09.10.2018

Kein Unterhaltsvorschuss bei Verstoß gegen Mitwirkungspflicht an der Bestimmung des Kindesvaters

Ein Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz scheidet aus, wenn die Kindesmutter nicht das ihr Mögliche und Zumutbare unternimmt, um die Person des Kindesvaters bestimmen zu können. Sofern die Kindesmutter im Fall von Geschlechtsverkehr mit einem Unbekannten keine Angaben zur Identifizierung des Kindesvaters machen kann, obliegt es Ihr, Nachforschungen zu dessen Person zeitnah nach Bekanntwerden der Schwangerschaft anzustellen.

OVG Rheinland-Pfalz 24.9.2018, 7 A 10300/18.OVG
Der Sachverhalt:

Das klagende Jobcenter gewährt zwei nicht ehelich geborenen Zwillingen Leistungen nach dem SGB II (sog. Hartz IV). Die Mutter der Zwillinge beantragte Unterhaltsvorschuss für die Zwillinge. Sie gab dabei an, der Vater sei unbekannt. Nach der Belehrung über ihre Mitwirkungspflichten erklärte sie, den potentiellen Vater habe sie an Karneval in einer Gaststätte in Koblenz kennengelernt, als sie alkoholisiert gewesen sei. Sie könne nur sagen, er sei Südländer. An einen Namen könne sie sich nicht erinnern. Zwei Wochen später habe sie die Schwangerschaft festgestellt.

Der beklagte Landkreis lehnte den Antrag auf Unterhaltsvorschuss mit der Begründung ab, dass die Mutter bei der Feststellung des anderen Elternteils unzureichend mitgewirkt habe. Das Jobcenter erhob Klage und wollte den beklagten Landkreis zur Bewilligung von Unterhaltsvorschuss für die Zwillinge verpflichten lassen. Das VG wies die Klage ab. Die dagegen eingelegte Berufung hatte vor dem OVG ebenso keinen Erfolg.

Die Gründe:

Ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, den der Kläger nach dem SGB II für die Zwillinge geltend machen kann, besteht nach dem Unterhaltsvorschussgesetzt u.a. dann nicht, wenn der Elternteil bei dem das an sich anspruchsberechtigte Kind lebe - hier die Kindesmutter - , sich weigere, bei der Feststellung der Vaterschaft des anderen Elternteils mitzuwirken.

Zu Mitwirkung gehören Angaben zur Bestimmung der Person des Kindesvaters, denn diese sind erforderlich, damit das Land Unterhaltsansprüche gegen den Kindesvater nach dem Unterhaltsvorschussgesetz auf sich überleiten und Erstattung des vorgeleisteten Unterhalts von ihm verlangen kann.

Die Kindesmutter muss im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten das ihr Mögliche und Zumutbare unternehmen. Im Streitfall ist die Mutter ihren Mitwirkungspflichten nur unzureichend nachgekommen. Ihre Angaben zum Kindesvater sind zu vage, um Anhaltspunkte für dessen Ermittlung zu liefern. Die Kindesmutter hat nicht unverzüglich die Nachforschungen zur Ermittlung des Kindesvaters angestellt, als sie von ihrer Schwangerschaft erfahren hatte. Nach Feststellung der Schwangerschaft hätte sie versuchen müssen, den Kindesvater in der Gaststätte in Koblenz, anzutreffen oder dort Informationen über ihn zu beschaffen. Die Erfolgsaussichten eines solchen Ermittlungsversuchs lassen sich nicht prognostizieren. Die Ermittlung sei ihr möglich und zumutbar gewesen. Zudem hätte sie die Ermittlung direkt nach der Kenntnis ihrer Schwangerschaft durchführen müssen, da die Erinnerungen der Beteiligten und möglicher Zeugen im Laufe der Zeit nachließen und sich dadurch die Erfolgsaussichten der Ermittlungen verringerten.

Der Umstand, dass die Mutter überzeugter Single ist, rechtfertigt es nicht, ihren Kindern trotz Verletzung der Mitwirkungspflicht Unterhaltsvorschuss zu zahlen, denn die Frage der Lebensweise ist von der Verpflichtung zu trennen, zugunsten der Kinder Nachforschungen nach deren Vater anzustellen.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten der Justiz Rheinland-Pfalz veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

OVG Rheinland-Pfalz PM Nr. 25/2018 vom 9.10.2018
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