04.11.2021

DFB-Geldstrafe gegen Fußballvereine für Fehlverhalten ihrer Fans verstößt nicht gegen ordre public

Ein Schiedsspruch des "Ständigen Schiedsgerichts für die dritte Liga beim Deutschen Fußballbund" (Ständiges Schiedsgericht), mit dem eine gegen einen Ligateilnehmer für das Verhalten seiner Anhänger bei Heim- und bei Auswärtsspielen verhängte verschuldensunabhängige Geldstrafe bestätigt wurde, verstößt nicht gegen die öffentliche Ordnung (ordre public).

BGH v. 4.11.2021 - I ZB 54/20
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist die ausgegliederte Fußball-Profiabteilung des FC Carl Zeiss Jena e.V. Die erste Mannschaft des FC spielte in der vom Deutschen Fußball-Bund (DFB - Antragsgegner) als Profiliga ausgerichteten dritten Liga. Anfang 2018 schlossen die Parteien einen Schiedsgerichtsvertrag, in dem für Streitigkeiten über Sanktionen die Zuständigkeit des Ständigen Schiedsgerichts vereinbart wurde. Bei einem Auswärtsspiel und zwei Heimspielen im Jahr 2018 brannten Zuschauer im Fanblock der Antragstellerin pyrotechnische Gegenstände ab und warfen Gegenstände in Richtung Spielfeld.

Das Sportgericht des Antragsgegners belegte die Antragstellerin aufgrund dieser Vorfälle gem. § 9a Nr. 1 und 2 DFB-RuVO (DFB-Rechts- und Verfahrensordnung) mit einer Geldstrafe i.H.v. 24.900 €. Hiervon durfte die Antragstellerin einen Betrag i.H.v. bis zu 8.000 € für sicherheitstechnische, infrastrukturelle und gewaltpräventive Maßnahmen verwenden. Das Bundesgericht des Antragsgegners wies die Berufung der Antragstellerin zurück. Die hiergegen erhobene Klage der Antragstellerin hatte vor dem Ständigen Schiedsgericht keinen Erfolg.

Das OLG wies den auf Aufhebung dieses Schiedsspruchs gerichteten Antrag als unbegründet zurück. Die Anwendung der in § 9a DFB-RuVO geregelten Verbandsstrafenhaftung im Sinne einer objektiven Kausalhaftung für ein Fehlverhalten Dritter verstoße nicht gegen den ordre public i.S.v. § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Schiedsspruch verstößt nicht wegen einer Verletzung des mit Verfassungsrang ausgestatteten Schuldgrundsatzes gegen den ordre public.

Die "Geldstrafe", die gegen die Antragstellerin für das Verhalten ihrer Anhänger verhängt und vom Schiedsgericht bestätigt worden ist, stellt keine strafähnliche Sanktion dar, die diesem Grundsatz unterliegen könnte. Sie dient nicht der Ahndung und Sühne vorangegangenen Fehlverhaltens der Antragstellerin, sondern soll den künftigen ordnungsgemäßen Spielbetrieb sichern. Die Sanktion ist nicht verhängt worden, weil die Antragstellerin Vorgaben des Antragsgegners zu Sicherheitsmaßnahmen nicht eingehalten hätte, sondern weil die von der Antragstellerin ergriffenen Maßnahmen nicht ausgereicht haben, um Ausschreitungen ihrer Anhänger zu verhindern.

Die "Geldstrafe" soll die Antragstellerin dazu anhalten, zukünftig alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um mäßigend auf ihre Anhänger einzuwirken und so künftige Zuschauerausschreitungen zu verhindern. Sie soll die Antragstellerin dazu veranlassen, in ständiger Kommunikation mit ihren Fans befriedend auf diese einzuwirken, situationsabhängig geeignete präventive Maßnahmen zu ergreifen und dadurch von ihren Anhängern ausgehenden Gefahren für den Wettkampfbetrieb bestmöglich zu unterbinden.

Die Einordnung der Geldstrafe als präventive Maßnahme entspricht im Übrigen auch der Rechtsprechung des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS), der das Ziel der verschuldensunabhängigen Haftung ebenso wenig in der Bestrafung des Vereins, sondern in der Prävention und Abschreckung sieht. Schließlich verstößt der Schiedsspruch auch nicht wegen einer eklatanten Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit oder wegen einer Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes gegen den ordre public.
BGH PM Nr. 201 vom 4.11.2021
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