Beschränkung des Versorgungsausgleichs wegen langer Trennungszeit und wirtschaftlicher Verselbständigung der Ehegatten
OLG Braunschweig v. 25.3.2025 - 13 UF 101/24
Der Sachverhalt:
Die beschwerdeführende Antragsgegnerin wendet sich gegen die Entscheidung über den Versorgungsausgleich anlässlich der Scheidung ihrer am 17.12.1984 geschlossenen Ehe mit dem Antragsteller, von dem sie seit dem 1.9.1995 getrennt lebt.
Auf den Scheidungsantrag hat das AG die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und hierbei die während der gesamten Ehezeit vom 1.12.1984 bis 31.12.2023 erwirtschafteten Anrechte der Antragsbeteiligten bei den weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) intern geteilt.
Die Antragsgegnerin macht mit ihrer Beschwerde geltend, die Durchführung des Versorgungsausgleichs sei, bezogen auf die gesamte, 39 Jahre andauernde Ehezeit, in Ansehung der bereits mehr als 28 Jahre währenden Trennung und fehlender wirtschaftlicher Verflechtung grob unbillig. Der Versorgungsausgleich sei gemäß § 27 VersAusglG auf den Zeitraum vom Beginn der Ehe bis zum 31.12.1997 zu beschränken, um der Trennungszeit bis zur ersten Möglichkeit der Beantragung der Scheidung und der beim Antragsteller zu berücksichtigenden Kindererziehungszeiten angemessen Rechnung zu tragen.
Die Beschwerde hatte vor dem OLG Erfolg.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen für den beantragten teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs liegen vor. Ein Ausschluss kommt - ganz oder teilweise - nach § 27 VersAusglG dann in Betracht, wenn die Umstände des Einzelfalls es ausnahmsweise rechtfertigen, von dem Grundgedanken der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten an allen während der Ehezeit geschaffenen Vermögenswerten abzuweichen.
Hieran gemessen legt die Antragsgegnerin hinreichende Umstände für die grobe Unbilligkeit der Durchführung des Versorgungsausgleichs ab dem 1.1.1998 bis zum Ende der Ehezeit dar, mithin für eine Durchführung des Versorgungsausgleichs im Umfang der angefochtenen Entscheidung. Nach dem vom Antragsteller nicht bestrittenen Vortrag leben er und die Antragsgegnerin seit dem 1.9.1995 getrennt und sind seitdem vollständig wirtschaftlich entflochten.
Angesichts der 28 Jahre (1995 bis 2023) andauernden Trennung im Verhältnis zur Zeit des ehelichen Zusammenlebens von 39 Jahren (1984 bis 2024) steht die mehr als 2/3 der Zeit des ehelichen Zusammenlebens andauernde Trennungszeit zu jener nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis. Eine sog. lange Trennungszeit kann zwar nicht allein, jedoch bei Vorliegen einer vollständigen wirtschaftlichen Verselbständigung der Ehegatten ab der Trennung und unter Berücksichtigung ihrer weiteren wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse im Wege einer Gesamtabwägung die Beschränkung des Versorgungsausgleichs auf den Zeitraum des ehelichen Zusammenlebens rechtfertigen, sodass es nicht darauf ankommt, ob die Antragsgegnerin durch Stellung eines früheren Scheidungsantrags die Trennungszeit hätte verkürzen können. In Fällen wie diesen ist der Versorgungsausgleich regelmäßig auf den Zeitpunkt zu beschränken, an dem ein Scheidungsantrag nach der Trennung erstmals hätte gestellt werden können, mithin nach Ablauf des Trennungsjahres.
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Justiz Niedersachsen online
Die beschwerdeführende Antragsgegnerin wendet sich gegen die Entscheidung über den Versorgungsausgleich anlässlich der Scheidung ihrer am 17.12.1984 geschlossenen Ehe mit dem Antragsteller, von dem sie seit dem 1.9.1995 getrennt lebt.
Auf den Scheidungsantrag hat das AG die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und hierbei die während der gesamten Ehezeit vom 1.12.1984 bis 31.12.2023 erwirtschafteten Anrechte der Antragsbeteiligten bei den weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) intern geteilt.
Die Antragsgegnerin macht mit ihrer Beschwerde geltend, die Durchführung des Versorgungsausgleichs sei, bezogen auf die gesamte, 39 Jahre andauernde Ehezeit, in Ansehung der bereits mehr als 28 Jahre währenden Trennung und fehlender wirtschaftlicher Verflechtung grob unbillig. Der Versorgungsausgleich sei gemäß § 27 VersAusglG auf den Zeitraum vom Beginn der Ehe bis zum 31.12.1997 zu beschränken, um der Trennungszeit bis zur ersten Möglichkeit der Beantragung der Scheidung und der beim Antragsteller zu berücksichtigenden Kindererziehungszeiten angemessen Rechnung zu tragen.
Die Beschwerde hatte vor dem OLG Erfolg.
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Die Voraussetzungen für den beantragten teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs liegen vor. Ein Ausschluss kommt - ganz oder teilweise - nach § 27 VersAusglG dann in Betracht, wenn die Umstände des Einzelfalls es ausnahmsweise rechtfertigen, von dem Grundgedanken der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten an allen während der Ehezeit geschaffenen Vermögenswerten abzuweichen.
Hieran gemessen legt die Antragsgegnerin hinreichende Umstände für die grobe Unbilligkeit der Durchführung des Versorgungsausgleichs ab dem 1.1.1998 bis zum Ende der Ehezeit dar, mithin für eine Durchführung des Versorgungsausgleichs im Umfang der angefochtenen Entscheidung. Nach dem vom Antragsteller nicht bestrittenen Vortrag leben er und die Antragsgegnerin seit dem 1.9.1995 getrennt und sind seitdem vollständig wirtschaftlich entflochten.
Angesichts der 28 Jahre (1995 bis 2023) andauernden Trennung im Verhältnis zur Zeit des ehelichen Zusammenlebens von 39 Jahren (1984 bis 2024) steht die mehr als 2/3 der Zeit des ehelichen Zusammenlebens andauernde Trennungszeit zu jener nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis. Eine sog. lange Trennungszeit kann zwar nicht allein, jedoch bei Vorliegen einer vollständigen wirtschaftlichen Verselbständigung der Ehegatten ab der Trennung und unter Berücksichtigung ihrer weiteren wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse im Wege einer Gesamtabwägung die Beschränkung des Versorgungsausgleichs auf den Zeitraum des ehelichen Zusammenlebens rechtfertigen, sodass es nicht darauf ankommt, ob die Antragsgegnerin durch Stellung eines früheren Scheidungsantrags die Trennungszeit hätte verkürzen können. In Fällen wie diesen ist der Versorgungsausgleich regelmäßig auf den Zeitpunkt zu beschränken, an dem ein Scheidungsantrag nach der Trennung erstmals hätte gestellt werden können, mithin nach Ablauf des Trennungsjahres.
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