Heiz- und Lüftungsverhalten: Was muss der Mieter wissen?
LG Landshut v. 8.1.2025, 15 S 339/23
Der Sachverhalt:
Die Mutter des Klägers ist seit 1991 Mieterin der im Jahre 1970 errichteten Wohnung der Beklagten. Im Jahr 2001 waren neue Fenster eingebaut worden. Bereits im Jahr 2010 kam es in der zu Schimmelbildung. Die wies die Mieterin zum damaligen Zeitpunkt darauf hin, dass die Luftfeuchtigkeit in der Wohnung zu reduzieren sei und dies durch "vermehrtes, richtiges Lüften" erreicht werden könne. Im Jahr 2019 trat erneut Schimmel im Bad und im Kinderzimmer der Wohnung auf. Die Miete wurde in der Folgezeit unter Vorbehalt bezahlt. Die Klagepartei war der Auffassung, der Schimmel, sei nicht durch falsches Lüftungsverhalten, sondern dadurch entstanden, dass seit dem Fenstertausch ein Mietmangel vorliege.
Das AG kam nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dem Ergebnis, dass der Schimmel im Kinderzimmer nicht auf fehlerhaftes Lüftungsverhalten zurückzuführen sei. Hinsichtlich der Schimmelbildung im Bad war es der Ansicht, dass dieser weit überwiegend auf ein falsches Nutzungsverhalten der Bewohner durch stehendes Duschen in der Badewanne verbunden mit einem nicht bis zur Decke reichenden Fliesenspiegel und der dadurch erfolgenden Durchnässung der verputzten Wand verursacht wurde und gab der Klage teilweise statt.
Die Beklagte wurde zur Beseitigung des Schimmels im Kinderzimmer sowie eines Teils des Schimmels im Badezimmer, Sicherstellung, dass weiterer Schimmel dort nicht entstehen kann, und Rückzahlung eines Teils der Miete verurteilt. Ferner sprach das AG aus, dass die Miete ab Juli 2021 um 15% gemindert sei. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG das Urteil der Vorinstanz abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Die Klagepartei hat gegenüber dem Vermieter keinen Anspruch auf Beseitigung des Schimmels im Kinderzimmer und in der Fensterlaibung des Badezimmers und ist nicht zur Mietminderung berechtigt, weil ein Mangel der Mietsache, den die Beklagte zu vertreten hätte, nicht vorliegt.
Die Pflicht des Vermieters zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands entfällt, soweit der Mieter den Mangel der Mietsache zu vertreten hat, also hierfür die Ursache gesetzt hat. Eine schuldhafte Schimmelverursachung durch den Mieter kommt etwa bei unzureichendem Heiz- und Lüftungsverhalten in Betracht, da der Mieter nur diese Parameter beeinflussen kann. Der Mieter muss allerdings grundsätzlich nicht wissen, in welchem Maß er heizen und lüften muss, um Schimmelbildung zu vermeiden. Das Verständnis von den komplexen Zusammenhängen von Schimmelentstehung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Gebäudezustand und Nutzungsverhalten kann von einem Mieter nicht verlangt werden. Sofern der Vermieter kein an die konkrete Nutzung angepasstes Lüftungskonzept zur Verfügung stellt, schuldet der Mieter im Rahmen seiner Obhutspflicht nur das, was im Rahmen der Verkehrssitte allgemein üblich ist.
Den Inhalt der Verkehrssitte als Sozialnorm muss der Mieter kennen. Diese ist auch von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig. Danach ist es grundsätzlich üblich zweimal täglich für ca. 10 Minuten zu lüften und Feuchtespitzen gesondert abzuführen. Solche Feuchtespitzen sind zum Beispiel Duschen, Kochen, Wäschetrocknen und ähnliches. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme reicht im vorliegenden Fall, neben dem Abführen der Feuchtespitzen, ein zweimaliges Lüften aus. Die Beweisaufnahme hat zudem ergeben, dass im vorliegenden Fall nicht nur ein Stoßlüften möglich ist, sondern auch eine Querlüftung. Letzteres erreicht demnach eine 100fach höhere Luftwechselrate und würde daher die Lüftungsintervalle nochmals deutlich reduzieren. Es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass ein Lüften mit dem Öffnen sämtlicher in der Wohnung vorhandener und teilweise gegenüberliegender Fenster in kürzester Zeit erheblich mehr "frische" Luft in die Wohnung bringt, als ein Stoßlüften eines einzelnen Raumes.
Die Klagepartei war auch verpflichtet ihr Nutzungsverhalten zu ändern, da dieses als allgemein üblich anzusehen ist. Die Mieter können nicht verlangen, auch nach einem Fenstertausch nicht lüften zu müssen. Ob neben dem Schimmel Kältebrücken vorhanden sind und gegen welche DIN-Vorschrift aus welchem Jahr sie verstoßen, war hier unerheblich, da der Schimmel durch das nicht der Verkehrssitte entsprechende Mieterverhalten verursacht worden war. Ein Mangel ist nur dann zu beseitigen, wenn er dazu führt, dass sich die Mietsache nicht mehr in einem vertragsgerechten Zustand befinden würde. Da der Schimmel nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht auf bauliche Mängel zurückzuführen war, lag kein Mietmangel vor.
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Bayern.Recht
Die Mutter des Klägers ist seit 1991 Mieterin der im Jahre 1970 errichteten Wohnung der Beklagten. Im Jahr 2001 waren neue Fenster eingebaut worden. Bereits im Jahr 2010 kam es in der zu Schimmelbildung. Die wies die Mieterin zum damaligen Zeitpunkt darauf hin, dass die Luftfeuchtigkeit in der Wohnung zu reduzieren sei und dies durch "vermehrtes, richtiges Lüften" erreicht werden könne. Im Jahr 2019 trat erneut Schimmel im Bad und im Kinderzimmer der Wohnung auf. Die Miete wurde in der Folgezeit unter Vorbehalt bezahlt. Die Klagepartei war der Auffassung, der Schimmel, sei nicht durch falsches Lüftungsverhalten, sondern dadurch entstanden, dass seit dem Fenstertausch ein Mietmangel vorliege.
Das AG kam nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dem Ergebnis, dass der Schimmel im Kinderzimmer nicht auf fehlerhaftes Lüftungsverhalten zurückzuführen sei. Hinsichtlich der Schimmelbildung im Bad war es der Ansicht, dass dieser weit überwiegend auf ein falsches Nutzungsverhalten der Bewohner durch stehendes Duschen in der Badewanne verbunden mit einem nicht bis zur Decke reichenden Fliesenspiegel und der dadurch erfolgenden Durchnässung der verputzten Wand verursacht wurde und gab der Klage teilweise statt.
Die Beklagte wurde zur Beseitigung des Schimmels im Kinderzimmer sowie eines Teils des Schimmels im Badezimmer, Sicherstellung, dass weiterer Schimmel dort nicht entstehen kann, und Rückzahlung eines Teils der Miete verurteilt. Ferner sprach das AG aus, dass die Miete ab Juli 2021 um 15% gemindert sei. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG das Urteil der Vorinstanz abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Die Klagepartei hat gegenüber dem Vermieter keinen Anspruch auf Beseitigung des Schimmels im Kinderzimmer und in der Fensterlaibung des Badezimmers und ist nicht zur Mietminderung berechtigt, weil ein Mangel der Mietsache, den die Beklagte zu vertreten hätte, nicht vorliegt.
Die Pflicht des Vermieters zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands entfällt, soweit der Mieter den Mangel der Mietsache zu vertreten hat, also hierfür die Ursache gesetzt hat. Eine schuldhafte Schimmelverursachung durch den Mieter kommt etwa bei unzureichendem Heiz- und Lüftungsverhalten in Betracht, da der Mieter nur diese Parameter beeinflussen kann. Der Mieter muss allerdings grundsätzlich nicht wissen, in welchem Maß er heizen und lüften muss, um Schimmelbildung zu vermeiden. Das Verständnis von den komplexen Zusammenhängen von Schimmelentstehung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Gebäudezustand und Nutzungsverhalten kann von einem Mieter nicht verlangt werden. Sofern der Vermieter kein an die konkrete Nutzung angepasstes Lüftungskonzept zur Verfügung stellt, schuldet der Mieter im Rahmen seiner Obhutspflicht nur das, was im Rahmen der Verkehrssitte allgemein üblich ist.
Den Inhalt der Verkehrssitte als Sozialnorm muss der Mieter kennen. Diese ist auch von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig. Danach ist es grundsätzlich üblich zweimal täglich für ca. 10 Minuten zu lüften und Feuchtespitzen gesondert abzuführen. Solche Feuchtespitzen sind zum Beispiel Duschen, Kochen, Wäschetrocknen und ähnliches. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme reicht im vorliegenden Fall, neben dem Abführen der Feuchtespitzen, ein zweimaliges Lüften aus. Die Beweisaufnahme hat zudem ergeben, dass im vorliegenden Fall nicht nur ein Stoßlüften möglich ist, sondern auch eine Querlüftung. Letzteres erreicht demnach eine 100fach höhere Luftwechselrate und würde daher die Lüftungsintervalle nochmals deutlich reduzieren. Es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass ein Lüften mit dem Öffnen sämtlicher in der Wohnung vorhandener und teilweise gegenüberliegender Fenster in kürzester Zeit erheblich mehr "frische" Luft in die Wohnung bringt, als ein Stoßlüften eines einzelnen Raumes.
Die Klagepartei war auch verpflichtet ihr Nutzungsverhalten zu ändern, da dieses als allgemein üblich anzusehen ist. Die Mieter können nicht verlangen, auch nach einem Fenstertausch nicht lüften zu müssen. Ob neben dem Schimmel Kältebrücken vorhanden sind und gegen welche DIN-Vorschrift aus welchem Jahr sie verstoßen, war hier unerheblich, da der Schimmel durch das nicht der Verkehrssitte entsprechende Mieterverhalten verursacht worden war. Ein Mangel ist nur dann zu beseitigen, wenn er dazu führt, dass sich die Mietsache nicht mehr in einem vertragsgerechten Zustand befinden würde. Da der Schimmel nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht auf bauliche Mängel zurückzuführen war, lag kein Mietmangel vor.
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