04.02.2025

Kein Ausschluss der Auskunftsverpflichtung nach § 1379 Abs.1 BGB durch nachträglichen Ehevertrag

Eine Auskunftsverpflichtung besteht nur dann nicht, wenn die einzelne Position unzweifelhaft keinen Einfluss auf die Berechnung des Zugewinns haben kann. Um beurteilen zu können, ob Surrogate tatsächlich vom Zugewinn ausgenommen sind, muss der Auskunftsberechtigte aber in die Lage versetzt werden, zu beurteilen, ob es sich ganz oder ggf. nur teilweise um ein Surrogat handelt, ob also zur Anschaffung des Surrogats ausschließlich Mittel aus zugewinnausgleichsfreiem Vermögen verwendet wurden oder ggf. eine Vermengung von zugewinnausgleichsfreiem und zugewinnausgleichspflichtigem Vermögen erfolgt ist.

OLG München v. 30.1.2025, 16 UF 577/24 e
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten hatten 2003 geheiratet und leben seit dem 1.8.2020 getrennt, der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 28.8.2021 zugestellt. Mit notariellem Ehevertrag hatten sie am 27.4.2017 den gesetzlichen Güterstand dahingehend modifizierten, dass ein Zugewinnausgleich nicht stattfindet hinsichtlich der "jetzigen und künftigen" Gesellschaftsanteile des Ehemannes an einer GmbH sowie an einer UG. Die Herausnahme erstreckte sich dabei auch auf Surrogate für die vorgenannten Vermögensgegenstände. Weiter wurde geregelt, dass auf Verlangen eines Ehegatten ein Verzeichnis der vom Zugewinnausgleich ausgenommenen Vermögensgegenstände einschließlich aller darauf bezogenen Veränderungen aufzustellen und dieses fortlaufend fortzuführen ist.

Der Antragsteller hat am 28.2.2023 und 10.8.2023 Auskunft erteilt, wobei darauf hingewiesen wurde, dass sich diese ausschließlich auf auskunftspflichtiges Vermögen beschränkte. Er hatte seine Gesellschaftsanteile im Jahr 2019 veräußert und davon Darlehensverbindlichkeiten zurückgeführt sowie Surrogate angeschafft, nach seiner Mitteilung zwei Eigentumswohnungen sowie Geldanlagen - wobei diese Mitteilung nicht Gegenstand der Auskunft zum Endvermögen bzw. Vermögen zum Trennungszeitpunkt ist.

Die Antragsgegnerin war der Ansicht, die Auskunft sei nicht vollständig, da diese keine Auskunft über die Surrogate aus dem Verkauf der GmbH-Anteile enthielt. Der Antragsteller war der Auffassung, er sei zu einer Auskunft hinsichtlich der Surrogate nicht verpflichtet, da diese dem Ehevertrag widerspräche. Dass die Antragsgegnerin nicht beurteilen könne, was Surrogat sei, sei ihr selbst zuzuschreiben, da sie es versäumt habe, den im Ehevertrag enthaltenen Anspruch, vom Antragsteller eine Aufstellung und Fortführung eines Verzeichnisses zu verlangen, während intakter Ehe geltend zu machen. Das Versäumnis der Antragsgegnerin könne nicht zu Lasten des Antragstellers gehen.

Das AG hat die Auskunftsanträge der Antragsgegnerin zurückgewiesen. In einem Hinweisbeschluss hat das OLG auf einen Anspruch der Antragsgegnerin auf Auskunft dem Grundsatz nach aus § 1379 Abs.1 BGB verwiesen.

Die Gründe:
Der Anspruch der Antragsgegnerin auf Auskunft ergibt sich dem Grundsatz nach aus § 1379 Abs.1 BGB. Da ein Antrag auf Scheidung der Ehe vorliegt, können die Ehegatten vom jeweils anderen zum einen Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen, zum anderen Auskunft über das Vermögen, soweit es für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist. Es ist damit nicht nur der vorhandene Vermögensbestand mitzuteilen, sondern die Auskunftspflicht erstreckt sich auf alle Umstände, die für die Berechnung der Vermögensmassen relevant sind.

Vorliegend hatten die Ehegatten mit notariellem Ehevertrag vom 27.4.2017 die Zugewinngemeinschaft dahingehend modifiziert, dass ein Zugewinnausgleich nicht stattfindet für die jetzigen und künftigen Gesellschaftsanteile des Ehemannes an der GmbH und der UG. Die Herausnahme erstreckte sich nicht nur auf jegliches Betriebsvermögen, das zu den vorgenannten Gesellschaften gehört, alle Aktiva und Passiva der vorgenannten Unternehmen, die in der Handels- und Steuerbilanz erfasst sind und etwaige Sonderbetriebsvermögen. Die Herausnahme erstreckte sich darüber hinaus auch auf Surrogate für die vorgenannten Vermögensgegenstände, insbesondere auch im Fall der Veräußerung der Gesellschaftsanteile auf den Erlös und die Erträge hieraus.

Die Beteiligung des Antragstellers an der GmbH, die dem Grunde nach unzweifelhaft von der Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht umfasst wäre, besteht unstreitig nicht mehr. Nach gegenwärtiger Auffassung des Senats hat der Antragsteller jedoch durch die bisher erteilte Auskunft seine Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht erfüllt. Der Hinweis, die Auskunft enthalte ausschließlich auskunftspflichtiges Vermögen, Surrogate seien nicht auskunftspflichtig, genügte für eine vollständige Auskunftserteilung nicht. Auskunft hinsichtlich der Surrogate, der Finanzierung der beiden Eigentumswohnungen und der Kapitalrücklagen auf die GmbH ist vielmehr zu erteilen.

Eine Auskunftsverpflichtung besteht nur dann nicht, wenn die einzelne Position unzweifelhaft keinen Einfluss auf die Berechnung des Zugewinns haben kann. Um beurteilen zu können, ob Surrogate tatsächlich vom Zugewinn ausgenommen sind, muss der Auskunftsberechtigte aber in die Lage versetzt werden, zu beurteilen, ob es sich ganz oder ggf. nur teilweise um ein Surrogat handelt, ob also zur Anschaffung des Surrogats ausschließlich Mittel aus zugewinnausgleichsfreiem Vermögen verwendet wurden oder ggf. eine Vermengung von zugewinnausgleichsfreiem und zugewinnausgleichspflichtigem Vermögen erfolgt ist.

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