09.01.2024

Die Regelung zum Einsatz und Betrieb von Rauchwarnmeldern in Wohnungen ist mit der Bayerischen Verfassung vereinbar

Die Regelung zum Einsatz und Betrieb von Rauchwarnmeldern in Wohnungen gemäß Art. 46 Abs. 4 BayBO ist mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Sie verletzt insbesondere weder das Eigentumsgrundrecht noch das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz.

VGH München v. 26.10.2023 - Vf. 6-VII-22
Der Sachverhalt:
Gegenstand der Popularklage ist Art. 46 der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Die Vorschrift regelt den Einsatz und Betrieb von Rauchwarnmeldern in Wohnungen. Die angegriffene Vorschrift der Bayerischen Bauordnung lautet wie folgt:

"Art. 46: Wohnungen ...

(4) 1In Wohnungen müssen Schlafräume und Kinderzimmer sowie Flure, die zu Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben. 2Die Rauchwarnmelder müssen so eingebaut oder angebracht und betrieben werden, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird. 3Die Eigentümer vorhandener Wohnungen sind verpflichtet, jede Wohnung bis zum 31. Dezember 2017 entsprechend auszustatten. 4Die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft obliegt den unmittelbaren Besitzern, es sei denn, der Eigentümer übernimmt diese Verpflichtung selbst."


Vergleichbare Vorschriften gibt es mittlerweile in sämtlichen Bundesländern. In allen Bundesländern wird der Eigentümer bzw. Vermieter zur Installation der Rauchwarnmelder verpflichtet. In der überwiegenden Anzahl der Bundesländer wird der Mieter oder sonstige unmittelbare Besitzer zur Wartung der Rauchwarnmelder verpflichtet, in den übrigen wird die Wartungspflicht dem Eigentümer auferlegt.

Die Antragsteller halten die angegriffene Vorschrift der Bayerischen Bauordnung für verfassungswidrig. Nach ihrer Auffassung verletzt Art. 46 Abs. 4 BayBO das Eigentumsrecht (Art. 103 BV), die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 106 Abs. 3 BV) und den Gleichheitsgrundsatz (Art. 118 Abs. 1 BV).

Der VGH hat die Popularklage als unbegründet abgewiesen.

Die Gründe:
Die in Art. 46 Abs. 4 BayBO geregelten Verpflichtungen zur Ausstattung von Wohnungen mit Rauchwarnmeldern und zu deren Wartung sind mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Art. 46 Abs. 4 BayBO schränkt Grundrechte der Bayerischen Verfassung nicht in unzulässiger Weise ein.

Das Eigentumsgrundrecht (Art. 103 BV) wird durch Art. 46 Abs. 4 BayBO nicht verletzt. Dem Grundrecht sind die Bindungen aus Art. 103 Abs. 2 und Art. 158 Satz 1 BV immanent. Die angegriffene Regelung des Art. 46 Abs. 4 BayBO stellt jedenfalls sowohl für Eigentümer als auch für unmittelbare Besitzer von Wohnungen eine durch die Sozialbindung des Eigentums gerechtfertigte Inhalts- und Schrankenbestimmung gemäß Art. 103 Abs. 2, Art. 158 Satz 1 BV dar. Die Norm genügt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, sie verfolgt einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck und ist zur Zweckerreichung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn.

Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 106 Abs. 3 BV) wird durch die angegriffene Regelung ebenfalls nicht verletzt. Die Vorschrift begründet lediglich bauordnungsrechtlich eine Verpflichtung zur Installation von Rauchwarnmeldern für den Eigentümer. Die Umsetzung dieser Verpflichtung bleibt zunächst den Beteiligten, sinnvollerweise durch eine einvernehmliche Absprache, überlassen. Gegebenenfalls hat die Durchsetzung der bauordnungsrechtlichen Verpflichtung gemäß Art. 54 Abs. 2 BayBO zu erfolgen. Dem Schutzgehalt des Art. 106 Abs. 3 BV, der nur vor bestimmten Beeinträchtigungen bewahren und eine räumliche Sphäre zur Entfaltung des Privatlebens gewährleisten will, trägt die angegriffene Vorschrift ausreichend Rechnung.

Die angegriffene Regelung verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV. Dass der Gesetzgeber die Verpflichtung zur Installation dem Eigentümer auferlegt hat, ist sachlich gerechtfertigt. Der Eigentümer ist grundsätzlich für die Verkehrssicherung verantwortlich und zieht Nutzen aus dem Eigentum, es ist daher sachgerecht, ihm auch die bauordnungsrechtliche Installationspflicht aufzuerlegen. Es entspricht deshalb gängiger Praxis, dass bauliche Veränderungen und Ausstattungen vom Eigentümer vorgenommen werden.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Mieterhöhung wegen Erneuerung der Rauchwarnmelder
BGH vom 24.5.2023 - VIII ZR 213/21
MDR 2023, 898

Beratermodul Mietrecht und WEG-Recht:
Die perfekte Basisausstattung zum Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht für Praktiker. Jetzt topaktuell mit der Neuauflage Jennißen WEG Kommentar; seit 18.10.23 online. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO: Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet das Beratermodul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!
 
Justiz Bayern online
Zurück