21.07.2022

Ehemann muss der Ehefrau nach der Scheidung die vereinbarte "Abendgabe" zahlen

Das OLG Oldenburg hat eine Entscheidung des AG Nordhorn bestätigt, nach der ein Ehemann seiner Ehefrau nach der Scheidung rund 40.000 € wegen einer vereinbarten "Abendgabe" zahlen muss.

OLG Oldenburg v. 1.6.2022 - 13 UF 82/21
Der Sachverhalt:
Die Eheleute hatten 2006 in Libyen geheiratet. Dabei hatte sich der Ehemann verpflichtet, der Frau anlässlich der Eheschließung eine goldene englische Münze und im Falle einer Scheidung eine sog. "Abendgabe" von 50.000 US-Dollar zu zahlen. Nachdem das Ehepaar nach Deutschland übergesiedelt war, wurde die Ehe 2021 vor dem AG geschieden.

Die Ehefrau verlangte die Erfüllung der vom Ehemann übernommenen Zahlungsverpflichtung. Dieser lehnte die Zahlung mit der Begründung ab, er sei nicht mehr an die Vereinbarung gebunden. Die Klausel über die Abendgabe sei wegen einer Änderung der Verhältnisse anzupassen. Anders als in Deutschland gebe es in ihrem Heimatland keine staatliche Absicherung. Hier in Deutschland sei die Ehefrau aber auf die Abendgabe nicht mehr angewiesen. Sie lebe jetzt in einem Pflegeheim und habe daher keinen weiteren Versorgungsbedarf.

Das OLG bestätigte die rechtliche Bewertung des AG, nach der der Ehemann zur Zahlung verpflichtet ist.

Die Gründe:
"Pacta sunt servanda" gilt auch hier: An Verträge muss an sich halten. Eine Vertragsanpassung ist nicht deswegen geboten, weil die Ehefrau jetzt von Sozialleistungen lebt. Sozialhilfe ist eine subsidiäre - also nachrangige - Leistung, die die Bedürftigkeit als solche nicht entfallen lässt. Der Anspruch eines Hilfsbedürftigen, der staatliche Unterstützung erhält, gegen einen Dritten geht auf den Staat über (§ 94 SGB XII). Auch die Tatsache, dass der Ehemann kein Erwerbseinkommen hat, führt nicht zu einer Vertragsanpassung. Es liegt im Risikobereich desjenigen, der eine vertragliche Verpflichtung eingeht, diese später auch erfüllen zu können.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Zur Qualifikation der Brautgabevereinbarung
Christine Budzikiewicz, IPRax 2022, 40

Handbuch Internationales Scheidungsrecht:
d) Ausgleichszahlungen

Henrich in Henrich, Internationales Scheidungsrecht, 4. Aufl. 2017

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OLG Oldenburg PM Nr. 27 vom 21.7.2022
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