25.04.2016

Zuständigkeitsstreitwert bei Unterlassungsklage gegen E-Mail-Werbung

Der Zuständigkeitsstreitwert für eine gegen die Zusendung unerwünschter E-Mail-Werbung gerichtete, auf §§ 823, 1004 BGB gestützte Unterlassungsklage liegt im Regelfall unter 3.000 €, weshalb das Amtsgericht zuständig ist. Die Streitwertfestsetzung orientiert sich nicht an einem etwaigen volkswirtschaftlichen Gesamtschaden unerlaubter E-Mail-Werbung oder an sonstigen generalpräventiven Erwägungen.

OLG Frankfurt a.M. 2.3.2016, 6 W 9/16
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller bietet gewerblich Beratungstätigkeiten und Dienstleistungen im Bereich Hausmeistertätigkeiten, Gartenbau, Bürotätigkeiten, Recherche, Software, Telefon, Computer, Technik, juristische Recherchen, Landschaftsbau, Räumungen, Internet und Ladetätigkeiten an. Er beabsichtigte, die Antragsgegnerin vor dem LG wegen angeblich unerwünschter Werbemails an seine Mailadresse auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen und begehrte dafür Prozesskostenhilfe.

Das LG wies den Antrag zurück, weil das beabsichtigte Eilverfahren als mutwillig erscheine. Schließlich habe der Antragsteller beim LG eine Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle anhängig gemacht, wobei er jeweils von dem auch hier tätigen Verfahrensbevollmächtigten vertreten werde. Das angestrengte Verfahren diene dem ersten Anschein nach dem Schaffen einer bequemen Einnahmequelle.

Das OLG wies die hiergegen gerichtete Beschwerde zurück.

Die Gründe:
Das LG war für das beabsichtigte Eilverfahren nicht zuständig. Wenn bei einem LG Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage beantragt wird, dann muss das Gericht die PKH verweigern, wenn es für den aussichtsreichen Teil der Klage nicht zuständig ist und wenn - wie hier - kein Verweisungsantrag an das örtlich zuständige Amtsgericht gestellt wurde. Der Antragsteller verfolgte einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch gem. §§ 823, 1004 BGB sowie ein Auskunftsverlangen, das er aus § 34 i.v.m. §§ 28, 6 BDSG abgeleitet hatte, so dass sich die sachliche Zuständigkeit nach den §§ 23, 71 GVG richtete. Die Zuständigkeitsgrenze des § 23 Nr. 1 GVG wurde hier aber nicht überschritten.

Der Unterlassungsantrag konnte nicht mit einem Streitwert von mehr als 3.000 € bewertet werden. Maßgeblich für die Streitwertfestsetzung ist das objektive Interesse, das der Kläger (Antragsteller) im Einzelfall daran hat, durch die entsprechende Werbung der Beklagten nicht belästigt zu werden. Dabei spielt eine Rolle, dass Spam-Mails ein nicht unerhebliches Ärgernis darstellen können, so dass sie nicht als Bagatelle behandelt werden dürfen. Andererseits ist der Aufwand zur Beseitigung der einzelnen E-Mails eher gering. Da sich der Unterlassungsantrag in die Zukunft richtet, kann sich der Streitwert nicht in erster Linie an der Anzahl der bereits empfangenen E-Mails orientieren. Maßgeblich ist vielmehr eine umfassende Betrachtung der Umstände des einzelnen Falls.

Der vorliegende Fall lieferte keine Anhaltspunkte, die eine Streitwertfestsetzung über den Betrag von 3.000 € hinaus rechtfertigen könnten. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Antragsteller mit einer gewissen "Hartnäckigkeit" der Antragsgegnerin rechnen muss, weil sie ihm in der Vergangenheit bereits zahlreiche Werbe E-Mails übersandt und trotz entsprechender Zusage diese Praxis nicht beendet hatte. Auch der Gesichtspunkt, dass der Antragsteller seine E-Mails über ein Smart-Phone abruft, das er auch privat nutzt, rechtfertigte es nicht, den Streitwert heraufzusetzen.

Die Streitwertfestsetzung orientiert sich nicht an einem etwaigen volkswirtschaftlichen Gesamtschaden unerlaubter E-Mail-Werbung oder an sonstigen generalpräventiven Erwägungen. Das hat sich auch nicht durch die Novellierung der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) geändert. Auch die Auskunftsbegehren des Antragstellers konnten nicht mit einem höheren Streitwert als 500 € angesetzt werden. Der Freistellungsanspruch wirkten nicht streitwerterhöhend.

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