11.06.2025

Beschlussklagen nach WEG: Kein höheres Interesse der klagenden Partei im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Macht die klagende Partei in einem Beschlussklageverfahren Angaben zu ihrem Interesse an der Entscheidung, das nach § 49 GKG ein Element der Streitwertfestsetzung ist, und widerspricht sie der entsprechenden Streitwertfestsetzung in den Tatsacheninstanzen nicht, ist es ihr verwehrt, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf ein höheres, die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erreichendes Interesse zu berufen.

BGH v. 22.5.2025 - V ZR 186/24
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) und Sondereigentümer zweier Dachgeschosseinheiten. Die Teilungserklärung von 2005 räumt den Sondereigentümern der 13 Dachgeschosseinheiten das Recht zum Ausbau zu Wohnzwecken ein und regelt, dass die übrigen Wohnungseigentümer die Baumaßnahme dulden müssen. Eine Kostenregelung enthält die Teilungserklärung nicht. Der Dachausbau macht Brandschutzmaßnahmen erforderlich, deren Kosten sich voraussichtlich auf rd. 620.000 € belaufen. 

In der Eigentümerversammlung wurde der Beschluss gefasst, dass die Sondereigentümer der Dachgeschosswohnungen die Kosten, die infolge der durch die Dachausbauten notwendig gewordenen Brandschutzmaßnahmen entstanden sind oder noch entstehen werden, alleine tragen. Hiergegen wendet sich der der Kläger mit seiner Anfechtungsklage.

Das AG gab der Klage statt; das LG wies sie ab. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Wert des Beschwerdegegenstands aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend; um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will. 

Dass dieses Interesse einen Betrag von 20.000 € übersteigt, hat der Kläger nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Sein Interesse an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung bewertet er in der Nichtzulassungsbeschwerde zwar mit rd. 82.000 €. Hiermit kann der Kläger aber schon deshalb nicht gehört werden, weil er sein Interesse an der Anfechtungsklage in den Vorinstanzen mit rd. 13.500 € angegeben hat und der Streitwert dementsprechend auf das 7,5- fache dieses Betrags festgesetzt worden ist (§ 49 Satz 2 GKG).

Nach der Rechtsprechung des BGH ist es einer Partei verwehrt, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf der Grundlage neuen Vorbringens auf einen höheren, die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erreichenden Streitwert der Klage zu berufen, wenn sie die Streitwertfestsetzung in den Vorinstanzen nicht beanstandet und auch nicht glaubhaft gemacht hat, dass bereits in den Vorinstanzen vorgebrachte Umstände, die die Festsetzung eines höheren Streitwerts - und einer damit einhergehenden entsprechenden Beschwer - rechtfertigen, nicht ausreichend berücksichtigt worden sind. 

Das gilt auch, wenn die klagende Partei in den Vorinstanzen Angaben zu ihrem Interesse an der Entscheidung gemacht hat, das - wie bei § 49 GKG - nur eines von mehreren Elementen der Streitwertfestsetzung ist. Macht die klagende Partei in einem Beschlussklageverfahren Angaben zu ihrem Interesse an der Entscheidung, das nach § 49 GKG ein Element der Streitwertfestsetzung ist, und widerspricht sie der entsprechenden Streitwertfestsetzung in den Tatsacheninstanzen nicht, ist es ihr verwehrt, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf ein höheres, die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erreichendes Interesse zu berufen.

So ist es hier. Sein Interesse an der Entscheidung hat der Kläger in den Vorinstanzen mit rd. 13.500 € beziffert. Diesen Betrag haben die Vorinstanzen als Rechenfaktor in die Berechnung des Streitwerts gem. § 49 GKG eingestellt und dementsprechend den Streitwert auf das 7,5-fache dieses Betrags festgesetzt (§ 49 Satz 2 GKG). Eine abweichende Festsetzung hat der Kläger zu keiner Zeit verlangt. Dass die Streitwertangabe von einer Fehlvorstellung über die Bemessungsgrundlage beeinflusst war, lässt sich nicht feststellen.

Mehr zum Thema:

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§ 49 (Beschlussklagen nach dem Wohnungseigentumsgesetz)
Suilmann in Jennißen, WEG, Kommentar, 8. Auflage
8. Aufl./Lfg. 10.2023

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Kommentierung | ZPO
§ 544 Nichtzulassungsbeschwerde
Feskorn in Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Aufl. 2024
10/2023

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