21.03.2017

Ausweitung des Anwendungsbereichs des §127a BGB auf gerichtlich festgestellte Vergleiche

§ 127a BGB sieht vor, dass ein gerichtlich protokollierter Vergleich eine notarielle Beurkundung ersetzen kann. Nun wurde die Ersetzungsmöglichkeit um durch Beschluss festgestellte Vergleiche erweitert.

BGH 1.2.2017, XII ZB 71/16
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten wurden im November 2011 durch Beschluss des AG rechtskräftig geschieden. Im vorangegangenen Scheidungsverfahren vereinbarten sie einen Scheidungsfolgenvergleich, der u.a. die Veräußerung einer Immobilie, die Verteilung des Erlöses und einen gegenseitigen Verzicht auf Zugewinnausgleich und Unterhalt regelte. Den Vergleich stellte das AG gem. §§ 113 Abs.1 FamFG, 278 Abs.6 ZPO durch Beschluss fest.

Später erklärte der Antragsteller die Anfechtung des Vergleichs gegenüber der Antragsgegnerin wegen arglistiger Täuschung über ihre Vermögensverhältnisse. Im Wege des Stufenantrags machte er anschließend Ansprüche auf Auskunft über das Vermögen und auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs geltend, da er den Vergleich für unwirksam hielt. AG und OLG wiesen den Antrag zurück. Auch die Rechtsbeschwerde, mit der der Antragsteller sein Begehren weiter verfolgte, blieb ohne Erfolg.

Die Gründe:
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Auskunft oder Zugewinnausgleich nach § 1378 Abs. 1 BGB gegen die Antragsgegnerin.

Der zwischen ihnen geschlossene Scheidungsfolgenvergleich, in welchem sie auf jegliche Zahlungsansprüche verzichtet haben, gilt fort. Weder ein Formmangel noch eine wirksame Anfechtung stehen seiner Wirksamkeit entgegen.

Die Anfechtung scheitert an fehlender Arglist der Antragsgegnerin.

Hinsichtlich der Form stellt der Vergleich eine Vereinbarung i.S.d. § 1378 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 BGB über den Zugewinnausgleich dar, die eine notarielle Beurkundung voraussetzt. Gem. dem 2. Hs. der Vorschrift kann die Beurkundung aber nach § 127a BGB durch die familiengerichtliche Protokollierung der Vereinbarung ersetzt werden. Zwar wurde der Vergleich vorliegend nicht in ein gerichtliches Protokoll aufgenommen, sondern durch Beschluss festgestellt (§ 278 Abs. 6 ZPO). In so gelagerten Fällen ist aber eine analoge Anwendung des § 127a BGB angezeigt. Eine unmittelbare Anwendung ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Norm nicht möglich, ein Beschluss ist kein Protokoll.

Es besteht eine planwidrige Regelungslücke, denn aus den Gesetzesmaterialien zum Beschlussvergleich ergibt sich der Wille des Gesetzgebers, den Beschlussvergleich in seinen Wirkungen einem gerichtlich protokollierten Vergleich vollumfänglich gleichzustellen. Die Sachverhalte sind auch vergleichbar. Sowohl ein gerichtlich protokollierter als auch ein durch Beschluss festgestellter Vergleich können denselben Schutz wie eine notarielle Beurkundung bieten. Durch Beratung mit dem Rechtsanwalt vor Annahme eines im Termin oder im Vorfeld schriftlich vom Gericht vorgeschlagenen Vergleichs werden die Parteien vor Übereilung geschützt.

Gegen eine Analogie spricht zudem nicht, dass bei einem Beschlussvergleich eine mit dem Beurkundungserfordernis verbundene Beratungs- und Warnfunktion entfällt. Denn auch vor Protokollierung eines Vergleichs im Termin treffen das Gericht keine besonderen Belehrungspflichten. Schließlich werden in § 278 Abs. 6 ZPO die Möglichkeiten des vom Gericht oder von den Parteien vorgeschlagenen Vergleichs gleichgestellt, so dass beiden Arten nach Feststellung formersetzende Wirkung zukommt.

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