04.11.2025

Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung einer Unterbrechung der Versorgung mit Strom und Gas

Die einem Grundversorger nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Strom-/GasGVV eingeräumte Befugnis, bei Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung die Grundversorgung mit Strom und Gas unterbrechen zu lassen, ist eine besondere Ausgestaltung des Leistungsverweigerungsrechts gemäß §§ 273, 320 BGB und kann grundsätzlich im Wege einer einstweiligen (Sicherungs-)Verfügung gemäß § 935 ZPO durchgesetzt werden.

OLG Celle v. 30.7.2025 - 13 W 24/25
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist im Gebiet der Antragsgegner die Grundversorgerin, zuständige örtliche Netzbetreiberin ist die Y GmbH. Zwischen den Parteien bestand ein Grundversorgungsverhältnis für die Verbrauchsstelle ... für die Belieferung mit Strom und für die Verbrauchsstelle ... für die Belieferung mit Gas.

Die Antragsgegner waren mit ihren Zahlungsverpflichtungen aus den beiden Grundversorgungsverhältnissen jeweils mit Beträgen in Verzug, die mehr als das Doppelte des rechnerisch auf den laufenden Monat entfallenden Abschlagsbetrags von zuletzt 994 € für Strom und 363 € für Gas ausmachten und die auch 100 € überstiegen.

Weiter hatte die Antragstellerin mit Schreiben vom 11.3.2025 die Zahlungsrückstände angemahnt, den Antragsgegnern die Unterbrechung der Versorgung angedroht und sie auf Möglichkeiten zur Vermeidung der Unterbrechung einschließlich des Abschlusses einer Abwendungsvereinbarung sowie des Vortrags von Gründen zur Unverhältnismäßigkeit hingewiesen. Die Vierwochenfristen gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 Strom-/GasGVV, die mit der Androhung der Versorgungsunterbrechung beginnt, waren abgelaufen.

Nachdem die Antragstellerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, war nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Das OLG hat die Kosten des Rechtsstreits den Antragsgegnern auferlegt.

Die Gründe:
Die sofortige Beschwerde wäre ohne das erledigende Ereignis erfolgreich gewesen. Der Antragstellerin standen die geltend gemachten Verfügungsansprüche zu. Die Voraussetzungen für die Unterbrechung der Stromversorgung nach § 19 Abs. 2 - 6 StromGVV und der Gasversorgung gemäß § 19 Abs. 2 - 6 GasGVV lagen vor.

Die Antragstellerin hatte den Antragsgegnern mit Schreiben vom 26.3.2025 die Sperrung gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 Strom-/GasGVV rechtzeitig angekündigt und sie gemäß § 19 Abs. 6 Strom-/GasGVV ordnungsgemäß auf den Grund der Unterbrechung sowie auf die voraussichtlichen Kosten für die Unterbrechung und die Wiederherstellung der Versorgung hingewiesen.

Darüber hinaus lag auch der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund vor. Die zu duldende Versorgungsunterbrechung stellt keine - regelmäßig unzulässige - Vorwegnahme der Hauptsache dar.

Die dem Grundversorger nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Strom-/GasGVV eingeräumte Befugnis, bei Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung die Grundversorgung mit Strom und Gas unterbrechen zu lassen, ist eine besondere Ausgestaltung des Leistungsverweigerungsrechts gemäß §§ 273, 320 BGB, welches durch das Verfahren und die materiellen Voraussetzungen der § 19 Abs. 2 - 6 Strom-/GasGVV lediglich modifiziert und eingeschränkt wird. Zur Ausübung des Zurückbehaltungsrechts bedarf es einer Sperre des Gas- oder Stromzählers, für die regelmäßig die Räumlichkeiten des Kunden betreten werden müssen. Denn es ist einem Energieversorgungsunternehmen - anders als anderen Verkäufern in einer Dauerlieferbeziehung - bereits in technischer Hinsicht nicht möglich, die eigene Leistung auf andere Weise einzubehalten.

Die zur Ausübung dieses Zurückbehaltungsrechts notwendigen Maßnahmen konnte die Antragstellerin trotz vorheriger ordnungsgemäßer Ankündigung nicht durchführen, weil die Antragsgegnerin zu 2 dem beauftragten Unternehmen den Zutritt verweigert hatte bzw. die Antragsgegner nicht angetroffen worden waren.

Ein weiteres Zuwarten war der Antragstellerin auch nicht zuzumuten. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass der zuständige Grundversorger gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 EnWG einem Kontrahierungszwangs unterliegt und häufig ein höheres Entgelt für Energielieferungen beanspruchen kann als bei Sonderverträgen über Energielieferungen. § 19 Abs. 2 - 6 StromGVV bzw. GasGVV knüpfen eine Versorgungsunterbrechung aufgrund Zahlungsverzuges an eine Vielzahl kundenschützender Voraussetzungen, so dass die Belange der Versorgungskunden bereits hierdurch regelmäßig ausreichend berücksichtigt werden.

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