27.09.2023

Anforderungen an die Kontrolle einer Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO

Es fällt deshalb in den Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts, das in seiner Kanzlei für die Versendung fristwahrender Schriftsätze über das beA zuständige Personal dahingehend anzuweisen, Erhalt und Inhalt der Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO nach Abschluss des Übermittlungsvorgangs stets zu kontrollieren.

BGH v. 6.9.2023 - IV ZB 4/23
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hat über ihren Anwalt gegen ein Urteil des LG, mit dem ihre Klage abgewiesen worden war, fristgerecht Berufung eingelegt. Nachdem die Berufung nicht innerhalb der Frist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO begründet worden war, hat das Berufungsgericht die Klägerin auf diesen Umstand sowie die beabsichtigte Verwerfung der Berufung als unzulässig hingewiesen. Die Klägerin hat daraufhin unter Beifügung einer Berufungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und ausgeführt, ihr Anwalt habe die Berufungsbegründung rechtzeitig gefertigt und über eine Schnittstelle der hauseigenen Kanzleisoftware in das beA versandt.

Eine gesondert geschulte Büromitarbeiterin des Anwaltes habe im konkreten Fall die Fehlermeldung wegen eines eigenen Versäumnisses nicht bemerkt, die Frist aber dennoch als erledigt eingetragen und den Prozessbevollmächtigten der Klägerin, der auf die Richtigkeit der "erledigten Fristenliste" habe vertrauen dürfen, nicht auf die fehlerhafte Schnittstellenübermittlung hingewiesen. Zuvor habe der Anwalt verfügt, dass die zuständige Büroangestellte kontrolliere, ob die Berufungsbegründung erfolgreich in das beA habe "geschoben" werden können.

Auf einen weiteren Hinweis des Gerichts hat die Klägerin ergänzend ausgeführt, in der Kanzlei bestehe im Zusammenhang mit der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze auch die Anweisung, am Ende eines jeden Arbeitstages die Fristenliste mit den erfolgreichen "beA-Versandprotokollen" abzugleichen und eine endgültige Erledigung nur zu notieren, wenn das "Versandprotokoll" auf Existenz und Inhalt geprüft worden sei. Tagesfristen dürften erst nach einem zweifachen "Erledigungsvermerk" endgültig auf "erledigt" gestellt werden. Nachdem der Anwalt im konkreten Fall die Mitarbeiterin angewiesen habe, die "Versandprotokolle" mit der Fristenliste abzugleichen, habe diese objektiv wahrheitswidrig mitgeteilt, dass alle Fristen erledigt seien.

Das KG hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Nach den zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags vorgetragenen Umständen war nicht ausgeschlossen, dass das Fristversäumnis auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin beruhte. Die Klägerin konnte nicht darlegen, dass ihr Prozessbevollmächtigter in seiner Kanzlei über eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle verfügte.

Die Überprüfung des Versandvorgangs erfordert die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt worden ist. Diese Eingangsbestätigung soll dem Absender unmittelbar und ohne weiteres Eingreifen eines Justizbediensteten Gewissheit darüber verschaffen, ob die Übermittlung an das Gericht erfolgreich war oder ob weitere Bemühungen zur erfolgreichen Übermittlung des elektronischen Dokuments erforderlich sind. Hat der Rechtsanwalt eine Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Bleibt sie dagegen aus, muss dies den Rechtsanwalt zur Überprüfung und gegebenenfalls erneuten Übermittlung veranlassen. Der Rechtsanwalt darf hierbei nicht von einer erfolgreichen Übermittlung eines Schriftsatzes per beA an das Gericht ausgehen, wenn in der Eingangsbestätigung im Abschnitt "Zusammenfassung Prüfprotokoll" nicht als Meldetext "request executed" und unter dem Unterpunkt "Übermittlungsstatus" nicht die Meldung "erfolgreich" angezeigt wird. Es fällt deshalb in den Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts, das in seiner Kanzlei für die Versendung fristwahrender Schriftsätze über das beA zuständige Personal dahingehend anzuweisen, Erhalt und Inhalt der Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO nach Abschluss des Übermittlungsvorgangs stets zu kontrollieren.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hatte die Klägerin bereits nicht schlüssig dargelegt, dass in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten durch organisatorische Maßnahmen eine nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze wirksame Ausgangskontrolle auch für den Fall sichergestellt war, dass ein Schriftsatz fristwahrend aus dem beA übersandt werden sollte.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA)
Hans Christian Schwenker, MDR 2022, 671

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