Fristlose Kündigung nach nicht gestellter Bankbürgschaft unwirksam
BGH v. 14.5.2025 - VIII ZR 256/23
Der Sachverhalt:
Der Beklagte war seit Januar 2020 Mieter einer Wohnung der Klägerin nebst Tiefgaragenstellplatz. Die monatliche Nettokaltmiete betrug 1.950 € zzgl. Betriebskostenpauschale i.H.v. 250 €. Die Parteien hatten im Mietvertrag die Stellung einer Mietsicherheit durch den Beklagten vereinbart. Diese lautete wie folgt:
"§ 4 Kaution
Der Mieter leistet bei Abschluss des Mietvertrages eine Kaution i.H.v. 4.400 €. Diese ist spätestens zur Übergabe der Wohnung in Form einer unbefristeten, selbstschuldnerischen Bankbürgschaft zu erbringen."
Die Klägerin überließ dem Beklagten die Wohnung. Dieser stellte allerdings keine Bankbürgschaft. Am 11.5.2020 erklärte die Klägerin die außerordentliche fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen unterbliebener Leistung der Mietsicherheit. Gestützt auf diese - sowie auf weitere Kündigungen - hat die Klägerin gerichtlich die Räumung und Herausgabe der Mietwohnung sowie Zahlung rückständiger Miete und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten begehrt. Nach Begleichung sämtlicher Mietrückstände durch die Bundesagentur für Arbeit hat die Klägerin den Rechtsstreit insoweit (einseitig) für erledigt erklärt.
Das AG hat den Beklagten danach mit Teilurteil - allein gestützt auf die vom 11.5.2020 - zur Räumung und Herausgabe der Wohnung nebst Tiefgaragenstellplatz verurteilt und die von ihm erhobene, auf Feststellung, dass der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag auf unbestimmte Zeit fortbesteht, gerichtete Widerklage abgewiesen. Das LG hat die Entscheidung bestätigt. Der Beklagte war mit seiner hiergegen gerichteten Revision erfolgreich. Der BGH hat das Verfahren an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Gründe:
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts konnte die Klägerin die fristlose Kündigung aufgrund der Nichtleistung der als Mietsicherheit (§ 551 BGB) vereinbarten Bankbürgschaft seitens des Beklagten nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 569 Abs. 2a BGB stützen. Denn eine solche Mietsicherheit fiel nicht in den Anwendungsbereich dieses Kündigungstatbestands.
Der Anwendungsbereich dieses Kündigungstatbestands ist umstritten. Nach einer - auch vom Berufungsgericht vertretenen - Ansicht erfasst die Vorschrift des § 569 Abs. 2a BGB alle Arten von Sicherheitsleistungen i.S.d. § 551 BGB, mithin auch die hier in Rede stehende Bankbürgschaft. Nach einer anderen Ansicht berechtigt lediglich der Verzug des Mieters mit der Leistung einer Barkaution bzw. einer Geldsumme (§ 551Abs. 2, 3 BGB) den Vermieter zur fristlosen Kündigung nach § 569 Abs. 2a BGB. Ist eine andere Art von Mietsicherheit vereinbart, könne der Vermieter das Mietverhältnis lediglich - unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls sowie der jeweiligen weiteren Voraussetzungen - fristlos nach § 543 Abs. 1 BGB bzw. ordentlich nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB kündigen. Die zuletzt genannte Auffassung trifft zu.
Ist der Mieter - wie vorliegend der Beklagte - mit der Leistung einer als Mietsicherheit vereinbarten Bankbürgschaft im Verzug, kann der Vermieter das Mietverhältnis nicht nach § 569 Abs. 2a BGB fristlos kündigen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem Wortlaut des § 569 Abs. 2a BGB nicht "eindeutig", dass hiervon sämtliche Formen von Mietsicherheiten erfasst würden. Vielmehr ist der Ausschluss einer Bankbürgschaft als Mietsicherheit aus dem Anwendungsbereich der Bestimmung des § 569 Abs. 2a BGB vom möglichen Wortsinn gedeckt.
Es bedurfte auch keiner teleologischen Reduktion der Norm. Denn das Berufungsgericht hatte nicht hinreichend berücksichtigt, dass eine grammatische Gesetzesauslegung das nach dem Wortlaut sprachlich Mögliche, also den möglichen Wortsinn zu ermitteln hat. Die Bestimmung des Wortsinns wiederum hat nicht isoliert, sondern im Zusammenhang des Normtextes zu erfolgen. Somit kann zur Bestimmung der vom Kündigungstatbestand des § 569 Abs. 2a BGB erfassten Arten von "Sicherheitsleistungen" nicht allein der Verweis auf § 551 BGB herangezogen werden, sondern ist auch zu berücksichtigen, dass der Mieter mit einer Sicherheitsleistung i.H. "eines Betrages" im Verzug sein muss, der der zweifachen Monatsmiete entspricht.
Der Rechtsstreit war noch nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hatte, ob das Mietverhältnis durch eine der weiteren, seitens der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen (wegen Zahlungsverzugs des Beklagten bzw. wegen Eigenbedarfs) beendet worden war.
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BGH online
Der Beklagte war seit Januar 2020 Mieter einer Wohnung der Klägerin nebst Tiefgaragenstellplatz. Die monatliche Nettokaltmiete betrug 1.950 € zzgl. Betriebskostenpauschale i.H.v. 250 €. Die Parteien hatten im Mietvertrag die Stellung einer Mietsicherheit durch den Beklagten vereinbart. Diese lautete wie folgt:
"§ 4 Kaution
Der Mieter leistet bei Abschluss des Mietvertrages eine Kaution i.H.v. 4.400 €. Diese ist spätestens zur Übergabe der Wohnung in Form einer unbefristeten, selbstschuldnerischen Bankbürgschaft zu erbringen."
Die Klägerin überließ dem Beklagten die Wohnung. Dieser stellte allerdings keine Bankbürgschaft. Am 11.5.2020 erklärte die Klägerin die außerordentliche fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen unterbliebener Leistung der Mietsicherheit. Gestützt auf diese - sowie auf weitere Kündigungen - hat die Klägerin gerichtlich die Räumung und Herausgabe der Mietwohnung sowie Zahlung rückständiger Miete und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten begehrt. Nach Begleichung sämtlicher Mietrückstände durch die Bundesagentur für Arbeit hat die Klägerin den Rechtsstreit insoweit (einseitig) für erledigt erklärt.
Das AG hat den Beklagten danach mit Teilurteil - allein gestützt auf die vom 11.5.2020 - zur Räumung und Herausgabe der Wohnung nebst Tiefgaragenstellplatz verurteilt und die von ihm erhobene, auf Feststellung, dass der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag auf unbestimmte Zeit fortbesteht, gerichtete Widerklage abgewiesen. Das LG hat die Entscheidung bestätigt. Der Beklagte war mit seiner hiergegen gerichteten Revision erfolgreich. Der BGH hat das Verfahren an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Gründe:
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts konnte die Klägerin die fristlose Kündigung aufgrund der Nichtleistung der als Mietsicherheit (§ 551 BGB) vereinbarten Bankbürgschaft seitens des Beklagten nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 569 Abs. 2a BGB stützen. Denn eine solche Mietsicherheit fiel nicht in den Anwendungsbereich dieses Kündigungstatbestands.
Der Anwendungsbereich dieses Kündigungstatbestands ist umstritten. Nach einer - auch vom Berufungsgericht vertretenen - Ansicht erfasst die Vorschrift des § 569 Abs. 2a BGB alle Arten von Sicherheitsleistungen i.S.d. § 551 BGB, mithin auch die hier in Rede stehende Bankbürgschaft. Nach einer anderen Ansicht berechtigt lediglich der Verzug des Mieters mit der Leistung einer Barkaution bzw. einer Geldsumme (§ 551Abs. 2, 3 BGB) den Vermieter zur fristlosen Kündigung nach § 569 Abs. 2a BGB. Ist eine andere Art von Mietsicherheit vereinbart, könne der Vermieter das Mietverhältnis lediglich - unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls sowie der jeweiligen weiteren Voraussetzungen - fristlos nach § 543 Abs. 1 BGB bzw. ordentlich nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB kündigen. Die zuletzt genannte Auffassung trifft zu.
Ist der Mieter - wie vorliegend der Beklagte - mit der Leistung einer als Mietsicherheit vereinbarten Bankbürgschaft im Verzug, kann der Vermieter das Mietverhältnis nicht nach § 569 Abs. 2a BGB fristlos kündigen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem Wortlaut des § 569 Abs. 2a BGB nicht "eindeutig", dass hiervon sämtliche Formen von Mietsicherheiten erfasst würden. Vielmehr ist der Ausschluss einer Bankbürgschaft als Mietsicherheit aus dem Anwendungsbereich der Bestimmung des § 569 Abs. 2a BGB vom möglichen Wortsinn gedeckt.
Es bedurfte auch keiner teleologischen Reduktion der Norm. Denn das Berufungsgericht hatte nicht hinreichend berücksichtigt, dass eine grammatische Gesetzesauslegung das nach dem Wortlaut sprachlich Mögliche, also den möglichen Wortsinn zu ermitteln hat. Die Bestimmung des Wortsinns wiederum hat nicht isoliert, sondern im Zusammenhang des Normtextes zu erfolgen. Somit kann zur Bestimmung der vom Kündigungstatbestand des § 569 Abs. 2a BGB erfassten Arten von "Sicherheitsleistungen" nicht allein der Verweis auf § 551 BGB herangezogen werden, sondern ist auch zu berücksichtigen, dass der Mieter mit einer Sicherheitsleistung i.H. "eines Betrages" im Verzug sein muss, der der zweifachen Monatsmiete entspricht.
Der Rechtsstreit war noch nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hatte, ob das Mietverhältnis durch eine der weiteren, seitens der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen (wegen Zahlungsverzugs des Beklagten bzw. wegen Eigenbedarfs) beendet worden war.
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