14.10.2025

Einschränkung des Umgangsrechts bei Suchtkrankheit des Elternteils

Bei Suchtkrankheiten, wie Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, besteht eine Gefahr für das Kindeswohl je nach Alter und Fähigkeiten des Kindes zum Eigenschutz sowie nach Art der konsumierten Drogen und Intensität des Missbrauchs, insbesondere dann, wenn die Abhängigkeit im konkreten Einzelfall zu zeitweisen und nicht absehbaren Ausfallerscheinungen führt, so dass eine ordnungsgemäße Betreuung des Kindes während des Umgangs nicht gewährleistet ist.

OLG Brandenburg v. 7.1.2025 - 9 UF 101/23
Der Sachverhalt:
Die (weiteren) Beteiligten zu 1. und 2. sind die getrennt lebenden Eltern des ehelich geborenen Kindes ... ... ..., geboren am ...2018. Sie üben die elterliche Sorge gemeinsam aus. Seit der Trennung der Kindeseltern, deren Ehe rechtskräftig geschieden wurde, lebt das Kind im Haushalt der Mutter, gemeinsam mit deren (aus einer früheren Beziehung stammenden älteren) Sohn A....

Die Familie ist dem Jugendamt seit 2020 bekannt. Die Kommunikation zwischen den Eltern im Rahmen der Umgangsberatung gestaltete sich schwierig. Wegen der im Raume stehenden Drogen- und Suchtproblematik erklärte sich der Vater bereit, vor der Wahrnehmung vereinbarter Umgangskontakte mit seinem Sohn jeweils einen Drogentest vorzulegen, was jedoch aus von den Eltern unterschiedlich dargestellten Gründen nicht erfolgte.

Die Kindesmutter hat das vorliegende Verfahren eingeleitet und auf verbindliche Anordnung des (Regel-) Umgangs (zunächst) an jedem zweiten Wochenende von Freitag 14.30 Uhr bis Sonntag 17.30 Uhr sowie einer Feiertags- und Ferienregelung (jeweils am 26.12. und am Ostermontag von 9.00 Uhr bis 17.30 Uhr und eine Woche in den Sommerferien) angetragen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, Absprachen über den zeitlichen Umfang des Umgangs mit dem Vater seien nicht möglich. Mündliche Absprachen habe dieser wiederholt nicht eingehalten.

Der Kindesvater hat seinerseits unter Hinweis auf seine herzliche Beziehung zu seinem Sohn einen (Regel-) Umgang 14-tägig in den ungeraden Kalenderwochen von Freitag nach Kita-/ Schul-/ Hortschluss bis zum Montagmorgen zum Kita-/ Hort-/ Schulbeginn sowie eine umfassende Ferienregelung - jeweils für einen Zeitraum von einer Woche in den Ferien - sowie eine Feiertagsregelung an Christi Himmelfahrt begehrt.

Nach Vorlage des Sachverständigengutachtens hat die Mutter aufgrund der festgestellten Drogenabhängigkeit des Kindesvaters und einer hieraus resultierenden latenten Kindeswohlgefährdung (nur noch) einen begleiteten Umgang des Vaters mit seinem Sohn nach Durchführung eines Drogentestes jeweils zum Umgangsbeginn und -ende befürwortet.

Das AG hat dem Kindesvater einen regelmäßigen 14-tägigen Umgang am Samstag in der Zeit von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr, beginnend ab dem 01.04.2023, in ... ... bzw. der näheren Umgebung von ... ... eingeräumt. Daneben hat es eine Herausgabepflicht der Mutter angeordnet, die nicht gelte, sofern der Vater offensichtlich wegen Drogen- und/oder Alkoholkonsums zur Betreuung seines Sohnes nicht in der Lage sei. Zur Begründung hat es unter Hinweis auf eine offenbar manifestierte Alkohol- und Drogenproblematik beim Vater ausgeführt, die Anordnung von Umgangskontakten ohne Übernachtungen seien zum Schutz des Kindes erforderlich, da anderenfalls nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Vater durch übermäßigen Alkoholkonsum oder durch Einnahme von Crystal Meth nicht mehr den erforderlichen Blick auf den Jungen habe.

Umgänge des Vaters mit seinem Sohn finden seither (weitgehend regelmäßig) 14-tägig am Samstag in der Zeit von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr statt.

Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Das AG hat in einem nicht zu beanstandenden Verfahren auf der Basis umfassender Ermittlungen nach Anhörung der Kindeseltern, des Verfahrensbeistandes und des Jugendamtes eine allen Interessen angemessene und altersgerechte, dem insoweit maßgeblichen Wohl des (jetzt) sechsjährigen ... in seiner konkreten Lebenssituation entsprechende Umgangsregelung getroffen. Ein Abänderungsbedarf des in der angefochtenen Entscheidung angeordneten und von den Kindeseltern seither praktizierten (Regel-) Umgangs sowie hinsichtlich der Aufnahme einer Feiertags- und Ferienregelung besteht (derzeit) nicht.

Das AG hat vorliegend eine kindeswohlverträgliche Umgangsregelung getroffen. Gegen die angeordneten Umgänge bestehen angesichts des Alters jedenfalls derzeit keine Bedenken. Das Beschwerdevorbringen des Vaters rechtfertigt angesichts seines Alkohol- und Drogenkonsums und der hieraus für das Wohl des Kindes zu besorgenden Gefahr keine Ausweitung der angeordneten Regelumgänge unter Einschluss von Übernachtungen in seinem Haushalt und Aufnahme einer Feiertags- und Ferienregelung.

Bei Suchtkrankheiten, wie Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, besteht eine Gefahr für das Kindeswohl je nach Alter und Fähigkeiten des Kindes zum Eigenschutz sowie nach Art der konsumierten Drogen und Intensität des Missbrauchs, insbesondere dann, wenn die Abhängigkeit im konkreten Einzelfall zu zeitweisen und nicht absehbaren Ausfallerscheinungen führt, so dass eine ordnungsgemäße Betreuung des Kindes während des Umgangs nicht gewährleistet ist.

Im Ergebnis des Sachverständigengutachtens vom 16.12.2022 ist vorliegend nicht nur von gelegentlichem Konsum sog. "weicher Drogen", sondern von einem erheblichen Drogenmissbrauch und regelmäßigen Drogenkonsum des Vaters auszugehen. So gelangen die Sachverständigen zu der Feststellung, dass in der Haarprobe des Kindesvaters Amphetamine und Methamphetamin nachgewiesen werden konnten. Die im mittleren Bereich der Werte liegende Konzentration an Methamphetamin, die bei einem Missbrauch dieser Droge im Haar gefunden werde, sei mit einem eher regelmäßigen Konsum vereinbar. Amphetamin trete in diesem Zusammenhang als Abbauprodukt von Methamphetamin auf und belege eine Körperpassage der Droge.

Zwar hat der Vater im Rahmen des Beschwerdeverfahrens behauptet, eine Drogenabhängigkeit und ein Drogenmissbrauch bestünden nicht mehr und hierzu ausgeführt, er befinde sich in psychologischer Behandlung beim "Tannenhof", regelmäßige Drogentests seien negativ. Allerdings hat der Vater auch auf Aufforderung des Senats hierzu keine näheren Angaben gemacht.

Auch bei der Erstellung des Sachverständigengutachtens zur Frage eines Drogenkonsums des Vaters mittels vorrangiger Untersuchung einer Haarprobe hat der Vater seine uneingeschränkte Mitwirkungsbereitschaft erklärt. Bei den mehrfach mitgeteilten Terminen ist er jedoch auch nach wiederholter Aufforderung des Senats zur Wahrnehmung des Termins zur Probeentnahme ohne Mitteilung von Hinderungsgründen nicht erschienen. Offensichtlich ist der Vater an einer Klärung dieser Frage nicht interessiert bzw. fürchtet den Ausgang und das Ergebnis eines Sachverständigengutachtens.

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