07.10.2025

Hannover statt Düsseldorf und mit sechs Stunden Verspätung - Flugunternehmen muss zahlen

Ein redlicher Fluggast muss nicht die Erwartung haben, dass eine Fluggesellschaft auf Fristsetzung die Selbstverständlichkeit eines Angebots einer Ersatzbeförderung nachholt. Da der vereinbarte Zielort bei einer Luftbeförderung den Kern des geschuldeten Leistungserfolges darstellt, stellt sich die alternativlose Abänderung des Zielortes jedenfalls gegenüber einem Verbraucher als Leistungsverweigerung dar. Ein Fluggast darf schon im Rahmen der Selbsthilfe den ihm von der Airline vertragswidrig aufgezwungenen Zeitverlust mit moderaten Kosten verringern.

AG Düsseldorf v. 7.7.2025 - 30 C 40/25
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte bei der Beklagten einen Flug von Antalya nach Düsseldorf mit Ankunft am 20.8.2024 um 18:20 Uhr gebucht. Am 8.8.2024 teilte die Beklagte mit, dass "der Flug nicht mit der ursprünglich geplanten Flugzeigt durchgeführt" werde könne, sondern mit einer anderen Fluggesellschaft nach Hannover mit Landung dort um 00:45 Uhr des Folgetages erfolgen werde. Der Kläger verauslagte für den Transfer nach Düsseldorf 81,98 € Bahnkosten und 35 € für den Taxitransfer vom Flughafen Düsseldorf.

Die Beklagte leistete auf anwaltliche Zahlungsaufforderung mit Frist zum 13.1.2025 keine Zahlung. Das AG gab der auf Zahlung von 116,98 € sowie Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 90,96 € gerichteten Klage weitestgehend statt.

Die Gründe:
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch aus §§ 637 Abs. 3, 637 Abs. 2, 323 BGB in tenorierter Höhe zu.

Ausweislich der Buchungsbestätigung war die Beklagte vertraglicher Luftbeförderer und damit passiv-legitimiert. Entgegen ihrer Auffassung war hier eine Fristsetzung entbehrlich. Die Absage des ursprünglichen Fluges mit der evident unzureichenden Ersatzbeförderung nach Hannover stellte sich als Erfüllungsverweigerung dar. Ein redlicher Fluggast an der Stelle des Klägers musste nicht die Erwartung haben, dass die Beklagte auf Fristsetzung die Selbstverständlichkeit eines Angebots einer Ersatzbeförderung nachholt. Vielmehr war es Sache der Beklagten im Anschluss an die Vertragspflichtverletzung in Form der Nichtdurchführung des gebuchten Fluges nach Düsseldorf eine adäquate Ersatzbeförderung anzubieten.

Da der vereinbarte Zielort bei einer Luftbeförderung den Kern des geschuldeten Leistungserfolges darstellt, stellt sich die alternativlose Abänderung des Zielortes jedenfalls gegenüber einem Verbraucher als Leistungsverweigerung dar. Dies galt hier umso mehr, als neben der einseitigen Änderung des Ankunftsortes auch noch die Ankunftszeit erheblich, nämlich um rund sechs Stunden nach hinten verlegt worden war. Bei der Beurteilung der Entbehrlichkeit der Fristsetzung im Rahmen von Luftbeförderungsverträgen erschien es auch angebracht, die Wertungen der FlugGRV heranzuziehen, um Wertungswidersprüche zu vermeiden, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen von sich aus Transfer anbieten und ohne Frist Aufwendungsersatz zahlen muss, das vertragliche Luftfahrtunternehmen sich hingegen auf eine unterlassene Fristsetzung berufen könnte.

Der Höhe nach waren auch die belegten Bahnkosten zu erstatten. Daneben bestand zudem ein Anspruch auf die verauslagten Taxikosten. Der Kläger hat nachvollziehbar und substanziiert vorgetragen, dass er aufgrund der späten Ankunft und des Bahntransfers versuchen musste keine weitere Zeit zu verlieren und dementsprechend statt des Flughafen-Shuttles ein Taxi genommen hatte. Es war letztlich nicht entscheidend, ob er, was ohne weiteres glaubhaft war, als Lehrkraft zum Unterricht erscheinen musste. Vielmehr durfte er schon im Rahmen der Selbsthilfe den ihm von der Beklagten vertragswidrig aufgezwungenen Zeitverlust mit moderaten Kosten von 35 € verringern.

Mehr zum Thema:

Aufsatz
Die Entwicklung des Reiserechts der Luftbeförderung einschließlich der EU‑Fluggastrechte-VO in den Jahren 2024/25
Charlotte Achilles-Pujol, MDR 2025, 1243
MDR0082789

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