14.08.2023

Gebührenrechtliche Einordnung mehrerer Anträge auf sukzessive Verlängerung einer zeitlich begrenzten einstweiligen Anordnung

Mehrere aufeinander folgende Anträge auf sukzessive Verlängerung einer zeitlich begrenzten einstweiligen Anordnung sind gebührenrechtlich verschiedene Angelegenheiten.

OLG Hamburg v. 8.8.2023 - 7 WF 31/23
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin beantragte mit Anträgen vom 2.3.2021 und vom 13.4.2022 jeweils, eine am 2.10.2020 gegen den Antragsgegner ergangene Gewaltschutzanordnung zu verlängern. Diesen Anträgen entsprach das AG mit Beschlüssen vom 23.3.2021 und vom 20.4.2022 jeweils und erlegte die Kosten des Verfahrens jeweils dem Antragsgegner auf. Mit Antrag vom 22.8.2022 beantragte die Antragstellerin, die für den Antrag vom 13.4.2022 von dem Antragsgegner an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf € 147,56 nebst Zinsen festzusetzen. Der Antragsgegner widersprach dem mit Schriftsatz vom 8.9.2022 und wies darauf hin, dass mit Beschluss vom 15.12.2021 auf Antrag der Antragstellerin vom 25.3.2021 bereits ein Betrag der zu erstattenden Kosten gegen ihn festgesetzt worden sei.

Mit Beschluss vom 3.4.2023 entsprach - nach einem zwischengeschalteten Erinnerungsverfahren - das AG dem Antrag der Antragstellerin vom 22.8.2022. Gegen diesen, ihm am 24.4.2023 zugestellten Beschluss richtet sich das Rechtsmittel des Antragsgegners vom selben Tag, mit dem er seine Bedenken wiederholt. Das AG half dem Rechtsmittel nicht ab. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Soweit der Antragsgegner beanstandet, dass Kosten für den erfolgreichen Antrag auf die zweite Verlängerung der Gewaltschutzanordnung nicht gegen ihn festgesetzt werden dürften, weil bereits einmal - mit Beschluss vom 23.3.2021 - Kosten für einen erfolgreichen Verlängerungsantrag gegen ihn festgesetzt worden seien, vermag er damit letztlich nicht durchzudringen.

Indessen dürften hier nicht - wie die Antragstellerin in dem Erinnerungsverfahren allerdings erfolgreich geltend gemacht hat - die Tatbestände des § 17 Nr. 4 Bstb. b) und d) RVG zum Tragen kommen, nach denen das Verfahren in der Hauptsache und das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bzw. das Verfahren über die Abänderung einer solchen verschiedene Angelegenheiten i.S.d. Gebührenrechts sind; denn diese Bestimmungen betreffen das Verhältnis des Verfahrens auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung bzw. auf deren Abänderung zu dem zugehörigen Hauptsacheverfahren, während es hier um Maßnahmen geht, die sich - jedenfalls vordergründig - innerhalb desselben Verfahrens auf Erlass einer Gewaltschutzanordnung bzw. deren Abänderung abspielen. Die von dem Antragsgegner erhobenen Bedenken erscheinen daher im Hinblick auf § 16 Nr. 5 RVG, wonach das Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung "und jedes Verfahren über deren Abänderung" dieselbe Angelegenheit sind, nicht grundlos. Dass der Kostenfestsetzungsantrag der Antragstellerin indessen dennoch begründet ist, beruht auf einer anderen Sichtweise:

Unabhängig von den Regelungen in § 16 und § 17 RVG stellen nämlich Anträge auf den Erlass unterschiedlicher einstweiliger Anordnungen im Verhältnis zueinander gebührenrechtlich verschiedene Angelegenheiten dar. Der Antrag auf Verlängerung einer bereits erlassenen Gewaltschutzanordnung steht aus gebührenrechtlicher Sichtweise seinem Wesen nach nun dem Antrag auf Erlass einer neuen Gewaltschutzanordnung nach Ablauf der in einer vorangegangenen Gewaltschutzanordnung bestimmten Geltungsdauer gleich; denn es kann gebührenrechtlich keinen Unterschied machen, ob die Antragstellerseite, die eine zeitlich begrenzte einstweilige Anordnung erwirkt hat, den Ablauf der zeitlichen Geltungsdauer abwartet und dann einen neuen Anordnungsantrag stellt oder ob sie die Verlängerung der Geltungsdauer der bereits erwirkten einstweiligen Anordnung beantragt. Aus diesem Grunde sind der Antrag auf Erlass einer Gewaltschutzanordnung und der Antrag auf Verlängerung ihrer Geltungsdauer als zwei verschiedene Angelegenheiten zu behandeln.

Nichts anderes darf dann aber auch für das Verhältnis mehrerer aufeinander folgender Anträge auf sukzessive Verlängerung einer zeitlich begrenzten einstweiligen Anordnung zueinander gelten; denn zumindest aus gebührenrechtlicher Sicht steht auch der Antrag auf weitere Verlängerung der Geltungsdauer seinem Wesen nach dem Antrag auf Erlass einer neuen Gewaltschutzanordnung gleich.

Mehr zum Thema:

Aktionsmodul Familienrecht

Online-Unterhaltsrechner mit jeweils den aktuellen Werten der Düsseldorfer Tabelle. Top Inhalte online: FamRZ und FamRZ-Buchreihe von Gieseking, FamRB von Otto Schmidt, "Gerhardt" von Wolters Kluwer und vielen Standardwerken. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO: Für Fachanwälte mit Beiträgen zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!
Landesrecht Hamburg
Zurück