21.10.2025

"Dach und Fach"-Klausel: Kein Vorschussanspruch des Landes Hessen gegen Vermieter wegen großflächiger Innenputzschäden

Das mietende Land Hessen kann von der verklagten Vermieterin keinen Vorschuss zur Beseitigung von großflächigen Innenputzschäden verlangen. Die vertragliche sog. "Dach und Fach Klausel" weist dem Land die Instandsetzungspflicht für den Innenputz zu, sodass das Land nicht die eingeklagten 10 Mio € von der Beklagten beanspruchen kann.

OLG Frankfurt a.M. v. 16.10.2025 - 14 U 103/20
Der Sachverhalt:
Das klagende Land Hessen verkaufte im Zuge einer größeren Immobilientransaktion mehrere landeseigene Immobilien an die Rechtsvorgängerin der Beklagten und mietete sie gleichzeitig für die Dauer von 30 Jahren zurück. Das Land verlangt hier von der Beklagten eine Vorschusszahlung für die Beseitigung großflächiger Putzschäden im Mietobjekt "Am Rosengarten" in Fulda. Nach dem zugrundeliegenden Mietvertrag ist der Vermieter für die Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache an "Dach und Fach" auf seine Kosten verpflichtet; im Übrigen trifft den Mieter die Instandsetzungspflicht. Seit dem Jahr 2009 lösten sich am streitigen Objekt an tragenden Wänden und Geschossdecken Beton und Putz ab.

Das LG hatte die auf Zahlung eines Vorschusses in Höhe von gut 10 Mio € für die Beseitigung großflächiger Putzschäden gerichtete Klage zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision vor dem BGH begehrt werden.

Die Gründe:
Das Land hat keinen Anspruch auf Zahlung der rund 10 Mio €. Grundsätzlich trifft zwar die Beklagte als Vermieterin die Instandsetzungspflicht, also die Verpflichtung, den vertrags- und ordnungsgemäßen Zustand der Mietsache wiederherzustellen. Hier ist jedoch das Land für die Sanierung verantwortlich. Das Land hat mietvertraglich die Instandsetzungsverantwortung für den Innenputz übernommen. Der Mietvertrag enthält eine vom Gesetz abweichende Regelung. Demnach ist die Beklagte nur für die Instandsetzung an "Dach und Fach" verantwortlich. Die hier streitigen großflächigen Putzablösungen an tragenden Wänden und Decken fallen nicht unter diese Klausel.

Bei der gebotenen Auslegung der Klausel kommt insbesondere der im Mietvertrag enthaltenen näheren Definition des Begriffes "Fach" Bedeutung zu. Dem Bereich "Fach" werden demnach einerseits konstruktive Teile und andererseits solche Teile, die der Funktionsfähigkeit dienen und die Benutzbarkeit der Mietsache ausmachen, zugeordnet. Der Innenputz wird an keiner Stelle explizit erwähnt. Bei interessengerechter Auslegung kann der Putz als "Überzug aus Mörtel auf Wand- und Deckenflächen" nicht als konstruktiver Teil des Gebäudes angesehen werden. Er wird lediglich auf die tragenden Innenwände und Geschossdecken aufgebracht. Für dieses Verständnis spricht auch, dass der Außenputz an der Fassade ausdrücklich in der Klausel erwähnt und insoweit die Instandsetzungsverpflichtung der Beklagten auferlegt wird; zum Innenputz findet sich dagegen keine Regelung.

Eine weitere Beweiserhebung ist nicht veranlasst. Die Auslegung der Klausel stellt eine von den Richtern zu klärende Rechtsfrage dar. Soweit das Land eine Verkehrssitte behauptet, wonach die streitige Klausel auch den Innenputz mitumfasst, hat es keine konkreten Tatsachen für eine derartige Transaktionspraxis und daraus folgende Verkehrssitte vorgetragen.

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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 55 vom 21.10.2025