06.09.2023

Hälftige Haftung bei Kollision mit verkehrswidrig wendendem Fahrzeug

Ein Fahrzeugführer darf sich nicht darauf verlassen, dass ein verkehrswidrig auf seiner Fahrbahn zum Zwecke des Wendens querstehendes Fahrzeug rechtzeitig weiterfährt, sondern muss eine Kollision ggf. durch vollständiges Anhalten seines Fahrzeugs verhindern. Fährt er dennoch in das wendende Fahrzeug hinein, obwohl er die Kollision durch vollständiges Abbremsen hätte verhindern können, so trifft ihn ein 50-prozentiges Mitverschulden an dem Unfall.

LG Hanau v. 13.6.2023 - 2 S 62/22
Der Sachverhalt:
Der Beklagte beabsichtigte, mit seinem Fahrzeug verkehrswidrig auf der Straße zu wenden. Zu diesem Zweck schlug er zum Wenden ein, musste jedoch auf seiner Fahrspur halten, da sich auf der Gegenfahrbahn noch Gegenverkehr befand. Der Kläger näherte sich dem Beklagtenfahrzeug auf derselben Fahrbahn. Nachdem er das vor ihm quer stehende Fahrzeug bemerkte, hupte er und verlangsamte seine Geschwindigkeit, fuhr jedoch sodann in das Beklagtenfahrzeug hinein.

Nachdem der Beklagte dem Kläger die Hälfte des ihm entstandenen Schadens ersetzt hatte, machte der Kläger nunmehr auch die übrigen Schadenskosten geltend, da er der Ansicht ist, dass der Verkehrsunfall ausschließlich von dem Beklagten aufgrund seines verkehrswidrigen Wendemanövers verursacht worden sei.

Das LG wies die Klage ab. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Kläger ist zu gleichen Teilen für den Verkehrsunfall mitverantwortlich.

Zwar ist dem Beklagten zunächst vorzuhalten, dass er verkehrswidrig auf der Straße gewendet und zudem quer auf der Fahrbahn zum Stehen gekommen ist. Demgegenüber ist dem Kläger ein im Ergebnis gleich hohes Fehlverhalten vorzuwerfen. Denn dieser hätte nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Beklagte sein Fahrzeug von der Fahrbahn entfernt, bevor er die Stelle passiert. Obwohl er tatsächlich rechtzeitig abbremsen konnte, verringerte er lediglich seine Geschwindigkeit und fuhr somit ohne zwingenden Grund in das Beklagtenfahrzeug hinein. Dies stellt einen Verstoß gegen das allgemeine verkehrsrechtliche Rücksichtnahmegebot dar.

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Kurzbeitrag:
Kfz-Recht
MDR 2023, R164
MDR0056509

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LG Hanau PM vom 4.9.2023
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