26.07.2021

Immobilie verkauft - Wem steht die Mietsicherheit zu?

Beim Verkauf einer vermieteten Immobilie ist eine durch die Mieter per Überweisung an den früheren Vermieter gezahlte Kaution an den neuen Vermieter auszuzahlen. Der alte Vermieter darf im Verhältnis zum neuen Vermieter nicht die Auszahlung der Kaution verweigern, weil er Nebenkostennachzahlungen von den Mietern für die Zeit seiner Stellung als Vermieter erwartet. Etwas anderes gilt nur, wenn die Ansprüche rechtskräftig festgestellt oder unstreitig sind.

LG Köln v. 14.5.2021 - 14 O 99/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im September 2019 eine Immobilie des Beklagten erworben. Der Kaufpreis wurde vollständig gezahlt. Der Kläger wurde als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Hinsichtlich der Immobilie bestehen drei Mietverhältnisse, die auch schon zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses und der Eintragung des Klägers in das Grundbuch bestanden. Der notarielle Kaufvertrag sah u.a. folgende Regelung vor:

"Der Verkäufer garantiert: Der Vertragsbesitz ist ungekündigt vermietet; es bestehen weder Mietrückstände, Mietvorauszahlungen, Streitigkeiten (z.B. Minderungen; Einwendungen gegen Nebenkostenabrechnungen), Pfändungen, Verfügungen über künftige Mietzinsansprüche noch abzugeltende Investitionen des Mieters."

Das Erdgeschoss ist an Herrn G vermietet, der in den Räumlichkeiten einen Klavierladen betreibt. Herr G leistete an den Beklagten per Überweisung eine Kaution i.H.v. 3.150 €. Er war vom Beklagten am 24.12.2018 wegen der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2017 zum Ausgleich eines Fehlbetrages i.H.v. 1.021,63 € aufgefordert worden, zahlte hierauf jedoch nicht. Der Beklagte erklärte dann mit Schreiben vom 10.2.2019 die Aufrechnung. Für 2018 steht dem Beklagten gegen den Mieter noch ein unerfüllter Nachzahlungsanspruch i.H.v. 1.065,44 € zu.

Der Kläger war der Ansicht, dass ihm ein Anspruch auf Auszahlung der Mietsicherheiten aus dem notariellen Kaufvertrag sowie aus gesetzlichen Vorschriften zustehe. Der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, Abzüge von diesen Mietsicherheiten vorzunehmen. Dessen Aufrechnung mit Ansprüchen auf Nebenkostennachzahlung für das Jahr 2017 gegen den Mieter G sei nicht wirksam gewesen. Selbst wenn der Beklagte Teile der Kaution einbehalten dürfte, sei er insoweit dem Kläger gegenüber schadensersatzpflichtig, weil er als Verkäufer im notariellen Kaufvertrag garantiert hatte, dass keine Mietrückstände oder Streitigkeiten z.B. betreffend Minderungen oder Einwendungen gegen Nebenkostenabrechnungen bestehen.

Das LG gab der Klage weitestgehend statt.

Die Gründe:
Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 3.150  € aus § 566a BGB sowie aus dem Kaufvertrag aus September 2019. Er hat ferner einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen.

Nach dem Gesetzeswortlaut des § 566a Satz 1 BGB ist Voraussetzung für den Eintritt des Erwerbers in die Rechte und Pflichten aus der Mietsicherheit nur, dass der Mieter die Sicherheit bereits vor Eigentumsübergang geleistet hat. Daneben müssen aber auch die Voraussetzungen des § 566 BGB erfüllt sein, d. h., der Erwerber muss auch in das Mietverhältnis insgesamt eingetreten sein, insbesondere muss das Mietverhältnis bei Eigentumsübergang noch bestehen. Und so lag der Fall hier. Der Kläger war nämlich durch Erwerb der Immobilie und Besitzübergang zugleich gem. § 566 BGB in das Mietverhältnis mit dem Mieter G eingetreten. Dies war auch zwischen den Parteien durch Verweis auf den notariellen Kaufvertrags gewollt.

Wegen der Verknüpfung mit § 566 BGB ist jedoch die Kaution in dem Zustand und der Höhe herauszugeben bzw. auszuzahlen, in der sie zum Zeitpunkt des Eigentumswechsels bestand. Der Veräußerer muss nach § 566a BGB nur das an den Erwerber herausgeben, was er in seinem Vermögen hat bzw. - bei unberechtigter Verwertung der Kaution - haben müsste. Insoweit geht das Gericht davon aus, dass die Kaution noch in voller Höhe bestand und nicht durch eine Aufrechnung oder sonstigen Zugriff gemindert worden ist. Dabei ist zu beachten, dass der Vermieter eine Mietsicherheit wegen streitiger Forderungen gegen den Mieter während des laufenden Mietverhältnisses nicht verwerten darf.

Die Mietkaution dient nicht dazu, dem Vermieter eine Verwertungsmöglichkeit zum Zwecke schneller Befriedigung behaupteter Ansprüche gegen den Mieter während des laufenden Mietverhältnisses zu eröffnen. Gem. § 551 Abs. 3 S. 3 BGB hat der Vermieter die ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme getrennt von seinem Vermögen anzulegen. Mit der Pflicht zur treuhänderischen Sonderung der vom Mieter erbrachten Kaution wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses auch in der Insolvenz des Vermieters ungeschmälert auf die Sicherheitsleistung zurückgreifen kann, soweit dem Vermieter keine gesicherten Ansprüche zustehen. Diese Zielsetzung würde unterlaufen, wenn der Vermieter die Mietkaution bereits während des laufenden Mietverhältnisses auch wegen streitiger Forderungen in Anspruch nehmen könnte. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung im Mietvertrag ist gem. § 551 Abs. 4 BGB unwirksam.
Justiz NRW
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