Anforderungen an Minderwertausgleich im Rahmen eines Kilometerleasingvertrags
OLG Stuttgart v. 28.10.2025 - 6 U 84/24
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist eine Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten. Sie hatte am 19.6.2019 bei der Klägerin einen PKW mit Kilometerleasingvertrag für 36 Monate bis zum 30.6.2022 geleast. Das Fahrzeug wurde am 31.8.2022 zurückgegeben. Die Parteien stritten daraufhin um die Frage, ob die Klägerin im Hinblick auf insgesamt 17 Positionen, die in einem von ihr eingeholten DAT-Gutachten vom 5.10.2022 dokumentiert und als überdurchschnittliche Reparaturkosten bezeichnet waren, überhaupt und ggf. in der geltend gemachten Höhe von insgesamt 9.445 € Minderwertausgleich verlangen kann. Daneben begehrte die Klägerin Zinsen sowie Mahnkosten.
Die Klägerin stützte ihren Anspruch auf ihre AGB, wonach das Fahrzeug bei Rückgabe in "einem dem Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand, sowie verkehr- und betriebssicher" sein muss und wonach außerdem gilt: "Weist das Fahrzeug auf Grund von Schäden oder übermäßiger Abnutzung einen Minderwert auf, so hat der Leasingnehmer dem Leasinggeber diesen Minderwert zu ersetzen. Eine übliche Abnutzung bleibt unberücksichtigt."
Die Beklagte stellte einen auszugleichenden Minderwert nicht in Frage. Sie wandte jedoch ein, dass die Klägerin schon gar nicht ausreichend substantiiert zu den Mängeln vorgetragen habe. Allein die Bezugnahme auf das Gutachten genüge nicht. Erforderlich sei vielmehr, dass die Klägerin jeden einzelnen Mangel schriftsätzlich präzise beschreibe. Außerdem addiere die Klägerin fehlerhaft die Beseitigungskosten einzelner Mängel auf, anstatt den absoluten Wert des Fahrzeugs im Ganzen zu ermitteln und vorzutragen.
Das LG hat der Klage weitgehend stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten vor dem OLG war teilweise erfolgreich.
Die Gründe:
Der Klägerin steht auf Grundlage ihrer AGB gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ausgleich von bei der Rückgabe am Fahrzeug bestehenden Minderwerten zu, jedoch nur i.H.v. 3.160 €.
Zunächst einmal genügte es den zu stellenden Anforderungen, dass die Klägerin die Mängel in der Anspruchsbegründung im Einzelnen benannt und zur näheren Beschreibung auf das in Anlage beigefügte Privatgutachten nebst den dort enthaltenen Lichtbildern verwiesen hatte. Eine zusätzliche textliche Beschreibung war daneben zur Substantiierung nicht erforderlich. Die Berufung hat jedoch insoweit Erfolg, als der Klägerin der nach allgemeiner Meinung von ihr als Leasinggeberin zu erbringende Beweis des von ihr behaupteten Minderwerts nicht gelungen war.
Hat der Leasinggeber auf Grundlage eines Kilometer-Leasingvertrags bei dessen regulärem Ende einen Anspruch auf Ausgleich desjenigen Minderwerts, der auf einer negativen Abweichung des Fahrzeugs von einem dem Alter und der vereinbarten Fahrleistung entsprechenden Zustand beruht, kommt es für den Minderwert regelmäßig auf die Differenz zwischen dem tatsächlichen Rückgabewert des Fahrzeugs und dem hypothetischen Wert eines Fahrzeugs des fraglichen Alters und der fraglichen Fahrleistung mit üblichen Gebrauchsspuren an. Dabei sind nur solche Mängel als negative Abweichung zu berücksichtigen, die über übliche Gebrauchsspuren i.d.S. hinausgehen, dass sie entweder bei vertragsgemäßem Gebrauch eines Fahrzeugs der fraglichen Art und Marke schon gar nicht entstehen können, oder dass sie zwar auch bei vertragsgemäßem Gebrauch entstehen können, jedoch von Eigentümern, die ihr Fahrzeug selbst nutzen, bei Fahrzeugen dieser Art und Marke und dieses Alters üblicherweise repariert und dadurch beseitigt werden. Dazu rechnen stets Mängel, die die Betriebs- oder Verkehrssicherheit beeinträchtigen.
Zwischen den Reparaturkosten und dem Verlust an Marktwert, den ein Fahrzeug durch die danach berücksichtigungsfähigen Mängel erleidet, besteht ein ausreichend zuverlässiger kausaler Zusammenhang, um aus den Reparaturkosten auf den Wertverlust schließen zu können. Der Leasinggeber kann seinen Anspruch auf Ausgleich des Minderwerts daher im Prozess statt auf die Behauptung absoluter Fahrzeugwerte auch auf Vortrag zu berücksichtigungsfähigen Mängeln nebst Reparaturkosten stützen. Der auszugleichende Minderwert kann jedoch in diesem Fall nicht durch die schlichte Aufsummierung der vollen Reparaturkosten der berücksichtigungsfähigen Mängel berechnet werden, da der am Fahrzeug durch die berücksichtigungsfähigen Mängel entstehende Minderwert nicht dieser Summe entspricht.
Vielmehr ist von den Reparaturkostenpositionen jeweils ein Abschlag zu machen. Dieser Abschlag kann sich grundsätzlich an einer standardisierten, Alter, Laufleistung und Fahrzeugtyp berücksichtigenden und den üblichen Wertverlust solcher Fahrzeuge spiegelnden Abwertungskurve orientieren. Jedoch ist regelmäßig das Wertminderungspotential jedes einzelnen Mangels zu berücksichtigen, das zu einer Abweichung von der aus der Abwertungskurve folgenden, pauschalen Betrachtung zwingen kann.
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Landesrechtsprechung Baden-Württemberg
Die Beklagte ist eine Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten. Sie hatte am 19.6.2019 bei der Klägerin einen PKW mit Kilometerleasingvertrag für 36 Monate bis zum 30.6.2022 geleast. Das Fahrzeug wurde am 31.8.2022 zurückgegeben. Die Parteien stritten daraufhin um die Frage, ob die Klägerin im Hinblick auf insgesamt 17 Positionen, die in einem von ihr eingeholten DAT-Gutachten vom 5.10.2022 dokumentiert und als überdurchschnittliche Reparaturkosten bezeichnet waren, überhaupt und ggf. in der geltend gemachten Höhe von insgesamt 9.445 € Minderwertausgleich verlangen kann. Daneben begehrte die Klägerin Zinsen sowie Mahnkosten.
Die Klägerin stützte ihren Anspruch auf ihre AGB, wonach das Fahrzeug bei Rückgabe in "einem dem Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand, sowie verkehr- und betriebssicher" sein muss und wonach außerdem gilt: "Weist das Fahrzeug auf Grund von Schäden oder übermäßiger Abnutzung einen Minderwert auf, so hat der Leasingnehmer dem Leasinggeber diesen Minderwert zu ersetzen. Eine übliche Abnutzung bleibt unberücksichtigt."
Die Beklagte stellte einen auszugleichenden Minderwert nicht in Frage. Sie wandte jedoch ein, dass die Klägerin schon gar nicht ausreichend substantiiert zu den Mängeln vorgetragen habe. Allein die Bezugnahme auf das Gutachten genüge nicht. Erforderlich sei vielmehr, dass die Klägerin jeden einzelnen Mangel schriftsätzlich präzise beschreibe. Außerdem addiere die Klägerin fehlerhaft die Beseitigungskosten einzelner Mängel auf, anstatt den absoluten Wert des Fahrzeugs im Ganzen zu ermitteln und vorzutragen.
Das LG hat der Klage weitgehend stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten vor dem OLG war teilweise erfolgreich.
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Zunächst einmal genügte es den zu stellenden Anforderungen, dass die Klägerin die Mängel in der Anspruchsbegründung im Einzelnen benannt und zur näheren Beschreibung auf das in Anlage beigefügte Privatgutachten nebst den dort enthaltenen Lichtbildern verwiesen hatte. Eine zusätzliche textliche Beschreibung war daneben zur Substantiierung nicht erforderlich. Die Berufung hat jedoch insoweit Erfolg, als der Klägerin der nach allgemeiner Meinung von ihr als Leasinggeberin zu erbringende Beweis des von ihr behaupteten Minderwerts nicht gelungen war.
Hat der Leasinggeber auf Grundlage eines Kilometer-Leasingvertrags bei dessen regulärem Ende einen Anspruch auf Ausgleich desjenigen Minderwerts, der auf einer negativen Abweichung des Fahrzeugs von einem dem Alter und der vereinbarten Fahrleistung entsprechenden Zustand beruht, kommt es für den Minderwert regelmäßig auf die Differenz zwischen dem tatsächlichen Rückgabewert des Fahrzeugs und dem hypothetischen Wert eines Fahrzeugs des fraglichen Alters und der fraglichen Fahrleistung mit üblichen Gebrauchsspuren an. Dabei sind nur solche Mängel als negative Abweichung zu berücksichtigen, die über übliche Gebrauchsspuren i.d.S. hinausgehen, dass sie entweder bei vertragsgemäßem Gebrauch eines Fahrzeugs der fraglichen Art und Marke schon gar nicht entstehen können, oder dass sie zwar auch bei vertragsgemäßem Gebrauch entstehen können, jedoch von Eigentümern, die ihr Fahrzeug selbst nutzen, bei Fahrzeugen dieser Art und Marke und dieses Alters üblicherweise repariert und dadurch beseitigt werden. Dazu rechnen stets Mängel, die die Betriebs- oder Verkehrssicherheit beeinträchtigen.
Zwischen den Reparaturkosten und dem Verlust an Marktwert, den ein Fahrzeug durch die danach berücksichtigungsfähigen Mängel erleidet, besteht ein ausreichend zuverlässiger kausaler Zusammenhang, um aus den Reparaturkosten auf den Wertverlust schließen zu können. Der Leasinggeber kann seinen Anspruch auf Ausgleich des Minderwerts daher im Prozess statt auf die Behauptung absoluter Fahrzeugwerte auch auf Vortrag zu berücksichtigungsfähigen Mängeln nebst Reparaturkosten stützen. Der auszugleichende Minderwert kann jedoch in diesem Fall nicht durch die schlichte Aufsummierung der vollen Reparaturkosten der berücksichtigungsfähigen Mängel berechnet werden, da der am Fahrzeug durch die berücksichtigungsfähigen Mängel entstehende Minderwert nicht dieser Summe entspricht.
Vielmehr ist von den Reparaturkostenpositionen jeweils ein Abschlag zu machen. Dieser Abschlag kann sich grundsätzlich an einer standardisierten, Alter, Laufleistung und Fahrzeugtyp berücksichtigenden und den üblichen Wertverlust solcher Fahrzeuge spiegelnden Abwertungskurve orientieren. Jedoch ist regelmäßig das Wertminderungspotential jedes einzelnen Mangels zu berücksichtigen, das zu einer Abweichung von der aus der Abwertungskurve folgenden, pauschalen Betrachtung zwingen kann.
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