29.04.2021

Auskunft über das Vermögen in Familienstreitsache: Berücksichtigung von Reisekosten bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands

Der BGH hat sich vorliegend mit der Berücksichtigung von Reisekosten bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands einer Verpflichtung zur Auskunft über das Vermögen in einer Familienstreitsache befasst.

BGH v. 10.2.2021 - XII ZB 516/20
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin, chinesische Staatsangehörige, und der Antragsgegner, deutscher Staatsangehöriger, nehmen sich wechselseitig mit Stufenanträgen auf Trennungsunterhalt in Anspruch. Das AG gab den Auskunftsanträgen beider Beteiligter statt. Auf den Widerantrag des Antragsgegners hat es die Antragstellerin u.a. verpflichtet, "Auskunft zu erteilen über ihre Einkünfte für die Zeit vom 1.4.2016 - 31.3.2019 sowie über ihr Vermögen durch ein Bestandsverzeichnis zum 26.3.2019" und Belege vorzulegen.

Gegen den Beschluss legte die Antragstellerin Beschwerde beim AG ein. Gemäß Beschwerdebegründung wandte sie sich u.a. gegen ihre Verpflichtung zur Auskunft auch über in China vorhandenes Vermögen. Das AG übersandte die Akten an das OLG. Das OLG verwarf nach vorherigem Hinweis die Beschwerde, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hob der BGH den Beschluss des OLG auf und verwies die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Zutreffend ist das OLG im Rahmen des als lex fori anzuwendenden deutschen Verfahrensrechts davon ausgegangen, dass sich die Beschwer i.S.d. § 61 Abs. 1 FamFG eines zur Auskunft verpflichteten Beteiligten grundsätzlich nach seinem Interesse richtet, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Der Wert der Beschwer ist gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die vom OLG vorgenommene Wertbemessung ist rechtsfehlerhaft. Wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, hat das Beschwerdegericht den von der Antragstellerin zur Darlegung ihrer Beschwer gehaltenen Vortrag gehörswidrig teilweise unberücksichtigt gelassen.

Die Antragstellerin hatte entgegen der der angefochtenen Entscheidung zugrundliegenden Annahme nämlich dargelegt, weshalb zur Erstellung des von ihr nach dem Ausspruch des AG geschuldeten Bestandsverzeichnisses über ihr Vermögen eine Reise nach China erforderlich sei. Sie besitze Vermögenswerte in China, darunter eine unbekannte Anzahl von Original-Kunstwerken regionaler und überregionaler Künstler. Um diesbezüglich eine Aufstellung zu fertigen, müsse sie nach China fliegen. Diese vom OLG nicht erwähnte Darstellung als glaubhaft unterstellt wäre die Notwendigkeit einer entsprechenden Reise und damit auch der hierfür anfallenden, zwanglos zur Überschreitung der Grenze von 600 € führenden Reisekosten aber dargelegt. Denn derartige Kunstgegenstände hätte die Antragstellerin in das von ihr nach §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1605 Abs. 1 Satz 1 und 3, 260 Abs. 1 BGB sorgfältig zu errichtende Bestandsverzeichnis einschließlich der für die Wertermittlung maßgeblichen Umstände aufzunehmen. Dass ihr dies auch ohne eine Sichtung der Objekte vor Ort möglich wäre, hat das OLG nicht rechtlich tragfähig festgestellt.

Die Erwägung des OLG, auf der Grundlage des bisherigen Vortrags der Antragstellerin könne davon ausgegangen werden, dass ihr in China vorhandenes Vermögen überschaubar sei und seine Darstellung keines besonderen Aufwands bedürfe, rechtfertigt es nicht, die entsprechenden Reisekosten nicht in die Wertbemessung einfließen zu lassen. Allerdings gilt für den Wert des Beschwerdegegenstands, der in Ehe- und Familienstreitsachen von Amts wegen festzustellen ist, der Beibringungsgrundsatz. Der Beschwerdeführer hat daher die den Wert bestimmenden Tatsachen darzulegen und ggf. auch glaubhaft zu machen.

Der angefochtenen Entscheidung lässt sich jedoch schon nicht entnehmen, dass das OLG den Vortrag zu den Kunstgegenständen überhaupt zur Kenntnis genommen hat. Abgesehen davon, dass der Antragsgegner gerade von erheblichem Vermögen der Antragstellerin in China ausgeht und zudem das Vorhandensein der Kunstwerke nicht in Abrede gestellt hat, steht die Darlegung der Antragstellerin zu diesen Gegenständen auch nicht im Widerspruch zu ihrer Behauptung, sie besitze kein Vermögen, um von dem Vermögensstamm leben zu können. Denn Wert und finanzielle Verwertbarkeit der Objekte können durchaus fraglich sein. Auch Vermögensgegenstände mit überschaubarem Wert sind aber in das Bestandsverzeichnis aufzunehmen. Sofern das OLG bei Berücksichtigung des entsprechenden Vortrags eine Glaubhaftmachung für erforderlich halten sollte, müsste es die Antragstellerin darauf hinweisen und ihr Gelegenheit hierzu einräumen.
BGH online
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