07.09.2022

Zusätzliches Entgelt für Flugbuchungen im Internet?

Ein Unternehmer, der Flugbuchungen im Internet anbietet, verlangt ein zusätzliches Entgelt für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels, wenn bei den von ihm vorgegebenen Einstellungen zunächst ein Preis angezeigt wird, der nur für den Fall der Zahlung mit bestimmten, nicht i.S.d. § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB gängigen Kreditkarten erhältlich ist, und bei Auswahl anderer Zahlungsmittel eine zusätzliche "Servicepauschale" anfällt.

BGH v. 28.7.2022 - I ZR 205/20
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Fluggesellschaft. Die Beklagte betreibt ein Internetportal, auf dem sie u.a. Buchungen für Flüge der Klägerin vermittelt. Suchte ein Interessent im November 2015 auf dem Internetportal der Beklagten nach einem zu seinen Vorgaben passenden Flug, wurde das Ergebnis der Suche zunächst mit dem bei Zahlung mit der Prepaid-Kreditkarte "Visa E. " geltenden Preis angezeigt. Der Interessent konnte auf dieser Ergebnisseite auch andere Zahlungsmittel wählen. Dies führte - außer bei Wahl des Zahlungsmittels "V. Prepaid MasterCard" - zu einer Erhöhung des Gesamtpreises. Bei einer von der Klägerin durchgeführten Testbuchung erhöhte sich der Gesamtpreis bei Auswahl des Zahlungsmittels "Visa Kreditkarte" von 41,49 € auf 59,81 €.

Die Beklagte war der Ansicht, es handele sich bei dem Aufschlag um eine Servicepauschale. Die Klägerin mahnte sie wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Angabe des zu zahlenden Endpreises nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft, gegen die Verpflichtung nach § 312 Abs. 4 Nr. 1 BGB zum Anbieten einer gängigen und zumutbaren unentgeltlichen Zahlungsmöglichkeit und gegen das Verbot nach § 312 Abs. 4 Nr. 2 BGB der Vereinbarung eines Zahlungsmittelentgelts, das über die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehenden Kosten hinausgeht, erfolglos ab.

Das LG hat die Beklagte zur Unterlassung in Bezug auf alle drei genannten Gegenstände und zudem zur Zahlung von 2.636,90 € nebst Rechtshängigkeitszinsen für die Abmahnkosten der Klägerin verurteilt. Das OLG hat die Entscheidung bestätigt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten war vor dem BGH erfolgreich. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen worden.

Gründe:
Der Unterlassungsantrag der Klägerin ist nicht hinreichend bestimmt. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist. Aus diesem Grund sind Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen.

Mit der Wendung "gängige und zumutbare Zahlungsmöglichkeit ..., für die er [der Kunde] kein Entgelt zahlen muss" greift der Unterlassungsantrag die wesentlichen Tatbestandsmerkmale des § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB nahezu wörtlich auf. Jedenfalls die Begriffe "gängig" und "zumutbar" sind auslegungsbedürftig, so dass die Wiedergabe des gesetzlichen Verbotstatbestands im Ausgangspunkt nicht den an einen Unterlassungsantrag anzulegenden Bestimmtheitsanforderungen genügt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts besteht für die Begriffe "gängig" und "zumutbar" auch keine gefestigte Auslegung, die geeignet wäre, ihre Unbestimmtheit zu überwinden. Es besteht keine gefestigte Auslegung zu der Frage, welchen Verbreitungsgrad ein Zahlungsmittel gefunden haben muss, um als gängig zu gelten. Nichts anderes gilt für den Begriff "zumutbar".

Eine unbestimmte Antragsfassung ist auch nicht deswegen hinzunehmen, weil dies zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes erforderlich wäre. Die Klägerin hätte ohne Weiteres einen auf die konkrete Verletzungsform bezogenen Antrag stellen können. Allerdings führt dieser Mangel im vorliegenden Fall nicht zur Abweisung der Klage als unzulässig, sondern zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Anspruch der Parteien auf ein faires Gerichtsverfahren gebieten es bei erstmals in der Revisionsinstanz festgestellten Mängeln des Klageantrags, von einer Abweisung der Klage als unzulässig abzusehen und dem Kläger durch die Wiedereröffnung der Berufungsinstanz Gelegenheit zu geben, den aufgetretenen Bedenken durch eine angepasste Antragsfassung Rechnung zu tragen.

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Aufsatz
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Verena Hoene, IPRB 2022, 123

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