17.11.2025

Eigenbedarfskündigung einer Vermieter-GbR

Es handelt sich um eine entscheidungserhebliche und klärungsfähige Rechtsfrage, ob die Möglichkeit zur Eigenbedarfskündigung auf den Eigenbedarf eines Gesellschafters einer eGbR gestützt werden kann. Obergerichtlichen Rechtsprechung zu der Frage liegt, soweit ersichtlich, nicht vor. In der Literatur ist die Frage umstritten.

LG Bochum v. 12.9.2025 - 10 S 41/25
Der Sachverhalt:
Der Beklagte bewohnt mit seiner Ehefrau seit 1989 eine ca. 100 m² große Wohnung in einem Haus, das die Klägerin 2023 erworben hatte. Sie ist seit dem 3.1.2024 als Eigentümerin im Grundbuch und seit dem 29.2.2024 im Gesellschaftsregister eingetragen. Mit Schreiben vom 3.5.2024 kündigte sie, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, das Mietverhältnis zum 31.1.2025. Unterzeichnet hatten beide Mitglieder der GbR. Die beigefügte Vollmacht wies die "B2" als Vollmachtgeberin aus. Als Begründung wurde angegeben, dass der Gesellschafter Herr B. die Wohnung für sich benötige, nachdem er und seine Ehefrau, die Mitgesellschafterin ist, beschlossen hätten, dass er aufgrund ehelicher Differenzen ausziehen und eine eigene Wohnung beziehen soll.

Der Beklagte widersprach der Kündigung am 11.11.2024. Er war der Ansicht, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei, denn Eigentümerin der Immobilie sei seit dem Frühjahr 2024 die B2, welche aber weder die Kündigung erklärt noch die Klage erhoben habe, sondern ausdrücklich die B3, bei der es sich um ein anderes Rechtssubjekt handele.

Das AG hat die Räumungsklage abgewiesen. Die Klägerin sei zwar aktivlegitimiert, es bestehe jedoch kein berechtigtes Interesse i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Die Klägerin als rechtsfähige Gesellschaft habe keinen eigenen Wohnbedarf und keine Angehörige, für die sie die Räume als Wohnung benötigen könne. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG das Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Allerdings wurde die Revision zugelassen.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der von dem Beklagten bewohnten Wohnung gem. § 546 Abs. 1 BGB. Durch die Kündigung vom 3.5.2024 ist das Mietverhältnis zwischen den Parteien wirksam beendet worden.

Dass in der dem Kündigungsschreiben beigefügten Vollmacht lediglich die "B3" eingetragen war, obgleich die Gesellschaft aufgrund bereits erfolgter Eintragung im Gesellschaftsregister verpflichtet gewesen wäre, den Namenszusatz zu führen, mithin ein Verstoß gegen § 707a Abs. 2 BGB vorlag, stand der Wirksamkeit der erklärten Kündigung weder generell noch aufgrund der Umstände des Einzelfalls entgegen. Eine ausdrückliche Rechtsfolge des Verstoßes enthält die Norm nicht. Aus dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte ergibt sich nicht, dass ein Verstoß eine Unwirksamkeit der Erklärung zur Folge haben soll. Für den Beklagten war demnach hinreichend klar, dass seine Vermieterin die Kündigung des Mietverhältnisses erklärt hatte.

Die Klägerin konnte sich auch auf den Eigenbedarf ihres Gesellschafters berufen. Während es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung einer vermietenden GbR möglich war, in analoger Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB wegen Eigenbedarfs eines Gesellschafters ein Mietverhältnis zu kündigen, ist nach Inkrafttreten des MoPeG die Frage, ob es auch einer vermietenden eGbR möglich ist, sich auf den Eigenbedarf eines ihrer Gesellschafter zu berufen, in der Literatur umstritten. Verbreitet ist die Auffassung in der Literatur, die Änderungen durch das MoPeG ließen keinen Raum mehr für die analoge Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB bei Eigenbedarf eines GbR-Gesellschafters bei der rechtsfähigen GbR.

Für die Fortgeltung der Analogie wird von der Gegenauffassung angeführt, das MoPeG habe in erster Linie die richterlich erfolgte Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR in das geschriebene Recht übernommen, die Auswirkungen auf das Mietrecht seien im Zweifel gering. Insbesondere spreche es für eine Beibehaltung der Analogie, dass § 577a Abs. 1 a BGB beibehalten worden sei. Dieser setze weiterhin die Möglichkeit der Eigenbedarfskündigung einer Personengesellschaft voraus.

Teilweise wird angeführt, es bleibe ein Analogieproblem, ob eine Vermieter-GbR sich auf den Eigenbedarf ihrer Gesellschafter gem. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB berufen könne. Der Analogiebereich werde erst überschritten, wenn es um eine GbR gehe, die von einer Vielzahl untereinander nicht verbundener Personen als Immobilienfonds zum Zweck der Kapitalanlage gegründet worden sei, oder wenn die Gesellschaft (frei-)berufliche oder gewerbliche Zwecke verfolge und das von ihr gehaltene Wohnhaus kein für diese Zwecke zentrales Aktivum bilde. Das MoPeG habe an diesen Grundsätzen nichts Prinzipielles geändert, da für den Analogieschluss nur die persönliche Verbundenheit unter den Gesellschaftern entscheidend sei.

Die Kammer folgt der letztgenannten Ansicht. Es liegt bezogen auf die streitige Rechtsfrage nach wie vor eine planwidrige Regelungslücke vor. Zudem ist der nicht geregelte Sachverhalt dem geregelten Sachverhalt so ähnlich, dass eine analoge Anwendung geboten ist. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen. Es handelt sich um eine entscheidungserhebliche und klärungsfähige Rechtsfrage, ob die Möglichkeit zur Eigenbedarfskündigung auf den Eigenbedarf eines Gesellschafters einer eGbR gestützt werden kann. Obergerichtlichen Rechtsprechung zu der Frage liegt, soweit ersichtlich, nicht vor. In der Literatur ist die Frage umstritten.

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Aufsatz
Markus Artz
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