Kein Sicherheitspolster eingeplant: Reiserücktrittsversicherung haftet bei verpasstem Flug wegen Stau nicht
OLG Frankfurt a.M. v. 9.9.2025 - 3 U 81/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin buchte eine Reise nach Hawaii. Der Abflug sollte vom Flughafen Hamburg aus um 6:45 Uhr erfolgen. Zugleich schloss die Klägerin bei der Beklagten eine Reiserücktrittsversicherung ab. Danach waren der Ersatz von Reise- und Unterkunftskosten, wenn es notwendig und unvermeidbar ist, dass der Versicherungsnehmer die Reise aus bestimmten Gründen stornieren und verschieben muss, bis zu einem Betrag von 6.500 € pro Person versichert.
Die Klägerin fuhr am Reisetag um 4.00 Uhr morgens in Kiel mit einem Mietwagen los. Infolge eines Unfalls kam es zur Vollsperrung einer von ihr zu nutzenden Teilstrecke, die über zwei Stunden dauerte. Die Klägerin erreichte erst um 6.30 Uhr den Flughafen und konnte den Flug nicht mehr antreten. Sie begehrt von der Beklagten Erstattung der ihr durch den verspäteten Reiseantritt entstandenen Mehrkosten i.H.v. rd. 9.000 €.
Das LG wies die Klage ab. Das OLG teilte der Klägerin in einem Hinweisbeschluss mit, dass es die eingelegte Berufung der Klägerin für unbegründet hielt. Daraufhin nahm die Klägerin ihre Berufung zurück.
Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der durch den verspäteten Reiseantritt verursachten Mehrkosten.
Die Verschiebung des Reiseantritts war nicht "unvermeidbar" im Sinne der Regelungen des Versicherungsvertrages. Unvermeidbar sind Umstände, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin hätte es durch Einplanung eines "entsprechenden Zeitpuffers" in Händen gehabt, rechtzeitig am Flughafen anzutreffen. Grundsätzlich muss jeder Passagier einen ausreichenden Zeitpuffer für die Sicherheits- und Passkontrollen am Flughafen einkalkulieren. Auf Verzögerungen u.a. bei den Kontrollen muss sich jeder Fluggast einstellen und Wartezeiten einkalkulieren. Entsprechend empfehlen Fluggesellschaften und Flughafenbetreiber, 2-3 Stunden vor dem Abflug am Flughafen zu erscheinen.
Soweit die Klägerin zwar eingeplant hatte, ca. zwei Stunden vor dem Abflug am Flughafen Hamburg zu sein, hat sie etwaige Verzögerungen etwa durch einen Unfall auf der Strecke nicht einkalkuliert. Ohne Erfolg beruft sie sich darauf, dass sie um die Uhrzeit und auf dieser Strecke mit einer Verzögerung nicht habe rechnen müssen. Gerade schwere Unfälle mit einem Stau der nachfolgenden Fahrzeuge sind jedoch ein generelles Risiko im Straßenverkehr. Es wäre der Klägerin mithin zumutbar gewesen, bei der Planung ihre Anreise ein angemessenes Sicherheitspolster für unvorhergesehene Verzögerungen aufzuschlagen. Dies gilt in besonderer Weise, da sie einen Mietwagen nutzte und diesen abgeben musste. Bei Beachtung eines minimalen Sicherheitspolsters von 15 Minuten hätte sie hier die Unfallstelle noch vor dem Unfall passieren und den Flug wahrnehmen können.
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Aufsatz
Die Entwicklung des Reiserechts der Luftbeförderung einschließlich der EU‑Fluggastrechte-VO in den Jahren 2024/25
Charlotte Achilles-Pujol, MDR 2025, 1243
MDR0082789
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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 51 vom 25.9.2025
Die Klägerin buchte eine Reise nach Hawaii. Der Abflug sollte vom Flughafen Hamburg aus um 6:45 Uhr erfolgen. Zugleich schloss die Klägerin bei der Beklagten eine Reiserücktrittsversicherung ab. Danach waren der Ersatz von Reise- und Unterkunftskosten, wenn es notwendig und unvermeidbar ist, dass der Versicherungsnehmer die Reise aus bestimmten Gründen stornieren und verschieben muss, bis zu einem Betrag von 6.500 € pro Person versichert.
Die Klägerin fuhr am Reisetag um 4.00 Uhr morgens in Kiel mit einem Mietwagen los. Infolge eines Unfalls kam es zur Vollsperrung einer von ihr zu nutzenden Teilstrecke, die über zwei Stunden dauerte. Die Klägerin erreichte erst um 6.30 Uhr den Flughafen und konnte den Flug nicht mehr antreten. Sie begehrt von der Beklagten Erstattung der ihr durch den verspäteten Reiseantritt entstandenen Mehrkosten i.H.v. rd. 9.000 €.
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Die Verschiebung des Reiseantritts war nicht "unvermeidbar" im Sinne der Regelungen des Versicherungsvertrages. Unvermeidbar sind Umstände, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin hätte es durch Einplanung eines "entsprechenden Zeitpuffers" in Händen gehabt, rechtzeitig am Flughafen anzutreffen. Grundsätzlich muss jeder Passagier einen ausreichenden Zeitpuffer für die Sicherheits- und Passkontrollen am Flughafen einkalkulieren. Auf Verzögerungen u.a. bei den Kontrollen muss sich jeder Fluggast einstellen und Wartezeiten einkalkulieren. Entsprechend empfehlen Fluggesellschaften und Flughafenbetreiber, 2-3 Stunden vor dem Abflug am Flughafen zu erscheinen.
Soweit die Klägerin zwar eingeplant hatte, ca. zwei Stunden vor dem Abflug am Flughafen Hamburg zu sein, hat sie etwaige Verzögerungen etwa durch einen Unfall auf der Strecke nicht einkalkuliert. Ohne Erfolg beruft sie sich darauf, dass sie um die Uhrzeit und auf dieser Strecke mit einer Verzögerung nicht habe rechnen müssen. Gerade schwere Unfälle mit einem Stau der nachfolgenden Fahrzeuge sind jedoch ein generelles Risiko im Straßenverkehr. Es wäre der Klägerin mithin zumutbar gewesen, bei der Planung ihre Anreise ein angemessenes Sicherheitspolster für unvorhergesehene Verzögerungen aufzuschlagen. Dies gilt in besonderer Weise, da sie einen Mietwagen nutzte und diesen abgeben musste. Bei Beachtung eines minimalen Sicherheitspolsters von 15 Minuten hätte sie hier die Unfallstelle noch vor dem Unfall passieren und den Flug wahrnehmen können.
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