05.12.2025

Zur Vergütung des vorläufigen Sachwalters

Eine vom vorläufigen Sachwalter als gesondert beauftragter Sachverständiger vorgenommene rechtliche Bewertung in Bezug auf Vermögensgegenstände - hier: von bei Verfahrenseröffnung bestehenden Aus- oder Absonderungsrechten - führt nicht zur Hinzurechnung dieser Vermögensgegenstände in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung als vorläufiger Sachwalter. Eine Befassung in erheblichem Umfang mit Vermögensgegenständen, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Absonderungsrechte bestehen, liegt nicht vor, wenn der vorläufige Sachwalter im Wesentlichen die Einholung eines diesbezüglichen Rechtsgutachtens eines Dritten durch den Schuldner anregt und lediglich begleitet.

BGH v. 11.9.2025 - IX ZB 9/23
Der Sachverhalt:
Der weitere Beteiligte (Beteiligter) wurde am 11.10.2021 zum vorläufigen Sachwalter und am 1.1.2022 zum Sachwalter bestellt in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der m. GmbH (Schuldnerin). Das AG - Insolvenzgericht - beauftragte den Beteiligten als vorläufigen Sachwalter u.a. damit, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt, ob das Vermögen zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens ausreicht, welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens der Schuldnerin bestehen und ob die von der Schuldnerin angestrebte Sanierung Aussicht auf Erfolg hat. 

Dabei sollte er auch Angaben dazu machen, in welchem Zeitraum die materiell-rechtliche Insolvenzreife eingetreten ist, und es sollten insolvenzspezifische Ansprüche dargestellt werden. Das daraufhin am 27.12.2021 erstattete Gutachten des Beteiligten verhält sich auch zu einer Treuhandvereinbarung zwischen der Rechtsvorgängerin der Schuldnerin und der D. Stiftung als Treuhänderin sowie der T. Service GmbH als Administratorin der Arbeitnehmer zur Sicherung von Zusagen auf betriebliche Altersversorgung.

Mit Schriftsatz vom 11.5.2022 beantragte der Beteiligte die Festsetzung seiner Vergütung und Auslagen für die Tätigkeit als vorläufiger Sachwalter i.H.v. rd. 1 Mio. € brutto. Dabei ging er von einer Berechnungsgrundlage von rd. 22,1 Mio. € aus, von der rd. 10,7 Mio. € auf das Sondervermögen betriebliche Altersvorsorge entfielen, sowie einer Regelvergütung i.H.v. 15 % und Zuschlägen von insgesamt 150 %. 

Das AG setzte die Vergütung ausgehend von einer Berechnungsgrundlage von rd. 11,4 Mio. € auf rd. 570.000 € fest. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten hatte vor dem LG ebenso wenig Erfolg wie die vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.

Die Gründe:
Rechtsfehlerfrei hat das LG eine Hinzurechnung des mit Absonderungsrechten belasteten Vermögens abgelehnt. Die Voraussetzungen, unter denen Vermögensgegenstände, an denen Aus- oder Absonderungsrechte bestehen, gem. § 12a Abs. 1 Satz 4 InsVV dem Vermögen des Schuldners hinzuzurechnen sind, sind nicht dargetan. Die Ausführungen des Beteiligten in seinem Vergütungsantrag und in seinen Stellungnahmen rechtfertigen keine erhebliche Befassung im Rahmen seines Aufgabenkreises.

Auf den vorläufigen Sachwalter sind gem. § 270b Abs. 1 Satz 1 InsO die Vorschriften der §§ 274 f. InsO anzuwenden. Er hat demnach die Eigenverwaltung des Schuldners im Rahmen seiner Überwachungs- und Kontrolltätigkeit beratend zu begleiten. Danach sind die im Streitfall erfolgte Abstimmung und Vermittlung eines Gutachters, der Vortrag im Gläubigerausschuss und die Unterstützung des Schuldners bei der Entscheidung über Absonderungsrechte wie etwa das durch die Treuhandvereinbarung zur betrieblichen Altersvorsorge geschaffene Sondervermögen dem Aufgabenkreis des vorläufigen Sachwalters zuzurechnen. Die in diesem Aufgabenkreis entfalteten Tätigkeiten des Beteiligten haben aber keinen Umfang, der eine erhebliche Befassung i.S.v. § 12a Abs. 1 Satz 4 InsVV begründen würde. In dem Vergütungsantrag wird insoweit ohne nähere Darstellung des zeitlichen und sachlichen Maßes der Befassung und ohne Abgrenzung von der Tätigkeit als Sachverständiger lediglich ausgeführt, es sei (eine) erhebliche Tätigkeit entfaltet worden. Dies genügt nicht, um eine erhebliche Befassung des Beteiligten gerade in seinem Aufgabenkreis als vorläufiger Sachwalter feststellen zu können. Dem steht nicht zuletzt entgegen, dass sowohl eine Befassung im Rahmen der Beauftragung als Sachverständiger als auch eine Befassung außerhalb des Aufgabenkreises des vorläufigen Sachwalters nicht unter § 12 Abs. 1 Satz 4 InsVV fallen.

Soweit eine Befassung zur Feststellung der Aus- und Absonderungsrechte im Rahmen der Beauftragung als Sachverständiger erfolgt ist, fallen diese Tätigkeiten nicht unter die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 4 InsVV und sind gesondert zu vergüten. Der Beteiligte war vom AG ausdrücklich als Sachverständiger beauftragt worden zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt, ob das Vermögen zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens ausreicht, welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens der Schuldnerin bestehen und ob die von der Schuldnerin angestrebte Sanierung Aussicht auf Erfolg hat. In dieser Eigenschaft hat der Beteiligte nach sachverständigen Ermittlungen das Schlussgutachten erstattet, welches sich (wohl ohne abschließende Einschätzung zur Wirksamkeit) auch mit der Treuhandvereinbarung zur Sicherung von Zusagen auf betriebliche Altersversorgung befasst. Dass er mit dem Gutachten einen Bericht über seine Tätigkeit als vorläufiger Sachwalter verbunden hat, reicht nicht aus, um diese Beurteilung ihres ausschließlichen Charakters als gutachtliche Äußerung zu entkleiden. Für die vom Insolvenzgericht beauftragte Tätigkeit als Sachverständiger erhält der Beteiligte gem. § 12a Abs. 4 InsVV gesondert eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und  entschädigungsgesetz. Zur Vermeidung von gesetzlich nicht vorgesehenen Doppelvergütungen scheidet eine Hinzurechnung zur Berechnungsgrundlage der Vergütung als vorläufiger Sachwalter aus, soweit es sich bei der Prüfung - wie hier - um eine Aufgabe des Sachverständigen handelt.

Soweit eine selbständige Befassung zur Feststellung der Wirksamkeit und des Bestands der Absonderungsrechte außerhalb der Beauftragung als Sachverständiger im Rahmen der Tätigkeit als Sachwalter erfolgt sein sollte, ist diese nicht vergütungsfähig. Denn eine solche Tätigkeit gehört nicht zum oben dargestellten Aufgabenkreis des vorläufigen Sachwalters. Dem vorläufigen Sachwalter kommt nicht die Befugnis zu, die Masse selbst zu sichern, worunter auch die Prüfung etwaiger (künftiger) Absonderungsrechte fiele. Stellt er Umstände fest, die erwarten lassen, dass die Fortsetzung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen würde, so hat er dies nach § 274 Abs. 3 Satz 1 InsO lediglich unverzüglich dem (vorläufigen) Gläubigerausschuss und dem Insolvenzgericht anzuzeigen. In der vorläufigen Eigenverwaltung ist es grundsätzlich Aufgabe des Schuldners, die Wirksamkeit und den Bestand von Absonderungsrechten zu klären. Dem ist die Schuldnerin nachgekommen, indem sie ein Rechtsgutachten eines Dritten einholte. Dies fällt jedoch nicht in den Aufgabenkreis des vorläufigen Sachwalters. Es rechtfertigt daher nicht die Annahme einer erheblichen Befassung i.S.v. § 12a Abs. 1 Satz 4 InsVV.

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