09.08.2013

Zur Zulässigkeit des Zusatzes "zugelassen am OLG" im Briefkopf eines Anwalts

Solange der Umstand, dass es für die Postulationsfähigkeit vor den OLG's keiner gesonderten Zulassung bedarf, für die angesprochenen Verkehrskreise keine Selbstverständlichkeit darstellt, verstößt ein Rechtsanwalt, dem vor dem 1.6.2007 eine solche Zulassung erteilt wurde und der hierauf in einem Zusatz zur Namensleiste seines Briefkopfs hinweist, nicht gegen das Irreführungsverbot nach § 5 Abs. 1 UWG. Diesem Hinweis kommt vor dem Hintergrund der verschiedenen Regelungen, die in der Vergangenheit gegolten haben, ein Informationswert zu, an dem sowohl ein potenzieller Mandant als auch der Rechtsanwalt ein berechtigtes Interesse haben.

BGH 20.2.2013, I ZR 146/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine aus zwei Rechtsanwältinnen bestehende Partnerschaftsgesellschaft mit Kanzleisitz in Köln. Der Beklagte ist ebenfalls Rechtsanwalt und betreibt seine Kanzlei in Wettenberg im Landgerichtsbezirk Gießen. Er ist vor dem 1.6.2007 - zu einer Zeit, als nur Rechtsanwälte, die an einem OLG zugelassen waren, vor den OLG's auftreten durften - beim OLG Frankfurt a.M. zugelassen worden.

Der Briefkopf des Beklagten enthält oben rechts unterhalb des Namens des Beklagten den deutlich kleiner geschriebenen Zusatz "Rechtsanwalt auch zugelassen am OLG Frankfurt". Soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, beanstandete die Klägerin den Hinweis auf die "OLG-Zulassung im Briefkopf" als irreführend und nahm den Beklagten deshalb auf Unterlassung in Anspruch. Der Beklagte trat diesem Begehren entgegen.

Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG zurück.

Die Gründe:
Die Beurteilung des OLG, die Verwendung des in Rede stehenden Zusatzes im Briefkopf sei irreführend und daher gem. § 5 Abs. 1 UWG zu verbieten, hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Das OLG hat zu Unrecht angenommen, dass der Beklagte mit einer Selbstverständlichkeit wirbt und dadurch beim angesprochenen Verkehr den unzutreffenden Eindruck hervorruft, es sei etwas Besonderes, nicht nur bei anderen LG's und AG's, sondern auch beim OLG Frankfurt a.M. auftreten zu dürfen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es den potenziellen Mandanten, die der Beklagte mit den Angaben auf seinem Briefkopf anspricht, durchweg bekannt ist, dass heute jeder Rechtsanwalt an allen OLG, mithin auch am OLG Frankfurt a.M., "zugelassen" und damit postulationsfähig ist. Die Beschränkungen der Postulationsfähigkeit an den OLG's haben sich erst seit dem Jahre 2002 gelockert; erst im Jahre 2007 sind sie vollständig gefallen.

Bis 2002 galt in Hessen die Singularzulassung mit der Folge, dass ein am OLG Frankfurt zugelassener Rechtsanwalt an keinem anderen Gericht zugelassen sein konnte und auch ein etwa am LG Gießen zugelassener Rechtsanwalt nicht berechtigt war, vor dem OLG aufzutreten (§§ 25, 226 Abs. 2 BRAO aF). Nachdem das BVerfG die Bestimmung des § 25 BRAO aF, in der die Singularzulassung geregelt war, für verfassungswidrig erklärt hatte, galt in Hessen bis 2007 die Simultanzulassung; nunmehr konnten Rechtsanwälte, die seit mindestens fünf Jahren beim LG zugelassen waren, gleichzeitig beim OLG zugelassen werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 BRAO aF), wobei seit dem 1.8.2002 die Zulassung an einem OLG die Postulationsfähigkeit an allen anderen OLG's eröffnete. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft am 1.6.2007 ist auch die gesonderte Zulassung an einem OLG entfallen; seitdem kann jeder zugelassene Rechtsanwalt vor allen OLG's auftreten.

Dieser Hintergrund wird den wenigsten potenziellen Mandanten bekannt sein. Gerade für diejenigen, die nicht häufig Rechtsstreitigkeiten führen, ist es insoweit keineswegs selbstverständlich, dass ein mit der landgerichtlichen Vertretung betrauter Rechtsanwalt die Sache auch vor dem OLG vertreten kann. Dies gilt insbes. in den Ländern, in denen bis 2002 die Singularzulassung galt und in denen zwischen den Instanzen daher stets ein Anwaltswechsel erforderlich war. Der Beklagte hat sich mit dem Hinweis auf die Zulassung am OLG Frankfurt auch keine besondere Qualifikation angemaßt. Diesem Hinweis kommt vor dem Hintergrund der verschiedenen Regelungen, die in der Vergangenheit gegolten haben, ein Informationswert zu, an dem sowohl ein potenzieller Mandant als auch der Beklagte ein berechtigtes Interesse haben.

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