24.10.2025

Badezimmer muss nicht wieder in eine Küche umgebaut werden

Die Auswahl unter mehreren tatsächlich möglichen Abhilfemaßnahmen muss dem Störer überlassen bleiben. Etwas anderes gilt nur dann, wenn entweder nur eine Maßnahme allein die Beeinträchtigung beseitigen kann oder andere Maßnahmen zwar denkbar sind, aber praktisch nicht ernsthaft in Betracht kommen.

AG Hamburg v. 19.3.2025 - 9 C 184/24
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind in der Wohnungseigentümergemeinschaft verbunden. Das Gebäude war 1983/1984 erstmals bezugsfertig hergestellt. Der Kläger ist Eigentümer einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung, der Beklagte ist Eigentümer der darüber liegenden Wohnung im 3. OG. Der Beklagte hatte 2019/2020 Umbauten veranlasst, in deren Zuge er die Lage von Bad und Küche in seiner Wohnung getauscht hat. Dadurch liegt sein Badezimmer nunmehr über der Küche der klägerischen Wohnung.

Der Kläger fühlt sich seit dem Umbau in der Nutzung seiner Küche wegen erheblichen Schallemissionen bei Nutzung des Badezimmers durch den Beklagten eingeschränkt. Er verlangte, dass der Beklagte das Badezimmer so zurückbaut, dass eine Einleitung von Abwasser aus dem Badezimmer an die an der Küche des Klägers entlangführende Abwasserleitung nicht mehr erfolgen kann. In einem selbstständigen Beweisverfahren wurde festgestellt, dass bereits bei Errichtung des Gebäudes die schallschutztechnischen Vorgaben für Wohnräume nicht eingehalten worden waren. Eine Verschwenkung des Abwasserrohres hinter der Küche des Klägers führte zu einem extrem laut vernehmbaren Poltergeräusch bei Feststoffeinleitung. Ferner mangelt es an der erforderlichen lückenlosen Ummantelung der Rohre durch schalldämmende Stoffe.

Der Beklagte meinte, er sei berechtigt gewesen, die Küche in ein Badezimmer umzubauen und ohne Zustimmung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Entwässerungsleitungen an das gemeinschaftliche Fallrohr anzuschließen. Der Kläger habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass der zuvor als Küche genutzte Raum weiterhin als Küche genutzt werde.

Das AG hat die  Klage abgewiesen.

Die Gründe:
Dem Kläger steht der begehrte Anspruch gegen den Beklagten, dass dieser sein Badezimmer so zurückbaut, dass eine Einleitung von Abwasser durch das WC, die Badewanne und die Dusche in die an dem Küchenraum der Wohnung des Klägers entlangführende Abwasserleitung des Gebäudes nicht mehr erfolgen kann, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

§ 1004 S. 1 BGB, § 14 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 WEG verpflichten den Wohnungseigentümer, das Sondereigentum der weiteren Wohnungseigentümer nicht über das in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen. Der störende Wohnungseigentümer ist hiernach zwar zur Störungsunterlassung verpflichtet. Die Wahl der Mittel bleibt jedoch ihm überlassen.

Unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist der Anspruch auf Störungsunterlassung inhaltlich nur dann auf den Rückbau des Badezimmers konkretisiert, wenn diese Art der Beseitigung die einzige bzw. einzig ernsthaft in Betracht kommende Möglichkeit darstellt. Da der störende Eigentümer das Risiko der Zwangsvollstreckung trägt, wenn die gewählte Maßnahme die Störung nicht beseitigt, kann die Wahl der Mittel nicht in die Entscheidungsgewalt des Klägers fallen.

Vorliegend wäre eine Störungsbeseitigung jedoch insbesondere durch den Austausch der Abwasserleitungen mit solchen, die eine bessere Schalldämmung ermöglichen, möglich. Denn der Rückbau des Badezimmers stellt gerade nicht die einzige Möglichkeit der Störungsbeseitigung dar. Vielmehr würde der Rückbau des Badezimmers zu einer Küche weiterhin zu Geräuschemissionen aus der Küche des Beklagten führen. Diese wären zwar im Vergleich zu den Emissionen der Abwassereinleitungen aus dem Badezimmer geringer. Da die Abwasserleitungen jedoch die die schallschutztechnischen Vorgaben missachten, wäre auch hier bereits eine Überschreitung der maßgeblichen Grenzwerte für Wohnraum von 30 dB(A) gemäß der DIN 4109 bei jeder Benutzung der Spüle überschritten.

Mehr zum Thema:

Aufsatz
Markus Artz
Die Entwicklungen im Wohnraummietrecht
MDR 2025, 1313

Beratermodul Mietrecht und WEG-Recht
Otto Schmidt Answers ist in diesem Modul mit 5 Prompts am Tag enthalten! Nutzen Sie die Inhalte in diesem Modul direkt mit der KI von Otto Schmidt. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO: Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet das Beratermodul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!
Landesrecht Hamburg