Gewerberaummiete: Strittige Beweislastverteilung und unwirksame AGB
OLG Karlsruhe v. 27.11.2024, 13 U 76/24
Der Sachverhalt:
Bei Bauarbeiten hatte ein Handwerker eine Wasserleitung, die zu einem Sprinklerkopf führte, einfach fahrlässig durchschnitten. Das dadurch austretende Sprinklerwasser beschädigte Einrichtung und Mobiliar des Mieters der darunterliegenden Einheit. In Ziffer 16.1 b) des Mietvertrags war u.a. vorgesehen, dass Schadensersatzansprüche des Mieters für einfache Fahrlässigkeit nur geltend gemacht werden könnten, soweit sie "auf der fahrlässigen Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht durch den Vermieter oder seiner Erfüllungsgehilfen (mit Ausnahme der Schadensersatzansprüche für untypische, nicht voraussehbare Schäden in Fällen leichter Fahrlässigkeit) beruhten.
Ziffer 12.4 a) des Mietvertrags sah weiter vor, dass der Mieter für "a) Feuer- und Leitungswasserschaden, unter Einbeziehung der Risiken Abwässer und bestimmungswidriger Sprinklerwasseraustritt, an den von ihm eingebrachten Einrichtungen oder sonstigen Sachen einschließlich seiner Warenvorräte" selbst eintreten oder sich versichern werde und dass jegliche Verpflichtung des Vermieters zum Ersatz dieser Schäden entfällt, soweit der Mieter die Versicherungspflicht trägt. Ziffer 4.1. a) des Mietvertrags sah schließlich vor, dass dem Mieter die "Prämien für [...] Feuer-, Sturm- und Hagel-, Leitungswasser-, [...] " auferlegt werden.
Nach Regulierung des Schadens nahm die Versicherung des Mieters den Vermieter gerichtlich in Anspruch. Das LG gab der Klage statt. Das Handeln des Handwerkers sei dem Vermieter nach § 278 BGB zuzurechnen. Die Haftungsbeschränkung gem. Ziffer 16.1 b) sei unwirksam. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte gem. § 86 Abs. 1 VVG i.V.m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung von 8.646 € nebst Zinsen.
Grundsätzlich hat der Mieter darzulegen und zu beweisen, dass den Vermieter eine Pflichtverletzung trifft, die für den entstandenen Schaden ursächlich war. Der Vermieter hatte hier jedoch durch die in seinem Obhuts- und Gefahrenbereich liegenden Bauarbeiten den Wasserschaden am Mobiliar des Mieters verursacht. Daher musste er sich nicht nur hinsichtlich der subjektiven Seite, sondern auch hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit entlasten. Dies galt insbesondere, weil der Mieter keinen Einblick in die schadensursächlichen Vorgänge hatte. Dieser Entlastungsbeweis konnte hier nicht geführt werden. Zudem war zwar § 536a BGB nach BGH-Rechtsprechung grundsätzlich dispositiv und konnte auch durch Formularverträge abbedungen werden. Die Regelung in Ziffer 16.1 b) des Mietvertrags ging aber deutlich über eine Umkehr der Beweislast gegenüber der gesetzlichen Regelung in § 536a BGB hinaus und war unwirksam.
Auch Ziffer 12.4 a) des Mietvertrags änderte hieran nichts. Es war schon fraglich, ob die Klausel überhaupt anwendbar war, da sie von einem bestimmungswidrigen Sprinklerwasseraustritt ausging, obwohl vorliegend eine Wasserleitung für das Sprinklersystem durchschnitten worden war. Dies war jedoch unerheblich, weil die Klausel wegen Widersprüchlichkeit und Intransparenz gem. § 307 Abs. 1 BGB als unwirksam anzusehen war. Schließlich wurden hier dem Mieter gem. Ziffer 4.1. a) die "Prämien für [...] Feuer-, Sturm- und Hagel-, Leitungswasser-, [...] " auferlegt.
Der Mieter wurde somit einerseits verpflichtet, sich selbst gegen Feuer- und Leitungswasserschäden zu versichern, und sollte zudem die Prämien einer von der Vermieterin abgeschlossenen derartigen Versicherung tragen. Das Verhältnis der Regelungen, insbesondere welche Kosten in welchem Zusammenhang vom Mieter zu tragen sind, sind dabei offengeblieben. Daher waren die Regelungen sowohl widersprüchlich als auch intransparent. Wegen der doppelt zu tragenden Versicherungsprämien konnte auch von einer finanziellen Überforderung des Mieters ausgegangen werden.
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Landesrechtsprechung Baden-Württemberg
Bei Bauarbeiten hatte ein Handwerker eine Wasserleitung, die zu einem Sprinklerkopf führte, einfach fahrlässig durchschnitten. Das dadurch austretende Sprinklerwasser beschädigte Einrichtung und Mobiliar des Mieters der darunterliegenden Einheit. In Ziffer 16.1 b) des Mietvertrags war u.a. vorgesehen, dass Schadensersatzansprüche des Mieters für einfache Fahrlässigkeit nur geltend gemacht werden könnten, soweit sie "auf der fahrlässigen Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht durch den Vermieter oder seiner Erfüllungsgehilfen (mit Ausnahme der Schadensersatzansprüche für untypische, nicht voraussehbare Schäden in Fällen leichter Fahrlässigkeit) beruhten.
Ziffer 12.4 a) des Mietvertrags sah weiter vor, dass der Mieter für "a) Feuer- und Leitungswasserschaden, unter Einbeziehung der Risiken Abwässer und bestimmungswidriger Sprinklerwasseraustritt, an den von ihm eingebrachten Einrichtungen oder sonstigen Sachen einschließlich seiner Warenvorräte" selbst eintreten oder sich versichern werde und dass jegliche Verpflichtung des Vermieters zum Ersatz dieser Schäden entfällt, soweit der Mieter die Versicherungspflicht trägt. Ziffer 4.1. a) des Mietvertrags sah schließlich vor, dass dem Mieter die "Prämien für [...] Feuer-, Sturm- und Hagel-, Leitungswasser-, [...] " auferlegt werden.
Nach Regulierung des Schadens nahm die Versicherung des Mieters den Vermieter gerichtlich in Anspruch. Das LG gab der Klage statt. Das Handeln des Handwerkers sei dem Vermieter nach § 278 BGB zuzurechnen. Die Haftungsbeschränkung gem. Ziffer 16.1 b) sei unwirksam. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte gem. § 86 Abs. 1 VVG i.V.m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung von 8.646 € nebst Zinsen.
Grundsätzlich hat der Mieter darzulegen und zu beweisen, dass den Vermieter eine Pflichtverletzung trifft, die für den entstandenen Schaden ursächlich war. Der Vermieter hatte hier jedoch durch die in seinem Obhuts- und Gefahrenbereich liegenden Bauarbeiten den Wasserschaden am Mobiliar des Mieters verursacht. Daher musste er sich nicht nur hinsichtlich der subjektiven Seite, sondern auch hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit entlasten. Dies galt insbesondere, weil der Mieter keinen Einblick in die schadensursächlichen Vorgänge hatte. Dieser Entlastungsbeweis konnte hier nicht geführt werden. Zudem war zwar § 536a BGB nach BGH-Rechtsprechung grundsätzlich dispositiv und konnte auch durch Formularverträge abbedungen werden. Die Regelung in Ziffer 16.1 b) des Mietvertrags ging aber deutlich über eine Umkehr der Beweislast gegenüber der gesetzlichen Regelung in § 536a BGB hinaus und war unwirksam.
Auch Ziffer 12.4 a) des Mietvertrags änderte hieran nichts. Es war schon fraglich, ob die Klausel überhaupt anwendbar war, da sie von einem bestimmungswidrigen Sprinklerwasseraustritt ausging, obwohl vorliegend eine Wasserleitung für das Sprinklersystem durchschnitten worden war. Dies war jedoch unerheblich, weil die Klausel wegen Widersprüchlichkeit und Intransparenz gem. § 307 Abs. 1 BGB als unwirksam anzusehen war. Schließlich wurden hier dem Mieter gem. Ziffer 4.1. a) die "Prämien für [...] Feuer-, Sturm- und Hagel-, Leitungswasser-, [...] " auferlegt.
Der Mieter wurde somit einerseits verpflichtet, sich selbst gegen Feuer- und Leitungswasserschäden zu versichern, und sollte zudem die Prämien einer von der Vermieterin abgeschlossenen derartigen Versicherung tragen. Das Verhältnis der Regelungen, insbesondere welche Kosten in welchem Zusammenhang vom Mieter zu tragen sind, sind dabei offengeblieben. Daher waren die Regelungen sowohl widersprüchlich als auch intransparent. Wegen der doppelt zu tragenden Versicherungsprämien konnte auch von einer finanziellen Überforderung des Mieters ausgegangen werden.
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