Bedingungen für die zulassungsüberschreitende Anwendung eines Fertigarzneimittels (sog. "Off-Label-Use") im Wege der ärztlichen Zwangsmaßnahme
BGH v. 7.5.2025 - XII ZB 361/24
Der Sachverhalt:
Die Betroffene leidet nach den getroffenen Feststellungen an einer wahnhaften Störung. Auf Antrag der Betreuerin hat das AG ihre weitere Unterbringung nebst medikamentöser Zwangsbehandlung genehmigt, darunter die intramuskuläre Verabreichung von Haloperidol bei Verweigerung der oralen Einnahme der zu verabreichenden Medikamente. Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das LG die Entscheidung teilweise abgeändert und den Antrag der Betreuerin zurückgewiesen, soweit es die Genehmigung ihrer Einwilligung "in eine Behandlung mit Haloperidol in der Applikationsform "intramuskulär" (Off-Label Gebrauch)" betrifft. Hiergegen hat der Verfahrenspfleger die vom LG zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt.
Der BGH hat die Entscheidung der Vorinstanz im Ergebnis bestätigt.
Die Gründe:
Die zulassungsüberschreitende Anwendung eines Fertigarzneimittels - wie etwa hier die Medikamentengabe in einer nicht von der Zulassung erfassten Verabreichungsform (intramuskulär statt oral) - kann auch im Wege der ärztlichen Zwangsmaßnahme auf Grundlage einer gemeinsamen Entscheidungsfindung zwischen dem Arzt und dem für den Betroffenen handelnden Betreuer erfolgen. Diese gemeinsame Entscheidung gegen den Willen des Betroffenen setzt aber eine medizinisch-wissenschaftlich konsentierte Grundlage voraus, die sich unter Beachtung der von den führenden medizinischen Gesellschaften erstellten Leitlinien etwa aus Empfehlungen nationaler und internationaler medizinischer Fachgesellschaften ergeben kann. Nur mit einer solchen Grundlage ist die ärztliche Zwangsmaßnahme notwendig im Sinne von § 1832 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB.
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BGH PM Nr. 116 vom 23.6.2025
Die Betroffene leidet nach den getroffenen Feststellungen an einer wahnhaften Störung. Auf Antrag der Betreuerin hat das AG ihre weitere Unterbringung nebst medikamentöser Zwangsbehandlung genehmigt, darunter die intramuskuläre Verabreichung von Haloperidol bei Verweigerung der oralen Einnahme der zu verabreichenden Medikamente. Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das LG die Entscheidung teilweise abgeändert und den Antrag der Betreuerin zurückgewiesen, soweit es die Genehmigung ihrer Einwilligung "in eine Behandlung mit Haloperidol in der Applikationsform "intramuskulär" (Off-Label Gebrauch)" betrifft. Hiergegen hat der Verfahrenspfleger die vom LG zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt.
Der BGH hat die Entscheidung der Vorinstanz im Ergebnis bestätigt.
Die Gründe:
Die zulassungsüberschreitende Anwendung eines Fertigarzneimittels - wie etwa hier die Medikamentengabe in einer nicht von der Zulassung erfassten Verabreichungsform (intramuskulär statt oral) - kann auch im Wege der ärztlichen Zwangsmaßnahme auf Grundlage einer gemeinsamen Entscheidungsfindung zwischen dem Arzt und dem für den Betroffenen handelnden Betreuer erfolgen. Diese gemeinsame Entscheidung gegen den Willen des Betroffenen setzt aber eine medizinisch-wissenschaftlich konsentierte Grundlage voraus, die sich unter Beachtung der von den führenden medizinischen Gesellschaften erstellten Leitlinien etwa aus Empfehlungen nationaler und internationaler medizinischer Fachgesellschaften ergeben kann. Nur mit einer solchen Grundlage ist die ärztliche Zwangsmaßnahme notwendig im Sinne von § 1832 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB.
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