14.04.2023

Kein gutgläubiger Erwerb bei nächtlichem Kauf eines Lamborghinis auf dem Imbiss-Parkplatz

Wer einen Lamborghini nachts um 1 Uhr auf einem Imbiss-Parkplatz von Dritten erwirbt, ohne Kontakt zum Eigentümer zu haben oder zumindest eine Vollmacht vorgelegt zu bekommen, handelt grob fahrlässig, insbesondere wenn weitere auffällige Umstände hinzutreten. Ein gutgläubiger Erwerb des Fahrzeugs scheidet dann aus.

OLG Oldenburg v. 27.3.2023 - 9 U 52/22
Der Sachverhalt:
Der aus Spanien stammende Kläger vermietete seinen Lamborghini an eine Agentur, die den Wagen weitervermietete. Nach der Mietzeit war das Fahrzeug verschwunden, woraufhin es zur Fahndung ausgeschrieben wurde. Der Beklagte meldete sich auf eine Anzeige in dem Internetportal "mobile.de", wo das Fahrzeug angeboten wurde. Er kam in Kontakt mit zwei Brüdern, die vorgaben, das Auto für einen in Spanien lebenden Eigentümer verkaufen zu wollen. Man traf sich auf dem Parkplatz einer Spielothek in Wiesbaden, wo der Beklagte das Fahrzeug besichtigte, und verabredete die Übergabe wenige Tage später. Zuvor, so die Brüder, bräuchten sie das Fahrzeug noch für eine Hochzeitsfahrt.

Einige Tage später trafen sich der Beklagte und die Brüder auf dem Gelände einer Tankstelle. Die Brüder kamen mit mehreren Stunden Verspätung gegen 23 Uhr am verabredeten Treffpunkt an und gaben u.a. an, in eine Polizeikontrolle geraten zu sein. Dort habe es Verzögerungen gegeben, weil noch "eine Rechnung beim Amt" offen gewesen sei. Der Kaufvertrag wurde in dieser Nacht gegen 1 Uhr in einem Schnellrestaurant unterschrieben. Dem Beklagten wurde die Vorderseite einer Kopie des Personalausweises des angeblichen Eigentümers vorgelegt. Es ergaben sich auffällige Abweichungen der Schreibweise des Namens und der Adresse in dem Kaufvertrag und den Zulassungsbescheinigungen. Der Beklagte gab seinen alten Lamborghini für 60.000 € in Zahlung und zahlte an die Brüder weitere 70.000 € in bar. Er erhielt neben dem Auto die Zulassungsbescheinigungen sowie die Schlüssel. Als der Beklagte das Fahrzeug auf sich anmelden wollte, stellte sich heraus, dass dieses unterschlagen worden war. Der Kläger verlangte nun als Eigentümer die Herausgabe des Fahrzeugs.

Das LG wies die Klage ab. Der Beklagte habe gutgläubig Eigentum erworben (§ 932 BGB). Denn er habe nicht gewusst, dass der im Kaufvertrag benannte Veräußerer in Wahrheit nicht Eigentümer sei, und habe auch nicht grob fahrlässig gehandelt. Auf die Berufung des Klägers gab das OLG der Klage statt.

Die Gründe:
Der Beklagte hat grob fahrlässig gehandelt, so dass ein gutgläubiger Erwerb des Fahrzeugs vorliegend ausscheidet.

Trotz Vorlage von Original-Zulassungsbescheinigungen sind die Gesamtumstände so auffällig, dass der Beklagte hätte stutzig werden müssen. Der Beklagte hat allein mit den als Vermittler auftretenden Brüdern verhandelt, ohne in Kontakt mit dem von den Brüdern benannten angeblichen Eigentümer zu treten oder sich eine Vollmacht der Brüder vorlegen zu lassen. Ort und Zeit des Kaufvertrages, die Nutzung des Fahrzeuges durch die Vermittler für eine Hochzeitsfeier, die fraglose Inzahlungnahme des alten Lamborghinis, die unterschiedlichen Schreibweisen der Personalien des angeblichen Eigentümers - all dies hätte den Beklagten zu weiteren Nachforschungen veranlassen müssen. Besondere Vorsicht wäre auch deshalb geboten gewesen, weil es sich um ein Luxusfahrzeug handelte, das erst wenige Tage zuvor in Deutschland zugelassen worden war. Der Beklagte kann sich daher nicht auf einen gutgläubigen Erwerb berufen und muss das Fahrzeug an den spanischen Kläger herausgeben.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | BGB
§ 932 Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten
Bayer in Erman, BGB, 16./17. Aufl. 2020/2023

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OLG Oldenburg PM Nr. 19 vom 13.4.2023
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