Beaufsichtigung eines sechsjähriges Kindes - Auswirkungen eines Augenblicksversagen
LG Karlsruhe v. 10.12.2025 - 2 O 135/24
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Halter eines Pkw, den seine Ehefrau zum Unfallzeitpunkt führte. Der Beklagte ist Vater des damals fünf Jahre und elf Monate alten Sohnes, der mit seinem Fahrrad an dem Verkehrsunfall beteiligt war. Am Unfalltag befuhr die Ehefrau des Klägers mit dessen Fahrzeug den verkehrsberuhigten Bereich in der Nähe des Wohnhauses des Beklagten. Der Sohn des Beklagten fuhr dort mit seinem Fahrrad von links kommend auf die Fahrbahn und kollidierte mit der Front des Klägerfahrzeugs. Das Kind wurde hierbei leicht verletzt. Am Fahrzeug des Klägers entstanden Sachschäden.
Der Kläger behauptete, der Unfall sei für seine Ehefrau unvermeidbar gewesen. Das Kind des Beklagten sei plötzlich und ohne jede Möglichkeit des rechtzeitigen Reagierens zwischen parkenden Fahrzeugen auf die Fahrbahn gefahren. Der Beklagte habe seine Aufsichtspflicht verletzt, da er seinen fünfjährigen Sohn unbeaufsichtigt habe Fahrrad fahren lassen. Durch die Kollision seien ihm u.a. Reparaturkosten i.H.v. 5 367 € und eine Wertminderung von 710 € entstanden.
Der Beklagte bestritt eine Pflichtverletzung. Er trug vor, der Unfall habe sich innerhalb eines verkehrsberuhigten Bereichs ereignet, in dem keine parkenden Fahrzeuge standen. Sein Sohn sei sehr fahrraderfahren und instruiert gewesen. Der Sohn habe die Straße regelmäßig mit seinem Fahrrad befahren. Die Eltern hätten ihn vom Hof aus überwiegend im Blick gehabt.
Das LG hat die auf insgesamt 7 286 € gerichtete Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten wegen einer Aufsichtspflichtverletzung aus § 832 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht nicht. Eine solche würde voraussetzen, dass der Beklagte aufsichtspflichtig war, die aufsichtsbedürftige Person eine widerrechtliche unerlaubte Handlung begangen hätte und sich nicht exkulpieren könnte.
Ein Elternteil beaufsichtigt ein fast sechsjähriges Kind hinreichend, wenn das Kind in vertrauter Umgebung eines verkehrsberuhigten Bereichs regelmäßig und sicher Fahrrad fährt und die Aufsichtsperson das Kind im Abstand weniger Minuten im Blick hat. Eine lückenlose unmittelbare Sichtkontrolle der Eltern ist unter diesen Umständen nicht geboten. Selbst aus etwaigen entwicklungspsychologischen Erkenntnissen zu kognitionsbedingten Wahrnehmungs- und Reaktionsdefiziten im Straßenverkehr bei Kindern in diesem Alter folgt nicht, dass diese infolge einer möglicherweise noch eingeschränkten Fähigkeit zur Gefahrenantizipation, Impulskontrolle oder Aufmerksamkeitsteilung generell nur unter engmaschiger ständiger Kontrolle am Straßenverkehr teilnehmen dürfen.
Eine Haftung scheidet gem. § 832 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB ohnehin aus, wenn durch ein Augenblicksversagen des fahrraderfahrenen Kindes selbst eine engmaschige Aufsicht des Elternteils den Unfall nicht hätte verhindern können. Das Gericht war davon überzeugt, dass die Eltern den Unfall ihres Sohnes trotz kontinuierlichen Sichtkontakts und unmittelbarer Nähe nach der Fahrt um die Häuserecke aufgrund der konkreten Unfallumstände nicht hätten verhindern können.
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Landesrechtsprechung Baden-Württemberg
Der Kläger ist Halter eines Pkw, den seine Ehefrau zum Unfallzeitpunkt führte. Der Beklagte ist Vater des damals fünf Jahre und elf Monate alten Sohnes, der mit seinem Fahrrad an dem Verkehrsunfall beteiligt war. Am Unfalltag befuhr die Ehefrau des Klägers mit dessen Fahrzeug den verkehrsberuhigten Bereich in der Nähe des Wohnhauses des Beklagten. Der Sohn des Beklagten fuhr dort mit seinem Fahrrad von links kommend auf die Fahrbahn und kollidierte mit der Front des Klägerfahrzeugs. Das Kind wurde hierbei leicht verletzt. Am Fahrzeug des Klägers entstanden Sachschäden.
Der Kläger behauptete, der Unfall sei für seine Ehefrau unvermeidbar gewesen. Das Kind des Beklagten sei plötzlich und ohne jede Möglichkeit des rechtzeitigen Reagierens zwischen parkenden Fahrzeugen auf die Fahrbahn gefahren. Der Beklagte habe seine Aufsichtspflicht verletzt, da er seinen fünfjährigen Sohn unbeaufsichtigt habe Fahrrad fahren lassen. Durch die Kollision seien ihm u.a. Reparaturkosten i.H.v. 5 367 € und eine Wertminderung von 710 € entstanden.
Der Beklagte bestritt eine Pflichtverletzung. Er trug vor, der Unfall habe sich innerhalb eines verkehrsberuhigten Bereichs ereignet, in dem keine parkenden Fahrzeuge standen. Sein Sohn sei sehr fahrraderfahren und instruiert gewesen. Der Sohn habe die Straße regelmäßig mit seinem Fahrrad befahren. Die Eltern hätten ihn vom Hof aus überwiegend im Blick gehabt.
Das LG hat die auf insgesamt 7 286 € gerichtete Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten wegen einer Aufsichtspflichtverletzung aus § 832 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht nicht. Eine solche würde voraussetzen, dass der Beklagte aufsichtspflichtig war, die aufsichtsbedürftige Person eine widerrechtliche unerlaubte Handlung begangen hätte und sich nicht exkulpieren könnte.
Ein Elternteil beaufsichtigt ein fast sechsjähriges Kind hinreichend, wenn das Kind in vertrauter Umgebung eines verkehrsberuhigten Bereichs regelmäßig und sicher Fahrrad fährt und die Aufsichtsperson das Kind im Abstand weniger Minuten im Blick hat. Eine lückenlose unmittelbare Sichtkontrolle der Eltern ist unter diesen Umständen nicht geboten. Selbst aus etwaigen entwicklungspsychologischen Erkenntnissen zu kognitionsbedingten Wahrnehmungs- und Reaktionsdefiziten im Straßenverkehr bei Kindern in diesem Alter folgt nicht, dass diese infolge einer möglicherweise noch eingeschränkten Fähigkeit zur Gefahrenantizipation, Impulskontrolle oder Aufmerksamkeitsteilung generell nur unter engmaschiger ständiger Kontrolle am Straßenverkehr teilnehmen dürfen.
Eine Haftung scheidet gem. § 832 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB ohnehin aus, wenn durch ein Augenblicksversagen des fahrraderfahrenen Kindes selbst eine engmaschige Aufsicht des Elternteils den Unfall nicht hätte verhindern können. Das Gericht war davon überzeugt, dass die Eltern den Unfall ihres Sohnes trotz kontinuierlichen Sichtkontakts und unmittelbarer Nähe nach der Fahrt um die Häuserecke aufgrund der konkreten Unfallumstände nicht hätten verhindern können.
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