08.10.2013

Zur Zuständigkeit der nationalen Gerichte bei Urheberrechtsverletzungen durch das Angebot von CD-Inhalten im Internet

Ein Gericht, in dessen Bezirk das Angebot einer CD im Internet zugänglich ist, kann über die Verletzung von in seinem Mitgliedstaat geschützten Urhebervermögensrechten entscheiden. Seine Zuständigkeit ist jedoch auf den Schaden begrenzt, der im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats entstanden ist.

EuGH 3.10.2013, C-170/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger mit Wohnsitz in Toulouse (Frankreich) macht geltend, der Autor, Komponist und Interpret von zwölf Liedern zu sein, die von der Gruppe Aubrey Small auf einer Schallplatte aufgenommen wurden. Er entdeckte, dass diese Lieder ohne seine Erlaubnis auf einer in Österreich von der dort niedergelassenen beklagten Gesellschaft gepressten CD vervielfältigt und anschließend von britischen Gesellschaften auf verschiedenen von seinem Wohnsitz in Toulouse aus zugänglichen Websites vertrieben worden waren.

Der Kläger machte beim Tribunal de grande instance de Toulouse daher Schadensersatz wegen Verletzung seiner Urheberrechte gegenüber der Beklagten geltend. Die Beklagte bestreitet demgegenüber die Zuständigkeit der französischen Gerichte.

Mit dem Rechtsstreit wurde in letzter Instanz die Cour de cassation befasst. Diese ersucht den EuGH um Klärung, ob unter solchen Umständen davon auszugehen ist, dass sich der Schadenserfolg in dem Mitgliedstaat verwirklicht, in dem der Urheber seinen Wohnsitz hat, und dass somit die Gerichte dieses Staates zuständig sind.

Die Gründe:
Nach der Verordnung Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen ist grundsätzlich das Gericht des Beklagtenwohnsitzes für die Entscheidung über einen Rechtsstreit zuständig. In bestimmten Fällen kann der Beklagte jedoch ausnahmsweise in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden. So kann ein Rechtsstreit über eine unerlaubte Handlung u.a. vor das Gericht gebracht werden, in dessen Bezirk sich der Schadenserfolg verwirklicht hat.

In Fällen von Urheberrechtsverletzungen, die über das Internet begangen werden und die sich daher an verschiedenen Orten verwirklichen können, kann der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs in Abhängigkeit von der Natur des verletzten Rechts variieren. Auch wenn sich dieser Schadenserfolg nur unter der Voraussetzung in einem bestimmten Mitgliedstaat verwirklichen kann, dass das Recht, dessen Verletzung geltend gemacht wird, dort geschützt ist, hängt die Bestimmung des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolgs jedenfalls davon ab, welches Gericht am besten in der Lage ist, die Begründetheit der geltend gemachten Verletzung zu beurteilen. Nicht erforderlich ist hingegen, dass die zu einem Schaden führende Tätigkeit auf den Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts ausgerichtet war.

Für die Entscheidung über die Geltendmachung einer Verletzung von Urhebervermögensrechten ist das Gericht des Mitgliedstaats zuständig, der die Vermögensrechte schützt, auf die sich der Anspruchsteller beruft, und in dessen Bezirk sich der Schadenserfolg zu verwirklichen droht. Diese Gefahr kann sich insbes. aus der Möglichkeit ergeben, sich über eine im Bezirk des angerufenen Gerichts zugängliche Website eine Vervielfältigung des Werkes zu beschaffen, an das die Rechte geknüpft sind, auf die sich der Anspruchsteller beruft. Sofern hingegen der vom Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts gewährte Schutz nur für das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats gilt, ist das angerufene Gericht nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verursacht worden ist, zu dem es gehört.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 125 vom 3.10.2013
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