitzt.

BGH 4.7.2013, I ZR 39/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin beansprucht die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Kartenmaterial, das unter der Internetadresse "www.stadtplandienst.de" abrufbar ist. Sie begehrt vom Beklagten Schadensersatz und Kostenerstattung wegen der Veröffentlichung eines Kartenausschnitts. Dieser war in ein Einladungsschreiben zum Regionalforum "Gentechnikfreie Regionen in Ostdeutschland" eingefügt, das im März 2005 in Berlin stattfand. In der Kopfzeile des Einladungsschreibens waren die Logos des "Euro Parc Deutschland", des "iaw Institut Arbeit und Wirtschaft Universität Bremen", der "AbL Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft" und des "BUND Freunde der Erde" abgebildet. Unterzeichnet war das Schreiben von vier Vertretern dieser Organisationen. Das Einladungsschreiben einschließlich des Kartenausschnitts war ab Februar 2005 im PDF-Format unter der Internetadresse "www.saveourseeds.org" abrufbar.

Ausweislich des Impressums wird diese Seite von der "Z. stiftung L." koordiniert, die u.a. ein Büro in Berlin betreibt. Dessen Leiter ist der Beklagte. Als Inhaber des Domainnamens "www.saveourseeds.org" ist die "Z. stiftung H." registriert. Die Stiftung veröffentlichte das Einladungsschreiben auf Wunsch der Veranstalter, indem sie es unverändert in einem nicht öffentlichen Ordner ablegte. Außerdem nahm sie einen Terminhinweis in den auf der Website "www.saveourseeds.org" für deren Nutzer bereitgestellten Terminkalender auf. Der Terminhinweis enthielt einen Link, über den das Einladungsschreiben unter der URL "www.saveourseeds.org/download_center/regionalforum18_03_05.pdf" abgerufen werden konnte. Nach Abschluss der Veranstaltung konnte das Einladungsschreiben über den Link im Terminkalender nicht mehr aufgefunden werden. Die Datei mit der Einladung verblieb jedoch auf dem Server der Stiftung.

Nachdem ein im Auftrag der Klägerin tätiges Unternehmen den Kartenausschnitt im Internet ermittelt hatte, mahnte die Klägerin die "Z. stiftung L." mit Anwaltsschreiben im Dezember 2008 ab. Die Stiftung gab darauf eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, lehnte jedoch die Zahlung von Schadens- und Kostenersatz ab. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Form einer angemessenen Lizenzgebühr i.H.v. 300 € sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten und der Kosten für das mit der Dokumentation der Urheberrechtsverletzung beauftragte Unternehmen.

AG und LG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Die Annahme des LG, das Einladungsschreiben stelle einen fremden Inhalt dar, für den der Beklagte auch bei unterstellter Verantwortlichkeit für den Inhalt der Internetseite nicht hafte, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Unterstellt, dass der verfahrensgegenständliche Kartenausschnitt ein gem. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG geschütztes Werk ist, an dem der Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte zustehen, stellt die Veröffentlichung des Einladungsschreibens über die Internetseite "saveourseeds.org" eine Verletzung des ausschließlichen Rechts der Klägerin dar, das Werk öffentlich zugänglich zu machen (§ 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG).

Das Einladungsschreiben wurde von Mitarbeitern der Stiftung als PDF-Datei im Download-Center des unter der Adresse "saveourseeds.org" erreichbaren Internetauftritts abgelegt und über einen Link im Terminkalender für die Nutzer dieser Internetseite zum Abruf bereitgehalten. Der Link, der in dem unter "saveourseeds.org" geführten Terminkalender bei der Eintragung des Ereignisses angelegt war, führte also nicht zu einer fremden Website, sondern zu einem Speicherort auf dem Server der Stiftung. Anders als bei einem Hyperlink auf eine fremde Website, auf der ein Werk bereits veröffentlicht ist, handelt es sich im vorliegenden Fall um eine eigene urheberrechtliche Nutzungshandlung.

Der Beklagte kann sich auch nicht auf das Haftungsprivileg des § 10 Nr. 1 TMG berufen. Nach dieser Bestimmung sind Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, unter bestimmten Voraussetzungen nicht verantwortlich. Bei dem Einladungsschreiben nebst Kartenausschnitt handelt es sich jedoch nicht um fremde Informationen. Durch § 10 TMG und § 11 TDG sollte Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG umgesetzt werden, wonach die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass im Fall eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht, der Diensteanbieter nicht für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen verantwortlich ist, sofern näher bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Das Haftungsprivileg bezieht sich somit ausschließlich auf durch einen Nutzer eingegebene Informationen. In diesem Sinn ist auch der Begriff "fremde Informationen" in § 10 TDG zu verstehen.

Im Streitfall wurde das Einladungsschreiben mit dem Kartenausschnitt nicht durch den Nutzer eines Dienstes der Stiftung eingegeben. Die Stiftung bietet nicht die Speicherung von Informationen an, die Nutzer eingeben können; sie betreibt daher keinen Hosting-Dienst i.S.v. Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG und § 10 TMG. Vielmehr handelt es sich bei dem Einladungsschreiben um eine durch einen Nutzer bereitgestellte Information, die erst durch Mitarbeiter der Stiftung auf deren Website eingestellt worden ist. Eine erweiternde Auslegung des Begriffs "eingegebene Informationen" in dem Sinne, dass auch eine derartige Bereitstellung von Informationen erfasst wäre, ist ausgeschlossen.

Linkhinweis:

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