Kaufvertrag: Was spricht für die Annahme einer aufschiebenden Bedingung?
OLG Stuttgart v. 6.5.2025, 6 U 43/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin handelt über ein Online-Portal mit Gabelstaplern. Bei der Beklagten handelt es sich um einen Zimmereibetrieb. Nach Vorgesprächen hatte die Klägerin der Beklagten am 24.3.2023 auf ihrer Website ein Angebot über den Kauf eines gebrauchten Gabelstaplers zu einem Preis von 24.900 € netto unterbreitet. Das Angebot enthielt den Hinweis "Finanzierung: Leasing". Der Geschäftsführer der Beklagten betätigte daraufhin die Schaltfläche "Angebot annehmen" und die danach erscheinende weitere Schaltfläche "Angebot verbindlich annehmen". Die Klägerin übersandte der Beklagten die Auftragsbestätigung vom 27.3.2023. Eine der Beklagten angebotene Leasingfinanzierung kam nicht zustande. Die Beklagte nahm das Fahrzeug nicht ab.
Nach erfolgloser Fristsetzung verlangte die Klägerin schließlich Schadensersatz wegen der Nichterfüllung des Kaufvertrages, den sie gestützt auf ihre AGB in pauschalierter Höhe von 30 % des vereinbarten Nettokaufpreises, also 7.470 € nebst außergerichtlichen Kosten geltend machte. Die Beklagte wandte ein, ein Kaufvertrag sei nicht zustande gekommen, da ihrem Geschäftsführer auf telefonische Nachfrage erklärt worden sei, dass durch Betätigung der Schaltflächen auf der Website der Kläger noch kein verbindlicher Vertrag zustande komme, sondern erst durch Rücksendung einer schriftlichen Erklärung. Sollte ein Vertrag geschlossen sein, habe dieser unter der Bedingung des Zustandekommens einer Finanzierung gestanden. Auf die Regelung zur pauschalierten Schadensberechnung könne sich die Klägerin nicht berufen, weil ihre AGB nicht wirksam seien. Zudem übersteige die Pauschale den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden deutlich.
Das LG hat die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz i:H.v. 1.245 € und zum Ausgleich vorgerichtlicher Kosten verurteilt. Das OLG hat das Urteil im Berufungsverfahren abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Selbst wenn zwischen den Parteien ein Vertrag zustande gekommen sein sollte, war dieser durch das Nichtzustandekommen einer Finanzierung auflösend bedingt (§ 158 Abs. 2 BGB). Diese auflösende Bedingung ist eingetreten, ohne dass der Beklagten vorgeworfen werden konnte, sie habe den Eintritt der Bedingung wider Treu und Glauben herbeigeführt (§ 162 Abs. 2 BGB).
Der Kaufvertrag stand unter der auflösenden Bedingung, dass kein Leasingvertrag oder alternativer Vertrag zur Finanzierung des Kaufpreises zustande kommt (§ 158 Abs. 2 BGB). Das Angebot der Klägerin vom 24.3.2023 enthielt den Hinweis, "Finanzierung: Leasing". Eine in die Vertragsurkunde aufgenommene Leasingklausel - wie hier - steht zwar der Annahme eines bindend abgeschlossenen Kaufvertrages nicht entgegen. Solche Klauseln legen aber den Willen der Vertragschließenden nahe, dass der Kaufvertrag in seinem Bestand durch das Nichtzustandekommen eines Leasingvertrages konkludent auflösend bedingt sein sollte, und sind entsprechend auszulegen. Für die Annahme einer aufschiebenden Bedingung kann es ausreichen, wenn eine Partei bei den Vertragsverhandlungen - sei es auch nur aufgrund schlüssigen Verhaltens - gegenüber der anderen Partei erklärt hat, sie halte eine Einigung über die Leasingfinanzierung für geboten, und die andere Partei dies erkannt, aber nicht beanstandet.
Gegenüber der vorrangigen Individualabrede konnte die Klausel in den AGB der Klägerin, wonach es das Risiko des Käufers sei, wenn es ihm nicht gelinge, eine Finanzierung zustande zu bringen, keine Geltung beanspruchen. Die auflösende Bedingung ist eingetreten, da weder ein Leasingvertrag noch ein anderer Finanzierungsvertrag zustande gekommen war, ohne dass der Beklagten vorgeworfen werden konnte, sie habe den Eintritt der Bedingung wider Treu und Glauben herbeigeführt. Nach ihrem nicht widerlegten Vortrag war die Beklagte wegen eines eingetretenen Liquiditätsverlusts nicht mehr in der Lage, die mit der Finanzierung verbundenen Belastungen zu tragen. Die Beklagte hatte sich deshalb nicht ohne rechtfertigenden Grund gegen die Finanzierung des streitgegenständlichen Gabelstaplers entschieden. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) war sie aufgrund des Kaufvertrages nicht gezwungen, ein wirtschaftlich nicht vertretbares Kreditgeschäft abzuschließen.
Mehr zum Thema:
Beratermodul Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht
Die perfekte Basisausstattung zum Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht finden Praktiker in diesem Beratermodul. Jetzt neu und zusätzlich mit der GVRZ - Zeitschrift für das gesamte Verfahrensrecht! 4 Wochen gratis nutzen!
Landesrechtsprechung Baden-Württemberg
Die Klägerin handelt über ein Online-Portal mit Gabelstaplern. Bei der Beklagten handelt es sich um einen Zimmereibetrieb. Nach Vorgesprächen hatte die Klägerin der Beklagten am 24.3.2023 auf ihrer Website ein Angebot über den Kauf eines gebrauchten Gabelstaplers zu einem Preis von 24.900 € netto unterbreitet. Das Angebot enthielt den Hinweis "Finanzierung: Leasing". Der Geschäftsführer der Beklagten betätigte daraufhin die Schaltfläche "Angebot annehmen" und die danach erscheinende weitere Schaltfläche "Angebot verbindlich annehmen". Die Klägerin übersandte der Beklagten die Auftragsbestätigung vom 27.3.2023. Eine der Beklagten angebotene Leasingfinanzierung kam nicht zustande. Die Beklagte nahm das Fahrzeug nicht ab.
Nach erfolgloser Fristsetzung verlangte die Klägerin schließlich Schadensersatz wegen der Nichterfüllung des Kaufvertrages, den sie gestützt auf ihre AGB in pauschalierter Höhe von 30 % des vereinbarten Nettokaufpreises, also 7.470 € nebst außergerichtlichen Kosten geltend machte. Die Beklagte wandte ein, ein Kaufvertrag sei nicht zustande gekommen, da ihrem Geschäftsführer auf telefonische Nachfrage erklärt worden sei, dass durch Betätigung der Schaltflächen auf der Website der Kläger noch kein verbindlicher Vertrag zustande komme, sondern erst durch Rücksendung einer schriftlichen Erklärung. Sollte ein Vertrag geschlossen sein, habe dieser unter der Bedingung des Zustandekommens einer Finanzierung gestanden. Auf die Regelung zur pauschalierten Schadensberechnung könne sich die Klägerin nicht berufen, weil ihre AGB nicht wirksam seien. Zudem übersteige die Pauschale den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden deutlich.
Das LG hat die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz i:H.v. 1.245 € und zum Ausgleich vorgerichtlicher Kosten verurteilt. Das OLG hat das Urteil im Berufungsverfahren abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Selbst wenn zwischen den Parteien ein Vertrag zustande gekommen sein sollte, war dieser durch das Nichtzustandekommen einer Finanzierung auflösend bedingt (§ 158 Abs. 2 BGB). Diese auflösende Bedingung ist eingetreten, ohne dass der Beklagten vorgeworfen werden konnte, sie habe den Eintritt der Bedingung wider Treu und Glauben herbeigeführt (§ 162 Abs. 2 BGB).
Der Kaufvertrag stand unter der auflösenden Bedingung, dass kein Leasingvertrag oder alternativer Vertrag zur Finanzierung des Kaufpreises zustande kommt (§ 158 Abs. 2 BGB). Das Angebot der Klägerin vom 24.3.2023 enthielt den Hinweis, "Finanzierung: Leasing". Eine in die Vertragsurkunde aufgenommene Leasingklausel - wie hier - steht zwar der Annahme eines bindend abgeschlossenen Kaufvertrages nicht entgegen. Solche Klauseln legen aber den Willen der Vertragschließenden nahe, dass der Kaufvertrag in seinem Bestand durch das Nichtzustandekommen eines Leasingvertrages konkludent auflösend bedingt sein sollte, und sind entsprechend auszulegen. Für die Annahme einer aufschiebenden Bedingung kann es ausreichen, wenn eine Partei bei den Vertragsverhandlungen - sei es auch nur aufgrund schlüssigen Verhaltens - gegenüber der anderen Partei erklärt hat, sie halte eine Einigung über die Leasingfinanzierung für geboten, und die andere Partei dies erkannt, aber nicht beanstandet.
Gegenüber der vorrangigen Individualabrede konnte die Klausel in den AGB der Klägerin, wonach es das Risiko des Käufers sei, wenn es ihm nicht gelinge, eine Finanzierung zustande zu bringen, keine Geltung beanspruchen. Die auflösende Bedingung ist eingetreten, da weder ein Leasingvertrag noch ein anderer Finanzierungsvertrag zustande gekommen war, ohne dass der Beklagten vorgeworfen werden konnte, sie habe den Eintritt der Bedingung wider Treu und Glauben herbeigeführt. Nach ihrem nicht widerlegten Vortrag war die Beklagte wegen eines eingetretenen Liquiditätsverlusts nicht mehr in der Lage, die mit der Finanzierung verbundenen Belastungen zu tragen. Die Beklagte hatte sich deshalb nicht ohne rechtfertigenden Grund gegen die Finanzierung des streitgegenständlichen Gabelstaplers entschieden. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) war sie aufgrund des Kaufvertrages nicht gezwungen, ein wirtschaftlich nicht vertretbares Kreditgeschäft abzuschließen.
Beratermodul Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht
Die perfekte Basisausstattung zum Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht finden Praktiker in diesem Beratermodul. Jetzt neu und zusätzlich mit der GVRZ - Zeitschrift für das gesamte Verfahrensrecht! 4 Wochen gratis nutzen!