Flug verpasst - Wann ist ein Eintreffen noch rechtzeitig?
LG Koblenz v. 25.3.2025 - 1 O 114/24
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte für sich und seine Ehefrau einen Flug vom Flughafen Hahn nach Thessaloniki für den 13.5.2023 gebucht. Das Flugzeug sollte um 5:45 Uhr abheben. Der Kläger und seine Ehefrau trafen gegen 4.00 Uhr am Flughafen Hahn ein. Nach Aufgabe des Gepäcks begaben sie sich umgehend zur Handgepäck- und Personenkontrolle. Die dortige Kontrolle dauerte so lange, dass der Kläger und seine Ehefrau den Flug letztlich verpassten.
Der Kläger behauptete, aufgrund des Umstandes, dass zeitgleich ein weiterer Flug mit Passagieren abgefertigt worden sei, sei die Abfertigung der Fluggäste nur langsam und schleppend vorgenommen worden. Zudem sei die Sicherheitskontrolle nicht ausreichend besetzt gewesen. Auch andere Passagiere hätten wegen der Wartezeit an der Sicherheitskontrolle ihr Boarding versäumt. Eine frühere Ankunft am Flughafen hätte nichts genutzt, da die Sicherheitsschleusen zuvor nicht geöffnet gewesen seien. Der Kläger verlangte nach den Grundsätzen der Aufopferung bzw. des enteignenden Eingriffs den Ersatz des ihm entstandenen Schadens.
Die Beklagte war der Ansicht, der Anspruch bestehe bereits nach der eigenen Sachdarstellung des Klägers nicht. Die Zeit zwischen dem Erreichen des Flughafens (4:00 Uhr) und dem Start des Fluges (5:45 Uhr) habe lediglich 1 Stunde und 45 Minuten betragen. Nach den Empfehlungen annähernd sämtlicher Fluggesellschaften und des Betreibers des Flughafens Hahn sollten sich die Fluggäste jedoch 2-3 Stunden vor planmäßigem Abflug am Flughafen einfinden. Zu keinem Zeitpunkt sei es zu irgendwelchen Rückstaus von Passagieren gekommen. Die Abfertigung der Fluggäste sei auch nicht langsam und schleppend vorgenommen worden.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Der geltend gemachte Entschädigungsanspruch bestand schon dem Grunde nach nicht, da der Kläger nicht substantiiert und schlüssig zu dem Vorliegen eines Sonderopfers vorgetragen hatte.
Ein Sonderopfer liegt dann vor, wenn der Passagier rechtzeitig zur Sicherheitskontrolle erscheint, diese jedoch wegen der Wartezeit nicht so schnell abgeschlossen werden kann, dass das Boarding noch erreicht wird. An einem entschädigungspflichtigen Sonderopfer fehlt es hingegen, wenn ein Passagier seinen Flug versäumt, weil er nicht rechtzeitig zur Sicherheitskontrolle erscheint und deshalb die Kontrolle nicht mehr vor Abschluss des Boardings passieren kann. In diesem Zusammenhang - also bei der Beurteilung der Frage der Rechtzeitigkeit des Eintreffens des Passagiers - kommt es auch auf die Empfehlungen des Flughafenbetreibers und die Vorgaben der Fluggesellschaft an.
Der Kläger hatte sich nicht mit dem empfohlenen zeitlichen Vorlauf von 2-3 Stunden vor dem geplanten Abflug am Flughafen Hahn eingefunden, sondern nur 1 Stunde und 45 Minuten davor und musste in dieser Zeit auch noch das Gepäck aufgeben. Es wurde lediglich pauschal vom Kläger behauptet, die Abfertigung der Fluggäste sei nur "langsam und schleppend" erfolgt, die Sicherheitskontrolle sei nicht "nicht ausreichend" mit Personal besetzt und zudem die Sicherheitsschleusen zuvor nicht geöffnet gewesen. Dies genügte allerdings nicht den Beweisanforderungen und galt somit als nicht bewiesen. Die Beweislast lag beim Kläger.
Das beklagte Land hat insoweit unbestritten vorgetragen, dass am betreffenden Morgen des 13.5.2023 drei Kontrollspuren für die beiden Flüge um 5:45 Uhr eingesetzt gewesen waren, was auch in den Wochen davor und danach so gehandhabt worden war, ohne dass ein Passagier seinen Flug nicht rechtzeitig erreicht hatte. Insofern genügte der Kläger auch hier seiner Darlegungslast nicht. Er hatte lediglich vorgetragen, auch weitere Fluggäste hätten den gleichen Flug nicht erreicht. Selbst wenn das zugetroffen hätte, könnte man nicht zwangsläufig von einem Organisationsmangel ausgehen. Es war nämlich nicht bekannt, wann die angeblich anderen Passagiere sich am 13.5.2023 am Flughafen bzw. an der Sicherheitskontrolle eingefunden hatten und weshalb diese - wie behauptet - ihren Flug verpasst haben.
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Aufsatz:
Die Entwicklungen des Pauschalreiserechts in den Jahren 2023/24
Charlotte Achilles-Pujol, MDR 2024, 1157
Aktionsmodul Zivilrecht
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Landesrecht Rheinland-Pfalz
Der Kläger hatte für sich und seine Ehefrau einen Flug vom Flughafen Hahn nach Thessaloniki für den 13.5.2023 gebucht. Das Flugzeug sollte um 5:45 Uhr abheben. Der Kläger und seine Ehefrau trafen gegen 4.00 Uhr am Flughafen Hahn ein. Nach Aufgabe des Gepäcks begaben sie sich umgehend zur Handgepäck- und Personenkontrolle. Die dortige Kontrolle dauerte so lange, dass der Kläger und seine Ehefrau den Flug letztlich verpassten.
Der Kläger behauptete, aufgrund des Umstandes, dass zeitgleich ein weiterer Flug mit Passagieren abgefertigt worden sei, sei die Abfertigung der Fluggäste nur langsam und schleppend vorgenommen worden. Zudem sei die Sicherheitskontrolle nicht ausreichend besetzt gewesen. Auch andere Passagiere hätten wegen der Wartezeit an der Sicherheitskontrolle ihr Boarding versäumt. Eine frühere Ankunft am Flughafen hätte nichts genutzt, da die Sicherheitsschleusen zuvor nicht geöffnet gewesen seien. Der Kläger verlangte nach den Grundsätzen der Aufopferung bzw. des enteignenden Eingriffs den Ersatz des ihm entstandenen Schadens.
Die Beklagte war der Ansicht, der Anspruch bestehe bereits nach der eigenen Sachdarstellung des Klägers nicht. Die Zeit zwischen dem Erreichen des Flughafens (4:00 Uhr) und dem Start des Fluges (5:45 Uhr) habe lediglich 1 Stunde und 45 Minuten betragen. Nach den Empfehlungen annähernd sämtlicher Fluggesellschaften und des Betreibers des Flughafens Hahn sollten sich die Fluggäste jedoch 2-3 Stunden vor planmäßigem Abflug am Flughafen einfinden. Zu keinem Zeitpunkt sei es zu irgendwelchen Rückstaus von Passagieren gekommen. Die Abfertigung der Fluggäste sei auch nicht langsam und schleppend vorgenommen worden.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Der geltend gemachte Entschädigungsanspruch bestand schon dem Grunde nach nicht, da der Kläger nicht substantiiert und schlüssig zu dem Vorliegen eines Sonderopfers vorgetragen hatte.
Ein Sonderopfer liegt dann vor, wenn der Passagier rechtzeitig zur Sicherheitskontrolle erscheint, diese jedoch wegen der Wartezeit nicht so schnell abgeschlossen werden kann, dass das Boarding noch erreicht wird. An einem entschädigungspflichtigen Sonderopfer fehlt es hingegen, wenn ein Passagier seinen Flug versäumt, weil er nicht rechtzeitig zur Sicherheitskontrolle erscheint und deshalb die Kontrolle nicht mehr vor Abschluss des Boardings passieren kann. In diesem Zusammenhang - also bei der Beurteilung der Frage der Rechtzeitigkeit des Eintreffens des Passagiers - kommt es auch auf die Empfehlungen des Flughafenbetreibers und die Vorgaben der Fluggesellschaft an.
Der Kläger hatte sich nicht mit dem empfohlenen zeitlichen Vorlauf von 2-3 Stunden vor dem geplanten Abflug am Flughafen Hahn eingefunden, sondern nur 1 Stunde und 45 Minuten davor und musste in dieser Zeit auch noch das Gepäck aufgeben. Es wurde lediglich pauschal vom Kläger behauptet, die Abfertigung der Fluggäste sei nur "langsam und schleppend" erfolgt, die Sicherheitskontrolle sei nicht "nicht ausreichend" mit Personal besetzt und zudem die Sicherheitsschleusen zuvor nicht geöffnet gewesen. Dies genügte allerdings nicht den Beweisanforderungen und galt somit als nicht bewiesen. Die Beweislast lag beim Kläger.
Das beklagte Land hat insoweit unbestritten vorgetragen, dass am betreffenden Morgen des 13.5.2023 drei Kontrollspuren für die beiden Flüge um 5:45 Uhr eingesetzt gewesen waren, was auch in den Wochen davor und danach so gehandhabt worden war, ohne dass ein Passagier seinen Flug nicht rechtzeitig erreicht hatte. Insofern genügte der Kläger auch hier seiner Darlegungslast nicht. Er hatte lediglich vorgetragen, auch weitere Fluggäste hätten den gleichen Flug nicht erreicht. Selbst wenn das zugetroffen hätte, könnte man nicht zwangsläufig von einem Organisationsmangel ausgehen. Es war nämlich nicht bekannt, wann die angeblich anderen Passagiere sich am 13.5.2023 am Flughafen bzw. an der Sicherheitskontrolle eingefunden hatten und weshalb diese - wie behauptet - ihren Flug verpasst haben.
Aufsatz:
Die Entwicklungen des Pauschalreiserechts in den Jahren 2023/24
Charlotte Achilles-Pujol, MDR 2024, 1157
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