28.07.2023

Belastung mit Bestattungskosten für unbekannten Halbbruder ist rechtens

Die Kosten für die Bestattung eines Halbbruders sind grundsätzlich auch dann zu tragen, wenn das von der Ordnungsbehörde in Anspruch genommene Geschwister erst nach dem Todesfall von dem Verwandtschaftsverhältnis erfahren hat. Ein fehlendes familiäres Näheverhältnis zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen stellt die Zumutbarkeit der Bestattung regelmäßig nicht in Frage. Die gesetzliche Pflichtenstellung knüpft nämlich lediglich an das objektiv bestehende nahe Verwandtschaftsverhältnis an.

VG Mainz v. 19.7.2023 - 3 K 425/22.MZ
Der Sachverhalt:
Der Kläger war von der beklagten Ordnungsbehörde als nächster Verwandter zur Bestattung seines verstorbenen, als Jugendlicher von einem anderen Elternpaar adoptierten Halbbruders aufgefordert worden. Nachdem der Kläger der Aufforderung nicht nachgekommen war, zog der Beklagte ihn (und seine Schwester jeweils) anteilig zu den Kosten heran, die der Behörde bei der Vornahme der Einäscherung und Urnenbeisetzung im Wege der Ersatzvornahme entstanden waren.

Gegen die beiden Bescheide wandte sich der Kläger mit seinen Widersprüchen und machte geltend, er habe erst durch den Beklagten erfahren, dass er einen älteren Halbbruder habe. Insbesondere ihre gemeinsame leibliche Mutter habe niemals von ihm erzählt. Somit sei es unbillig, so plötzlich mit der Durchführung der Bestattung einer fremden Person und der damit verbundenen Kosten belastet zu werden. In der Zwischenzeit habe er zudem die Erbschaft nach dem Halbbruder ausgeschlagen. Letztlich sei das rheinland-pfälzische Bestattungsrecht für ihn als in Hessen lebendem Bürger nicht einschlägig.

Die Klage vor dem VG blieb erfolglos.

Die Gründe:
Der Kläger durfte zur Bestattung seines Halbbruders und der damit verbundenen Kosten herangezogen werden.

Kann ein Erbe - wie hier - nicht rechtzeitig ermittelt oder in Anspruch genommen werden, sind gemäß dem rheinland-pfälzischen Bestattungsgesetz Verwandte nach abgestuftem Grad der verwandtschaftlichen Beziehung (so auch Geschwister) für die Bestattung des Verstorbenen in einem gesetzlich vorgegebenen kurzen Zeitrahmen verantwortlich. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht freiwillig nach, kann die Ordnungsbehörde aus Gefahrenabwehrgründen die Bestattung vornehmen und die Kosten dem verpflichteten Verwandten auferlegen.

Es lag hier auch kein besonderer Härtefall vor, der die Bestattungspflicht des Klägers ausnahmsweise hätte entfallen lassen können. Ein fehlendes familiäres Näheverhältnis zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen stellt die Zumutbarkeit der Bestattung regelmäßig nicht in Frage. Die gesetzliche Pflichtenstellung knüpft nämlich lediglich an das objektiv bestehende nahe Verwandtschaftsverhältnis an. Dadurch stehen die Bestattungspflichtigen dem Verstorbenen näher als die Allgemeinheit, die ansonsten für die Bestattungskosten einstehen müsste.

Eine Erbausschlagung berührt die gesetzliche öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht ebenfalls nicht. Diese kann auch einen außerhalb von Rheinland-Pfalz lebenden Verwandten treffen, weil der die Wirkungen des rheinland-pfälzischen Bestattungsgesetzes auslösende Tod des Halbbruders in Rheinland-Pfalz eingetreten ist.

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Aufsatz
Franz M. Große-Wilde
Die Rechtsprechung zum Erbrecht
MDR 2022, 1446

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VG Mainz - Pressemitteilung v. 27.7.2023
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